Ein schlechter Zug – Nachtzüge werden eingestellt

24 Okt 2016
Ausgeschlafen von Stadt zu Stadt; dies ist nur im Nachtzug möglich. Ausgeschlafen von Stadt zu Stadt; dies ist nur im Nachtzug möglich.

Während Fluggesellschaften und Caranbieter mit immer günstigeren Preisen werben, steigen die Zugpreise stetig. Wird es dadurch in Zukunft keine Nachtzüge mehr geben, und was bedeutet dies für unsere Umwelt?

Stinkende Schweissfüsse hängen über der Kante des obersten Etagenbettes, ein unregelmässiges Schnarchen kommt vom mittleren Stock und die Musik aus den Kopfhörern des Passagier des unteren Bettes ist so laut, dass man es bis ins Nachbarabteil hören kann. Solch ein abwechslungsreiches Szenario gibt es nur in einem Nachtzug zu erleben und zu beobachten. Doch die Epoche, in der sich Weltenbummler, Sparfüchse, Hippies, Studenten und Familien ein Schlafabteil teilen, könnte bald vorbei sein.

Die Deutsche Bahn zieht sich zurück

Bereits im Jahr 2000 hat sich die SBB aus der einst von der SBB, ÖBB und DB gegründeten Nachtzugkooperation ‚City Night Line‘ zurückgezogen. Die Deutsche Bahn hat damals einige Strecken der SBB übernommen. Ende 2016 wird die Deutsche Bahn nun alle Nachtverbindungen sowie Autozüge einstellen. In einer Stellungnahme durch den Deutschen Bundestag gibt die Deutsche Bahn an, dass es sich bei den Nachtzügen seit längerem um ein Verlustgeschäft handelt. Die Betriebskosten steigen stetig, während dem die Einnahmen stagnieren. Zudem müssten in den nächsten Jahren unbedingt Renovationen an den Nachtzügen vorgenommen werden. Diese lohnen sich angesichts der schwindenden Einkünfte jedoch nicht.

Ungleiche Behandlungen bei der Subventionierung und den Abgaben

Ganz im Gegenteil zur Bahn wird der Flugverkehr stark subventioniert. Das Kerosin kann komplett steuerfrei bezogen werden, während die Deutsche Bahn eine Energiestromsteuer bezahlt. Zudem gilt die Bahn als grösster Einzahler des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Das EEG soll den Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen und regelt die Übertragung ins Stromnetz. Erstaunlicherweise sind Strassen- und Luftverkehr von dieser Abgabe befreit. Auch für den Bahnkunden fallen höhere Kosten an. So bezahlt ein Passagier für ein Nachtzugticket Mehrwertsteuer, für ein Flugbillett jedoch nicht. Dem wird dann noch eine Beherbergungssteuer zugeschlagen.

Zukunft für den Nachtzug dank der ÖBB

Trotz der negativen Wertungen der Deutschen Bahn zu den Nachtverbindungen sieht die Österreichische Bundesbahn eine Zukunft für den Zug. Ab Dezember 2016 werden sie einen Teil der Strecken der DB übernehmen. In der Schweiz werden die Nachtverbindungen ab Zürich nach Berlin, Hamburg, Wien, Graz, Budapest und Zagreb von der ÖB übernommen.

Chance für die Fluggesellschaften, jedoch nicht für die Umwelt

Nach Deutschland wird es in Zukunft nur noch eine Nachtverbindung geben. Der Zug wird von Zürich nach Berlin und weiter nach Hamburg fahren. Es kann erwartet werden, dass die Auslastung dementsprechend hoch sein wird. Wer sich einen Platz ergattern will, muss sich früh entschliessen und buchen. Darauf reagiert Swiss: Im Winterflugplan 2016 werden sie zusätzlich viermal nach Hamburg und zweimal nach Berlin fliegen. Wie die NZZ berichtet, ist diese Tendenz allgemein zu beobachten. 2017 werden 340 zusätzliche Flugzeuge in Europa betrieben werden. Diese Umstellung wird auf Kosten der Umwelt gehen. Gemäss dem Umweltrechner der SBB ist der CO2-Ausstoss des Flugzeuges im Gegensatz zum Zug für dieselbe Strecke ca. 4-5-mal so hoch. Wer also umweltbewusst reisen will, entscheidet sich in Zukunft trotzdem für den Zug und wird erst noch ausgeschlafen oder zumindest reich an neuen Geschichten am Zielort ankommen.

 

Weiterführende Informationen/Quellen
Umverkehr, „Rettet den Nachtzug“
Frankfurter Allgemeine
Fair Unterwegs

 

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