Was ist „geplante Obsoleszenz“?

Hegten Sie auch schon den Verdacht, dass Mobiltelefone, Mixer, Computer usw. immer schneller den Geist aufgeben? Recherchen der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) ergaben, dass auffällig viele elektronische Geräte kurz nach Garantieablauf kaputt gehen. Alles nur Zufall – oder raffinierte Strategie?

Das Phänomen der geplanten Obsoleszenz – der absichtlichen Einplanung der frühzeitigen Abnutzung eines Produkts – ist nicht neu. Mit dem Ziel, den Verkauf anzukurbeln, legte das internationale Phöbus-Kartell bereits 1924 die maximale Brenndauer von Glühbirnen auf 1‘000 Stunden fest. Das Kartell löste sich in den 30er Jahren auf. In neuerer Zeit ist wieder häufiger die Rede von frühzeitigem Produktetod. Wer musste nicht schon sein zweijähriges Handy entsorgen, bloss weil kein neuer Akku lieferbar ist, oder ein praktisch einwandfreies Gerät wegwerfen, weil sich eine kleinere Reparatur im Vergleich zu einer Neuanschaffung kaum lohnt? Konsumentenschützer und Experten gehen davon aus, dass beim Herstellungsprozess vieler elektronischen Geräte bewusst Schwachstellen eingebaut oder eine limitierte Lebenserwartung in Kauf genommen wird, um den Produktekauf anzukurbeln.

 Dabei unterscheiden sich zwei Formen: 

1) Bewusst geplanter oder in Kauf genommener Verschleiss: Unter diese Kategorie fallen beispielsweise Drucker und Kopierer, die nach einer bestimmten Anzahl Seiten plötzlich den Dienst verweigern. Die Existenz solcher „Zähler“ in Druckgeräten konnte bereits mehrfach nachgewiesen werden.

2) Geplante Veralterung: Darunter fallen Produkte, die nur eingeschränkt oder gar nicht repariert werden können, wie beispielsweise Handys mit eingeklebten Akkus. Oft hohe Preise für Ersatzteile und Reparatur verleiten Konsumenten zusätzlich zu einem Neukauf. Auch das Fehlen von  Software lässt Geräte wie Smartphones oder Computer schneller altern.

„Es ist immer üblicher, dass Geräte verklebt oder mit Einwegmechanismen zusammengesteckt werden, weil dies weniger Produktionsschritte beinhaltet. Reparaturfreundlich ist dies aber nicht.“
Peter Jacob, Experte Eidgenössische Materialprüfungsanstalt EMPA

Klingt dies nach Verschwörungstheorie? Die Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) verneint. Um zu beweisen, was viele schon lange vermuten, hat die SKS in ihrem Dossier „Defekte sind geplant“ im letzten Jahr über 400 Beschwerden von Konsument/innen gesammelt. „Ein Pin in der Ladebuchse ist abgebrochen, das Handy lässt sich nicht mehr laden. Sony hat mir mitgeteilt, ich hätte das Gerät falsch bedient. Eine Recherche im Internet hat ergeben, dass etliche andere Personen offenbar auch „unfähig“ waren, ihr Handy sachgemäss zu laden“, schreibt ein Konsument.

Dass die Hersteller keinen Handlungsbedarf sehen oder gar dem Konsementen die Schuld in die Schuhe schieben, ist keine Seltenheit. Die Anbieterseite argumentiert, dass Konsumenten billige Produkte wollen und der Markt schnelllebige Produkte erfordere. Fakt ist, dass Konsument/innen heute kaum die Möglichkeit haben, qualitativ hochwertige von qualitativ minderwertigen Produkten zu unterscheiden. Auch Preis und Marke sind keine verlässlichen Indikatoren. Dabei könnten viele Defekte einfach behoben werden, wenn beispielsweise ein Softwareupdate zur Verfügung stünde oder besser geeignete Materialien verwendet würden. Die Unterscheidung, ob diese Fehler bewusst geplant oder schlicht in Kauf genommen werden, ist oft unklar. Ungeachtet dessen, führen die Veralterungs- und Verschleisspraktiken zu einer Verschwendung von Ressourcen, zu einer unnötigen Belastung der Umwelt und zu erheblichen Mehrausgaben für die Käufer/innen.  

Deshalb fordert die SKS mehr Produktetransparenz. Bereits beim Kauf sollen Hinweise über die Reparierbarkeit aufklären. Ausserdem soll die Garantie von zwei auf fünf Jahre erhöht werden. Dies würde Hersteller zwingen, Produkte mit einer längeren Lebenserwartung und besseren Serviceleistungen herzustellen. Die SKS fordert zusätzlich eine Umkehr der Beweislast: Nicht der Konsument soll beweisen müssen, dass ein Produkt fehlerhaft ist, sondern der Hersteller muss beweisen können, dass ein Fehler durch falsche Anwendung des Konsumenten entstanden ist.  

Auch unabhängig von geplanter Obsoleszenz besteht ein Wegwerf-Trend. Hierbei sind wir alle als Konsumenten gefordert: Durch Reparatur oder zumindest Recycling einzelner Bestandteile können Unmengen an Ressourcen gespart werden. Zu diesem Zweck hat die SKS einen Miniratgeber zum Thema „Nachhaltig konsumieren – reparieren, teilen, tauschen“ herausgegeben. Dieser beinhaltet Tipps, wie man im Umgang mit Alltagsgegenständen seinen Teil zur Nachhaltigkeit beitragen kann.

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