Most im Mass macht Spass

14 Okt 2014
Im Durchschnitt trinken wir zwölf Liter Apfelsaft pro Jahr. Im Durchschnitt trinken wir zwölf Liter Apfelsaft pro Jahr.

Seit August gibt es beim Bauern wieder frischen Süssmost. Er schmeckt im Herbst ungemein fruchtig und macht künstliche Süssgetränke vergessen. Der Saft aus Äpfeln wird in der Schweiz wieder beliebter, besonders die Apfelschorle hat dem Nationalgetränk neuen Aufschwung verliehen. Wie gesund, natürlich, ökologisch und regional ist Most aber tatsächlich? Eine Spurensuche.

Frisch ab Presse

Jetzt im Herbst, frisch ab Presse beim Bauern, schmeckt der Most besser denn je. Apfelsaft mundet Schweizern aber auch unter dem Jahr: Im Durchschnitt trinken wir rund zwölf Liter Apfelsaft pro Jahr. 2013 produzierten die gewerblichen Mostereien so viele Apfelsaftgetränke wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Josef Christen vom Schweizer Obstverband Swissfruit sieht zwei Gründe für den Aufschwung der letzten Jahre. Einerseits treffe die verdünnte Apfelschorle den Geschmack der Zeit, andererseits seien gesunde und natürliche Produkte im Aufwind. Most scheint also das perfekte Getränk zu sein: Natürlich, simpel, gesund und aus einheimischem Rohstoff gewonnen.

Ein Obstjahr!

Die Schweizer Mostobst-Bäume scheinen zu spüren, dass ihre Frucht beliebt ist. Diesen Herbst erwartet Swissfruit eine hervorragende Mostobsternte von über 100‘000 Tonnen Äpfeln und 13‘500 Tonnen Birnen. Damit würden die Erntemengen von letztem Jahr weit übertroffen. Aus jeweils 100 Kilogramm Äpfeln und Birnen werden durch das Pressen rund 80 Liter Obstsaft. Rund ein Drittel davon wird direkt als Saft ab Presse verkauft. Was nicht sofort abgefüllt und verkauft werden kann, wird zu Konzentrat verarbeitet. Etwa die Hälfte des Schweizer Apfelsafts wird im Verhältnis 7 zu 1 konzentriert. Das Konzentrat wird später mit Wasser rückverdünnt und oft mit Kohlensäure versetzt. In welcher Form Herr und Frau Schweizer Apfelsaft am liebsten trinken, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. „Aus Konkurrenzgründen können wir diese Frage nicht beantworten“, erklärt Jürg Emmenegger von der Marktführerin Ramseier Suisse AG. Aus etwa 20 Prozent des Mostobstes werden übrigens Apfelessig, Branntwein und andere Produkte hergestellt.

Most als gesund zu bezeichnen, ist übertrieben und entspricht nicht den Tatsachen.
Steffi Schlüchter, Ernährungsberaterin

Most ≠ Apfel

Most ist also in seiner reinen Form ein einfaches und natürliches Getränk, und dank dem Pasteurisieren kommt er auch ohne Zusatzstoffe aus. „Most als gesund zu bezeichnen, ist allerdings übertrieben und entspricht nicht den Tatsachen“, sagt Steffi Schlüchter von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE). Da die meisten Vitamine und Nährstoffe in und direkt unter der Haut liegen, gehen durch das Pressen wertvolle Inhaltsstoffe in den Pressrückständen verloren. „Most hat also nur noch wenig mit einem frischen Apfel gemeinsam“, konstatiert die Ernährungsberaterin. Die SGE empfiehlt deshalb, maximal eine Portion Obst durch zwei Deziliter reinen Fruchtsaft zu ersetzen. Ein Schweizer isst übrigens pro Jahr etwa die gleiche Menge Äpfel wie auch zur Produktion seines Mostbedarfs verwertet wird.

Stark verdünnen

Steffi Schlüchter empfiehlt zudem, den Apfelsaft stark verdünnt – stärker als herkömmliche Schorle – zu trinken. „Dann macht es auch keinen Unterschied, ob der Saft ursprünglich trüb, klar oder pressefrisch war.“ Der Trübe hat mehr Schwebstoffe, die für die Gesundheit vorteilhaft sein können. Ist Most zu trinken also nicht schlauer als Süssgetränke zu konsumieren? „Nein. Aufgrund seines hohen Zuckergehaltes liefert Most viel Energie, ohne zu sättigen.“ Wir nehmen also viele Kalorien über Getränke auf, essen aber deshalb nicht weniger und daraus resultiert ein Überschuss an Kalorien. „Ein hoher Konsum an Cola, Eistee, Energy Drinks, Sirups und Säften kann deshalb langfristig Übergewicht verursachen“, erklärt die Expertin. Für die Zähne seien sie überdies auch nicht gesund. Wenigstens gibt Marktführerin Ramseier Entwarnung bei gesundheitlichen Bedenken durch Pestizidrückstände: Sie verwendet nur Obst von kontrollierten Betrieben und lässt jedes Jahr in akkreditierten Labors die Obstkonzentrate auf mögliche Rückstände überprüfen. „Wir haben hohe Qualitätsanforderungen, welche laufend überprüft werden“, sagt Jürg Emmenegger von Ramseier.

Swiss made, made in China

Nach dieser gesundheitlichen Ernüchterung stellt sich die Frage: Ist Most wenigstens ökologisch empfehlenswert? Eine Nachfrage bei Ramseier führt zu Tage: Sie könnte den Schweizer Markt zu 100 Prozent mit Schweizer Obstsaft versorgen und damit weite Transportwege vermeiden. „Leider wird der Markt zu einem kleinen Teil von Mitbewerbern mit ausländischem Günstig-Obstsaft versorgt“, erklärt Jürg Emmenegger. Genaue Zahlen gebe es allerdings nicht. Laut Josef Christen von Swissfruit handelt es sich dabei aber oft um chinesischen Apfelsaft. Auf jeden Fall trinken wir Schweizer also zu einem Grossteil Most aus heimischer Produktion. Ramseier beispielsweise importiert weder Mostobst noch Saft und konzentriert sich vor allem auf den Heimmarkt. Es gilt: Wer Schweizer Most will, sollte die Discounter meiden.

Den Most regional beziehen

Mostobst wird einerseits in Obstanlagen und andererseits in Hochstamm-Obstgärten produziert. Diese sind im Gegensatz zu den heute weit verbreiteten Niederstammanlagen ein Gewinn für die Biodiversität. Sie bieten Tieren und Pflanzen wichtige Lebensräume. In der Schweiz stammten laut Josef Christen von Swissfruit letztes Jahr rund zwei Drittel des Mostobstes von Hochstammbäumen. Auf Most zu verzichten, ist also trotz gesundheitlichen Bedenken nicht nötig. Wir empfehlen, den Most von Hochstammbäumen vom Biobauern der näheren Umgebung zu beziehen – zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Empfehlenswerter als das Süssgetränk vom internationalen Grosskonzern ist er dann allemal - und Hochstammbäume tragen überdies zum Erhalt des Landschaftsbildes bei.

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