“Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön. Denn da kann man fremde Länder und noch manches andre sehn.“ Was ein altes Volkslied besingt, scheinen sich auch immer mehr Touristen zu denken. Im vergangenen Jahr wurden gemäss Angaben der Cruise Lines International Association (CLIA) rund 23 Millionen Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen durch ihre Ferien befördert (davon waren ca. 150‘000 Schweizer). Das Angebot reicht von einer Rheinflussfahrt mit volkstümlicher musikalischer Unterhaltung über ein Fussballcamp für Kids (welches während einer Kanarenrundfahrt stattfindet) bis hin zu einer Rainbowkreuzfahrt, welche sich speziell an Homosexuelle richtet. Das Angebot ist breit, noch breiter sind aber die ökologischen Einwirkungen der grossen Feriendampfer.
Problematik der Kreuzfahrerei
Das grösste Problem ist wohl die Verbrennung von Schweröl, auch Marines Rückstandsöl genannt. Schweröl entsteht bei der Erdölverarbeitung und ist eigentlich ein giftiges Abfallprodukt. Es dient aber als günstiger Schiffstreibstoff. Bei dessen Verbrennung entstehen grosse Mengen an Schwefeloxid, Stickoxid, Russ, Feinstaub und Schwermetalle, welche meist ungefiltert in die Umwelt gelangen. Filteranalgen für Kreuzfahrtschiffe existieren zwar, werden aber aufgrund mangelnder Vorschriften kaum eingebaut.
“Es gibt konträr zur Autoindustrie oder Kraftwerken (noch) keine gesetzlichen Vorschriften für den Einbau solcher Umwelttechnik.“
Daniel Rieger, Referent Verkehrspolitik in der Bundesgeschäftsstelle des Naturschutzbunds Deutschland (NABU)
Die einzige Einschränkung in Bezug auf die Nutzung von Schweröl ist bei der Einfahrt in Häfen und ausgewiesene Umweltzonen (Emission Control Areas) – da müssen die Kreuzfahrtschiffe auf Dieselbetrieb umstellen oder Filteranlagen verwenden. In diesen Bereichen darf der Schwefelanteil im Treibstoff maximal noch 0.1 Prozent betragen. Aber selbst wenn die Kreuzfahrtschiffe in den Häfen liegen, produzieren sie Unmengen an Feinpartikeln, welche die Bewohner der Hafenstädte belasten. Die Belastung ist in einem Hafen mit Kreuzfahrtdampfern um ein x-faches höher als beispielsweise an einer vielbefahrenen Strasse.
Die Feriendampfer schneiden gemeinsam mit der Flugbranche in Bezug auf die CO2-Produktion am schlechtesten ab. AIDA Kreuzfahrten produzierte 2011 rund 460‘000 Tonnen CO2. Dies entspricht der durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Emission von knapp 72‘000 Schweizern. Hinzu kommen die CO2-Emissionen, die durch die Anreise zu den Häfen verursacht werden. Oftmals ist der Hinflug in eine Hafenstadt notwendig.
Eine weitere Problematik sind die entstehenden externen Kosten der angefahrenen Häfen. Sie profitieren zwar vom Tagestourismus der Riesenschiffe, tragen aber die Kosten der Luftverschmutzung, Erosionsschäden, entstanden durch erhöhten Wellengang, und den Unterhalt der Infrastruktur (wie dies Giuseppe Tattara in seinem Bericht über Venedig aufzeigt). Tattara zweifelt den wirklichen Nutzen des Kreuzfahrttourismus an.
Der Weg zum Ökoschiff
Auf Druck der Öffentlichkeit findet zumindest langsam ein Umdenken in einigen Reedereien statt. Ganz nach dem Motto ‘green sells‘ werden Nachhaltigkeitsberichte formuliert und Effizienz propagiert. Anstelle von Dieseltreibstoff werden in einigen Häfen die Schiffe bereits mit Erdgas versorgt. Dies verringert die CO2- und Stickoxid-Emissionen. Landstromanlagen, wie sie beispielsweise in Hamburg seit diesem Jahr betrieben werden, machen aber nur Sinn, wenn dabei sauberer Strom eingespeist werden kann. Einen Schritt weiter geht die norwegische Fähre MS Fjordlys, welche komplett elektrisch betrieben wird. Solche Vorstösse sind aber eher eine Seltenheit. Weiterer Optimierungsbedarf ist auch in Bezug auf die Abwasser- und Abfallproduktion möglich. Beispielsweise wird bei AIDA die Reduktion der Abfallmengen pro Person angestrebt. Bei TUI Cruises wird zumindest in einigen Schiffen auf PET-Flaschen in den Kabinen und auf zimmereigene Minibars verzichtet, um Strom und Kunststoff einzusparen.
Die Ansätze sind da, eine verbreitete Umsetzung leider noch nicht. In vielen Reedereien werden alte Schiffe nicht mit Filteranlagen versehen, sondern erst neue Schiffstypen optimiert. Auch werden neue Dampfer immer noch mit Schweröl betrieben: Ein Verbot dessen ist nicht in Sicht. Klimafreundliche Kreuzfahrten sind somit immer noch eine Rarität. Wer dennoch nicht auf eine Kreuzfahrt verzichten möchte, dem bietet das Ranking von NABU einen Überblick über die Umweltfreundlichkeit der einzelnen Schiffstypen (siehe Link unten). Zudem kann man das ausgestossene CO2 über Seiten wie myclimate oder atmosfair kompensiert werden.
Das Buch FAIRreisen (Frank Herrmann, Oekom Verlag) bietet weiterführende Informationen zum Thema Kreuzfahrt sowie weiteren Reiseverkehrsmitteln.
Weiterführende Informationen/Quellen:
Kassensturz-Beitrag, Stinkende Kreuzfahrtschiffe: Ferien auf Kosten der Umwelt
NABU, Kreuzfahrt-Ranking
Giuseppe Tattara, Quantifying Cruising
Frank Herrmann, FAIRreisen
atmosfair
myclimate
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