Sein Geld verschenkte Tobi Rosswog kurzerhand, nachdem er sich entschieden hatte, geldfrei zu leben. Zweieinhalb Jahre lang lebte er so. An der Nachhaltigkeitswoche berichtete er darüber, wie so was möglich ist.
Geldfrei leben: Wie geht das?
Es hilft, privilegiert in einem Land des Überflusses zu leben, sagt Tobi Rosswog. Essen, Mobilität und Wohnen ohne Geld auszugeben ist nicht schwierig in einer Konsumgesellschaft mit Überproduktion. Leer stehende Zimmer und Wohnungen, Abfalleimer voll mit noch gutem Essen und Millionen von Autos mit nur einer Person hinter dem Steuer sind Ressourcen, die jeder frei zur Verfügung hätte. Tobi Rosswog hat genau dies genutzt. Ernährt hat er sich von Foodwaste. Um von A nach B zu kommen, hat er sein Fahrrad genommen oder Autostopp gemacht und gewohnt hat er überall bei Menschen, die Freude hatten, ihn zu treffen. Ihm ist bewusst, dass dies nicht ein Leben ohne Geld ist. Denn diese Ressourcen sind nur da, weil andere eine Nachfrage gestellt und dafür bezahlt haben. Doch anstelle sie zu verschwenden, kann man sie auch nutzen, und so die freigewordene Zeit damit verbringen, was man wirklich tun möchte.
„Dieser Weg zu einem neuen Miteinander ist nicht nur sozial nachhaltig, sondern auch ökologisch, denn der nachhaltigste Konsum ist der Nicht-Konsum!“ - Jana Reichmann, Nachhaltigkeitswoche.ch
Eine geldfreie Welt: Utopie oder Möglichkeit?
Geldfrei bedeutet für Rosswog Freiheit: Er könne sein Leben so gestalten, wie er möchte und müsse nicht arbeiten, um Wohnung, Ferien und Luxusgüter zu bezahlen. Er habe Zeit dafür, die Dinge zu tun, die er liebt. Für ihn gäbe es keine Unterscheidung von Arbeitszeit und Freizeit. Geldfrei leben nehme auch die Angst weg, dass man beklaut werde: Wer ein leeres Portemonnaie hat, verliert nichts, wenn es gestohlen wird. Zuletzt ist es für ihn auch eine Utopie, dass die ganze Welt ohne Geld auskommt und miteinander lebt.
Seit einem Jahr lebt Rosswog nicht mehr radikal geldfrei, weil er nun (Alters wegen) nicht mehr über seine Familie krankenversichert sein kann und für diesen Betrag selber aufkommt.
Rosswog betonte auch, dass er weg von einer Tauschökonomie kommen möchte. Von klein auf werden wir auf das Prinzip der Leistung und Gegenleistung trainiert. Süssigkeiten gibt es nur, wenn das Mittagessen aufgegessen wurde, ein Trickfilm vor dem Schlafengehen nur dann, wenn die Kinder brav waren. In Rosswogs Utopie dagegen gibt jeder von dem was er hat gerade so viel, wie es geht – ohne etwas dafür zu verlangen. Wenn das alle tun würden, lebten wir ebenfalls im Überfluss.
„Die Utopie – sie steht am Horizont. Ich bewege mich zwei Schritte auf sie zu und sie entfernt sich um zwei Schritte. Ich nähere mich zehn weitere Schritte und sie entfernt sich wieder um zehn Schritte. Und wenn ich noch so weit gehe, ich werde sie nie erreichen. Wofür ist sie also da: die Utopie? Dafür ist sie da: um zu gehen!“ – Fernando Birri
Zuletzt erwähnte der Lebenskünstler noch, dass ihm klar sei, dass nicht alle von heute auf morgen geldfrei leben können und möchten. Doch darauf will er auch nicht hinaus. Er wirft Fragen auf und zeigt, dass alternative Lösungen möglich sind: Auch in der verschwenderischen Kapitalgesellschaft.
Kommentare (0) anzeigenausblenden