Umweltnetz-Schweiz: Was waren Ihre Beweggründe, einen Unverpackt-Laden in Luzern zu eröffnen?
Milan Nevický: Die Idee stammt vom eigenen Bedarf. Es hat mich ständig genervt, dass es überall so viele Verpackungen gibt, die man herumschleppen muss. Ich habe 2 Kinder und finde es mühsam, dass von Gemüse bis Teigwaren alles in Plastik verpackt ist. Viele Dinge gibt es gar nicht unverpackt in normalen Geschäften. Gewürze zum Beispiel. Und ich wollte etwas verändern in meinem Leben. Das waren die zwei Gründe, das Unternehmen zu starten.
Leben Sie selbst Zero Waste zuhause?
Ich bin im Prozess, sagen wir es so. Es braucht ein wenig Zeit; das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Ich versuche meinen Abfall immer weiter zu reduzieren. Beim ganz normalen Einkauf von Schokolade, Gemüse oder Kosmetik kann man viel Verpackung sparen. Doch versuche ich dies auch in anderen Bereichen meines Lebens anzuwenden. Auch beim Reisen oder im Hygienebereich zum Beispiel.
Über Kekse, Schokolade, Gewürze, Öle bis hin zum selbstgemachten Deo gibt es alles bei Unverpackt Luzern. Wie sieht das aus mit den Hygienevorschriften?
Man muss zuerst auf das Haltbarkeitsdatum achten. Die trockenen Sachen halten sehr lange und ich sehe kein Problem damit. Es ist eigentlich ganz normal, wie in anderen Läden. Ich habe vorher in der Gastronomie gearbeitet. Da herrschen ziemlich strikte Vorschriften. In der Küche und mit Esswaren sowieso. Von daher hab ich das schon mitgekriegt und wende es auch hier an.
Zudem ist alles in Behälter verschlossen oder zugedeckt, sodass die Kunden das nicht einfach so anfassen können. Ausser das Gemüse, aber das gibt’s ja im normalen Laden auch so.
In einem Zero Waste Blog habe ich gelesen, dass der Konsument den Verpackungsabfall bis zu einer gewissen Grenze auf den Verkäufer abwälzt: Woher bekommen Sie Ihre Ware und wie wird diese verpackt?
Dazu habe ich im Internet auch eine Diskussion gelesen, wo behauptet wurde, dass die Läden einfach 1kg Säcke auspacken und in die Behälter abfüllen und dann verkaufen, aber das stimmt nicht. Das kommt in Grossverpackungen oder Grossgebinden. Die Trockensachen zum Beispiel sind 20-25 Kilo und in Papier verpackt, das man dann recyceln kann. Damit sparen wir 20 oder 50 Plastikverpackungen pro Grossverpackung (je nach Grösse). Das tun wir der Umwelt zuliebe.
Die Schokolade bekomme ich von einem Chocolatier aus Luzern. Eine Dame produziert das Knuspermüsli. Sie stellt für mich auch eins mit Schokolade her. Das kommt ohne Verpackung in Kisten, die ich zurück bringen kann. Genauso ist es mit den Deos und der Zahnpasta in Pulverform: Da kann ich auch die Verpackungen zum Hersteller zurück schicken. Alles ohne Transportverpackung.
Ihre Produkte sind meist mit einem Bio- oder Demeter-Siegel ausgezeichnet: Wieso haben Sie sich dafür entschieden?
Wenn wir schon umweltbewusst leben, dann soll auch die Qualität stimmen. Bioqualität ist natürlich etwas anders als konventionelle Produkte. Wenn man schon bei der Verpackung auf die Umwelt achtet, kann man dies auch bei der Herstellung tun. Das passt alles zusammen.
Die mitgebrachten Behälter werden gewogen, mit einem Sticker versehen, befüllt und nochmals gewogen. Gibt es ein System, bei welchem keine Etiketten benötigt werden?
Den ersten Sticker mit der Tara-Funktion können die Leute auf den Behälter kleben und immer wieder verwenden. Er wird mehrmals benutzt, bis er kaputt geht. Theoretisch geht das auch ohne, aber ich habe dieses System so eingestellt, damit sich die Leute auch selber bedienen können. Wenn mehrere Leute auf einmal kommen, kann ich nicht für alle gleichzeitig da sein, weil ich alleine im Laden bin.
Was bieten Sie Kunden an, die keine eigenen Behälter mitbringen?
Ich habe Stoffsäckli (zeigt auf das Regal) und Gläser in verschiedene Grössen, und Flaschen für Öl und Essig. Die Kunden können diese kaufen und zum nächsten Einkauf wieder mitbringen. Die sind nicht so teuer.
Welche Kundenreaktionen haben Sie bisher gekriegt?
Die meisten Reaktionen sind sehr positiv. Die Leute bringen auch Tipps, was ich noch verbessern kann; hier noch etwas anpassen, da etwas anderes machen. Diese Tipps möchte ich auch umsetzen.
Viele Leute sind wie ich genervt von den Verpackungen. Das ist sehr positiv. Die Kunden finden es eine Superidee und freuen sich, die Möglichkeit zu haben, hochwertige Produkte in guter Qualität und sogar ohne Verpackung einzukaufen.
Sind es vorwiegend Kunden, die Zero Waste leben möchten und auf die Eröffnung des Ladens gewartet haben oder Leute, die einfach reinspazieren?
Viele Leute haben darauf gewartet, dass dieser Laden aufmachte. Es kommen aber auch viele Passanten oder solche, die auf Facebook von Unverpackt Luzern gelesen haben und neugierig sind. Sie wollen sehen, wie das Prinzip funktioniert, wie das läuft und was für ein Sortiment es gibt.
Warum ist Ihrer Meinung nach Zero Waste im Trend?
Der Trend war in Deutschland vorher schon stark. Vielleicht ist diese Welle aus Deutschland gekommen. Die Leute leben auch umweltbewusster und umweltfreundlicher. Wahrscheinlich ist es auch gutes Timing… Schwer zu sagen.
Auch Quai4 hat kürzlich sein Unverpackt-Sortiment ausgebaut: Sehen Sie dies als Konkurrenz?
Nein, sie haben ein etwas anderes Konzept. Quai4 arbeitet mit behinderten Menschen. Ich sehe sie nicht als Konkurrenz. Sie sind ziemlich weit weg, auf der anderen Seite der Stadt. Ich wünsch ihnen auch viel Erfolg.
Herzlichen Dank für das tolle Interview!
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