Wer mag keine gemütlichen Grillabende mit Familie und Freunden? Den Holzkohlegrill darf man ohne schlechtes Gewissen verwenden, glaubt man - die Kohle ist ja zertifiziert. Doch die Realität sieht anders aus – Herstellung und Handel erfolgten oftmals auf illegalem Weg. Welches Ausmass der Betrug im Holzkohlehandel annimmt, zeigt eine Reportage des ersten deutschen Fernsehens (ARD) in Zusammenarbeit mit dem deutschen WWF.
Zertifiziert und doch nicht legal
Wenn ein Holzkohlesack z.B. vom Label FSC (Forest Stewardship Council) zertifiziert ist, sollte Folgendes gelten:
- „Die ökologischen Funktionen eines Waldes müssen erhalten bleiben.
- Die vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten werden geschützt.
- Die Rechte der Ureinwohner und Arbeitnehmer sind gesichert.“
Wird das Holz aber illegal eingeschlagen, sind diese Punkte nicht gewährleistet; Wald, Mensch und Tiere werden ausgebeutet. In einer kürzlich durchgeführten Marktstudie im Auftrag von „Das Erste“ und des WWF wurde in 40% der kontrollierten Kohle undeklariertes Tropenholz gefunden. NGO’s wie der FSC versuchen zwar, die Holzkohle von den Lieferanten bis zum Fällungsort des Baumes nachzuverfolgen – dies ist aber nicht leicht, denn Firmen geben oft falsche Deklarationen an und mischen legales mit illegalem Holz. Ausserdem fehlen dem FSC häufig die Zeit und die finanziellen Mittel, genauer nachzuhaken, und nicht selten geraten Journalisten bei Ermittlungen vor Ort in Konflikte mit Einheimischen.
Organisierte Kriminalität
Die Organisationen haben auch kaum Chancen, den Überblick zu wahren, weil die Korruption die Herkunftsländer des Holzes im Griff hat. Schwierig ist die Lage z.B. in Nigeria. Oft sind sowohl die Regierung als auch die Polizei in kriminelle Machenschaften verstrickt; Terrorgruppen kontrollieren die Handelswege und erheben Zölle auf die Kohle, um dadurch ihre Konflikte zu finanzieren. Der lokalen Bevölkerung bleibt wenig Geld - dennoch ist sie abhängig von den Einnahmen aus dem Kohle-Geschäft.
Lösungen müssen her
Klar ist, dass es mehr Transparenz braucht. Die britische Organisation „The Forest Trust“ (TFT) etwa setzt sich für die exakte Nachverfolgbarkeit des Holzes ein. Der Unterschied zum FSC ist, dass bei der TFT ein einzelner Prüfer den gesamten Weg eines Holzkohlesacks nachverfolgt – vom Wald über den Produzenten bis zu den Händlern und Lieferanten. Eine Zusammenarbeit mit der FSC oder der PEFC (Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung) wäre sicher förderlich. Ausserdem würde man die Holzkohleimporte besser kontrollieren können, wenn diese in die europäische Holzhandelsverordnung (EUTR) aufgenommen würden. Diese schreibt vor, dass die Legalität aller in die EU importierten Hölzer bewiesen sein muss - was aber noch nicht für Holzkohle gilt. Schliesslich kann jeder Einzelne von uns etwas dazu beitragen, wenn er darauf achtet, im Sommer vertrauenswürdige Grillkohle einzukaufen - diese gibt es auch aus heimischer Produktion.
Quellen und weitere Informationen
ARD-Reportage „Das schmutzige Geschäft mit der Grillkohle“
Forest Stewardship Council (FSC)
Genaueres zur Holzhandelsregulierung
WWF Holzkohle Marktanalyse Deutschland 2017
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