Zweifelhaftes Frühlingskleid

09 Mär 2016
Wildleder besticht durch lässige Eleganz. Doch der Schein trügt. Wildleder besticht durch lässige Eleganz. Doch der Schein trügt.

Letztes Jahr in Paris und Mailand, heute auf den Plakatkampagnen grosser Modehäuser. Der Ethno und Safari-Trend setzt sich auch 2016 fort und nimmt mit dem beginnenden Frühling wieder Schwung auf. Den Verbrauchern wird preiswert Velour und Wildleder angeboten, welche jedoch gesundheitlich und ökologisch nicht unbedenklich sind. 

Stimmen uns die Modeunternehmen jeweils im Herbst mit Jacken, Handschuhen und Mützen aus Leder in kräftigen, dunklen Farben auf die kalte Jahreszeit ein, sind es im Frühjahr meist leichtere Rauledervarianten. Obschon Leder in den letzten Jahren verstärkt an Popularität eingebüsst, nimmt der Produktionsanteil von Velour, Velvet, Rauleder oder Nubuk zu. Diese Arten werden umgangssprachlich als Wildleder bezeichnet, was genau genommen irreführend ist, da Wildleder nur von Wildtieren gewonnen werden kann. Aber gut - zur besseren Verständlichkeit wollen wir in diesem Text Wildleder als Begriff für das typische, raue Leder weiterverwenden.

Abgesehen von tierrechtlich bedenklichen Gesichtspunkten muss aus ökologischer Sicht die Produktionsmethodik kritisiert werden. Noch immer werden weltweit über 80 % aller Lederwaren chromgegerbt. Für die Hersteller hat das Verfahren einige Vorteile, so dauert eine solche Gerbung nur wenige Stunden und ergibt wesentlich reissfesteres Leder, welches zugleich leichter ist.

Chrom III oder Chrom VI?

Durch Chrom-III-Salze werden Eiweissfasern in der Tierhaut vernetzt, wodurch das Gewebe stabilisiert wird. Moderne Gerbereien binden bis zu 97% des verwendeten Chroms an die Lederfaser und können somit einen kleinen Beitrag zur Verringerung der Abwasserbelastung leisten. Wird das Leder sorgfältig verarbeitet, kann das stabil in das Leder eingearbeitete Chrom kaum in die Haut eindringen. Doch wird ein grosser Teil des Leders in Produktionsstätten in Entwicklungsländern gegerbt, die aufgrund von extremem Profitmaximierungsdruck und teils mangelhaften Schadstoffbestimmungen oftmals belastete Waren produzieren.

Chrom existiert auch in der chemischen Variante Chrom VI, welches weitaus giftiger als Chrom III ist und beispielsweise rascher in die Haut eindringt. Es kann Kontaktallergien auslösen und gilt als krebserregend. Unter bestimmten Bedingungen bildet sich das Chrom VI aus Chrom III, kann aber auch als Verunreinigung bereits in den verwendeten Gerbsalzen enthalten sein. Die Stiftung Warentest hat 2013 bei einer Untersuchung von Lederprodukten wie Arbeitshandschuhen aus dem Baumarkt oder bei Kinderschuhen festgestellt, dass jeder fünfte Kinderschuh und jeder dritte Arbeitshandschuh belastet waren. Laut der Stiftung ist das Risiko, allergisch zu reagieren, bei Menschen hoch, die bereits unter Hautekzemen oder Neurodermitis leiden.

Problematisch ist auch die umweltbelastende Anreicherung von Chrom III durch das Gerben. Oft sind die Böden rund um Gerbereistandorte hoch belastet. Ausserdem gelangt der Stoff durch die Abwasser aus der Produktion sowie später bei der Entsorgung von Lederabfällen in die Umwelt, womit wir bei der bekannten PCB Thematik angelangt wären (siehe empfohlene Artikel). In den Produktionsländern leiden Arbeiter häufig an Bronchitis, Asthma, Allergien oder auch Lungenkrebs, da sie Chrom häufig als Staub einatmen.

Beim Kauf von Produkten sollte man auf entsprechende Zertifikate achten, die auf eine mögliche Pflanzengerbung hinweisen oder auf eine mineralische. Weiter taucht verstärkt die Bezeichnung FOC (free of chrome) auf, jedoch meist bei Anbietern von Innenausstattungen und Polsterüberzügen. Bei Unklarheiten sollte man sich vor dem Kauf beim Verkaufspersonal nach weiteren Informationen erkundigen. 

Weitere Informationen:
Öko-fair
Lederinfo

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