Eisschmelze in der Arktis

20 Sep 2012

Die Eisfläche in der Arktis hat ein neues Rekordtief erreicht; das bisherige Minimum von 2007 ist diesen Sommer überschritten worden. Das hat vielfältige Auswirkungen auf das Klima. Auf den Anstieg des Meeresspiegels wirkt es sich hingegen nicht aus – im Gegensatz zur Schmelze in Grönland und dem Südpol.

Die Eisfläche am Nordpol schwankt naturgegeben mit den Jahreszeiten. Im Winter ist der mit Eis bedeckte Teil um rund zwei Drittel grösser als im Sommer, wenn ein erheblicher Teil des Eises dahinschmilzt; bis grosse Mengen an Wasser erneut gefrieren, wenn es im nächsten Winter wieder kälter wird. Die jahreszeitlichen Schwankungen sind allerdings nicht das Beunruhigende an der Sache. Was Klimaexperten und Polarforscher vielmehr alarmiert, ist der allgemeine, über jährliche Schwankungen hinausreichende Trend zur Abnahme der Eisfläche.

In diesem Sommer ist das Eis am Nordpol so stark geschrumpft wie noch nie seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1979. Bereits am 24. August dieses Jahres wurde zum Erstaunen vieler Wissenschaftler das bisherige Tief von 2007 mit rund 4,1 Million Quadratkilometer Eisfläche erreicht; seither ging die Schmelze offenbar weiter. Gemäss der japanischen Raumfahrtagentur JAXA betrug die Eisfläche der Arktis am vergangenen Freitag nur noch 3'541'719 Quadratkilometer. Demgemäss sind eine halbe Million Quadratkilometer Eis – das entspricht rund zwölf Mal der Fläche der Schweiz – in drei Wochen abgeschmolzen. Die genauen Zahlen variieren mit der angewandten Methode der Satellitenvermessung, jedoch besteht Einigkeit, dass ein absolutes Minimum erreicht wurde.

Ursache für die grosse Schmelze sind nicht nur die globale Erwärmung und die hohen Temperaturen der letzten Jahre, sondern auch die starken Stürme im vergangenen August, die Eisflächen auseinander gerissen und besser angreifbar gemacht haben. Auch unterliegt das Abschmelzen des Eises einem positiven Rückkopplungseffekt. Währendem Eis- und Schneeflächen das Sonnenlicht gut reflektieren, wird die auf dem Wasser eintreffende Sonnenstrahlung wesentlich besser absorbiert, was zu einer Erhöhung der Wasser- und Lufttemperatur und somit auch zu einem weiteren Abschmelzen des Eises führt.

Das Schwinden des Eises in der Arktis hat weitreichende meteorologische und klimatische Folgen. Im kommenden Winter wird durch die zusätzlichen Wasserflächen mehr Energie an die Atmosphäre abgegeben bzw. weniger Energie zurückgehalten. Durch die verstärkte Wärmefreisetzung aus dem Wasser kühlt sich die Atmosphäre im Winter weniger ab. Die Folgen davon sind geringere Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und gemässigteren Breiten sowie, damit einhergehend, eine Abschwächung der Polarwirbel. Das wiederum begünstigt einen stärkeren Austausch zwischen wärmeren Luftmassen aus mitteleuropäischen Breitengraden und kälteren aus der Nordpolarregion. Dies wird jedoch nicht automatisch zu einem kalten Winter 2012/13 führen, da hierzu zahlreiche weitere Faktoren entscheidend sind.

Nicht mit der arktischen Eisschmelze im Zusammenhang steht der seit Jahrzehnten beobachtete Anstieg des Meeresspiegels. Hierfür ist massgeblich das Schmelzen von Eisflächen in anderen Regionen, vor allem in Grönland und der Antarktis, verantwortlich. Im Gegensatz zum Nordpol, wo es kein Land unter dem Eis gibt, sondern das Eis auf dem Wasser schwimmt, steht das Eis in Grönland und auf dem Südpol auf Festland. Wie man im Experiment eines schmelzenden Eiswürfels im Glas leicht überprüfen kann, verdrängt schwimmendes Eis genau so viel Wasser, wie beim Schmelzen des Würfels wieder freigesetzt wird. Der Wasserstand eines Glases, indem sich ein schwimmender Eiswürfel auflöst, verändert sich nicht. Die Schmelze am Nordpol ist deshalb punkto Meeresspiegelerhöhung – und nur in dieser Hinsicht – wesentlich weniger dramatisch als im Falle von Grönland und dem Südpol, wo sich ebenfalls grosse Mengen an Eis jedes Jahr auflösen, das in dem Falle vom Festland ins Meer fliesst und deshalb den Meeresspiegel erhöht.

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