Bio Convenience Food fürs gute Gewissen?

Das Fertigessen braucht nur noch in die Mikrowelle geschoben zu werden. Das Fertigessen braucht nur noch in die Mikrowelle geschoben zu werden.

Teils aus Zeitmangel, teils aus Bequemlichkeit: Immer weniger Menschen kochen selbst. Als Ersatz kommen Fertig- oder Halbfertigprodukte, sogenannter Convenience Food auf den Tisch. Viele dieser Produkte gibt es mittlerweile auch in Bio-Qualität. Konsumenten versprechen sich davon nicht nur Zeitersparnisse, sondern zugleich eine gesunde, risikofreie und nachhaltig produzierte Kost. Doch wieviel Bio steckt drin, im vorgewaschenen Salat, dem Mikrowellen-Risotto oder den Tiefkühlerbsli?

Bei Convenience Food handelt es sich um vorgefertigte Lebensmittel, bei denen Teile des  Vorbereitungsprozess bereits vom Hersteller vorgenommen wurden. Das erste Fertigprodukt kam 1886 für beschäftigte Industriearbeiter auf den Markt: Ein kochfertiges Suppenmehl, Vorgänger der bekannten Bouillonwürfel. Auch heute wird Fertigessen insbesondere von Berufstätigen geschätzt.

Bio steht für naturbelassene gesunde Lebensmittel, die möglichst umweltverträglich produziert werden. Die meisten Bio Convenience-Produkte sind zwar genauso hochverarbeitet wie ihre konventionellen Pendants und schneiden punkto Vitamingehalt schlechter ab als Frischprodukte. Doch immerhin werden die einzelnen Zutaten ökologisch erzeugt. Punkten kann Bio Convenience Food laut Bio Suisse auch bei den Inhaltsstoffen: Die konventionelle Lebensmittelproduktion erlaubt über 300 Zusatzstoffe, in der Bio-Lebensmittelproduktion sind hingegen nur 50 Zusatzstoffe zugelassen. Dadurch müssen zum Beispiel umstrittene künstliche Farbstoffe wie Chinolingelb durch natürliche Pflanzenfarbstoffe ersetzt werden.

Allerdings ist auch beim Bio Convenience Food nicht alles Gold, was glänzt: Viele Konsumenten wollen zum Beispiel bewusst auf den umstrittenen Geschmacksverstärker Glutamat verzichten. Biohersteller ersetzen diesen häufig durch Hefeextrakt, was natürlicher klingt und nicht als Zusatzstoff deklariert werden muss. Doch Hefeextrakt enthält in geringer Dosierung ebenfalls Glutamat und ist daher nur scheinbar eine Alternative. Auch das Verdickungsmittel Carrageen (E 407) und der Konservierungsstoff Natriumnitrit (E 250), der in Nitritpökelsalz vorkommt, sind – obwohl umstritten – in Bioprodukten zugelassen. Für den Verbraucher heisst das: Wie bei allen Fertigprodukten lohnt sich ein kritischer Blick aufs Kleingedruckte.

Punkto Ökobilanz sieht es für Bio Convenience-Produkte definitiv düster aus. In der Regel machen sie einen Umweg über mehrere Fabriken, wo sie gewaschen, geraffelt, erhitzt, gekocht, gekühlt und abgepackt werden. Nicht selten finden die einzelnen Verarbeitungsschritte in unterschiedlichen, oft weit auseinanderliegenden Regionen statt. Auch die einzelnen Zutaten stammen häufig aus unterschiedlichen Ländern. Die weiten Transporte erfordern einen hohen Energieaufwand, führen zu unnötigen CO2-Emissionen und machen zusätzliches schützendes Verpackungsmaterial erforderlich.

Einmal im Ladenregal angekommen, geht die Energieverschwendung weiter: Viele Produkte, wie vorgewaschene Salate,  müssen im Gegensatz zum Rohmaterial kühl gelagert werden. Hinzu kommen die umweltschädigenden Plastikverpackungen. Werden der Energieverbrauch für Produktion, Vorverarbeitung, Lagerung und Verpackung der Bio Convenience-Produkte zusammen gezählt, so wird ersichtlich, dass die Bilanz im Gegensatz zu unverarbeiteten Frischprodukten vernichtend ausfällt.

"Tiefgekühlte Pommes Frites verursachen rund 28-mal mehr CO2-Emissionen als frische, regionale Kartoffeln."
Öko-Forschungsinstitut Freiburg

Nicht zuletzt schwindet bei verarbeiteten Produkten der Bezug zum einzelnen Rohstoff. Umfragen im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft ergaben, dass generell rund 75% der Schweizer Konsumenten Wert auf einheimische Produkte legen. Doch sobald sich die Eier nicht im Eierkarton, sondern in Biskuits oder Ravioli verstecken, fragt kaum noch jemand, woher das Ei kommt und wie gut das Huhn lebte.  

Wer sich von Convenience Food ernährt, verschlechtert also seine Ökobilanz unnötig. Darum greifen umweltbewusste Konsumenten wann immer möglich zu frischer, saisonaler und regionaler Ware.

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