Wohl wird sich der Kreis der Unerschrockenen etwas vergrössert haben, wenn im Herbst 2016 die zweite internationale Kulturfleisch-Konferenz in Maastricht abgehalten wird. Doch dürfte es sich noch um eine kleine Bewegung handeln, die nach Lösungen für den Fleischkonsum der Zukunft forscht. Wie Richard Wrangham, Professor für Humanbiologie an der Harvard University, zu Beginn des Videobeitrags des culturedbeef.net erläutert, sei der Verzehr von Fleisch immerhin glückspendender Antriebsmotor der menschlichen Evolution gewesen. Der Fleischeslust unserer Vorfahren verdanken wir also unsere gut ausgebildeten Gehirne und Überlebensstrategien, die wir dank der hochwertigen Energiezufuhr durch Tiere über die Jahrtausende herausbilden konnten. Wäre doch zu schade, einer möglichen weiteren Entwicklungssteigerung mittels Fleischverzicht den Riegel zu schieben.
Unglücklicherweise stösst die Emissionsbelastung der industriellen Massentierhaltung längst an alle messbaren Grenzen und wurde indessen zum globalen, negativen Klimafaktor. Ganz zu schweigen von der ethischen und ökologischen Unhaltbarkeit tierischer Produkte aus Massentierhaltung. Und leider bietet die Lebensmittelwissenschaft bislang lediglich unattraktive Alternativen, weshalb die Gewebezüchtung von Fleisch seit einigen Jahren intensiv forciert wird. Das sogenannte In-vitro-Fleisch (Laborfleisch) soll im industriellen Massstab synthetisches Fleisch für den menschlichen Verzehr bereitstellen.
Dabei werden geeignete Zelltypen (Myoblasten) via Biopsie dem jeweiligen Tier entnommen, welche dann im Labor vermehrt werden. Die zugrundeliegende Biotechnologie wird beispielsweise auch zur Züchtung menschlicher Hautzellen zur Hauttransplantation bei Schwerverletzten verwendet. Noch besteht die Schwierigkeit darin, komplexe Strukturen zu imitieren. Ein Steak `wächst` an einem Gerüst. Die In-Vitro-Zellen müssten jedoch mechanischen Bewegungen ausgesetzt sein, um eine vergleichbare Fleischkonsistenz zu erhalten. Bislang werden dünne Membranen einfach übereinandergelegt, wodurch wenig strukturiertes Hackfleisch ersetzt werden kann.
Gegenüber einer pflanzlichen Ernährung weist die Energiebilanz von Laborfleisch noch immer Defizite auf. Im Vergleich zur konventionellen Tierhaltung schneidet die Bilanz jedoch wesentlich besser ab. Der Einsatz von Biotechnologie im Nahrungsmittelbereich ist hingegen noch immer sehr teuer, weshalb es noch einige Jahre dauern dürfte, bis konkurrenzfähige Produkte auf den Markt kommen.
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culturedbeef
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