Durchsage: Dies ist zwar eine pittoreske, aber keine sachgemässe Methode der Tiefkühlung Durchsage: Dies ist zwar eine pittoreske, aber keine sachgemässe Methode der Tiefkühlung

Ein guter Teil unserer Nahrung wurde industriell aufbereitet. Eine dieser Verarbeitungsmethoden prüfen wir heute auf ihre ökologische Verträglichkeit.

Dort im Gewächshaus reift eine Aubergine. Bald wird sie geerntet, auf einen LKW verladen, zuckelt dann durch Feld und Vorort hinein in eine Industrieanlage. Da wird sie gewaschen, gerüstet, zerteilt und zusammen mit Tomatensosse, Käse und allerlei anderem Gemüse auf einen vorgebackenen, runden Teig gehäuft. Weiter geht's in den Kühlraum: Hier ist es empfindlich kalt, und sie gefriert innert Minuten. Nachdem sie verpackt, erneut verladen und durch die Gegend kutschiert wurde, wird sie schliesslich in eine Tiefkühltruhe gepackt. Und da stehen wir nun und können uns nicht entscheiden, ob es heute Abend Tiefkühlpizza oder vielleicht doch die Lasagne geben soll...

Ja, gut erkannt, heute geht's um Tiefkühlkost. Die ist, vertrauen wir den Gourmets unter unseren Mitbürgerinnen, schlecht: Es mangelt ihr an Ingredienzien wie Liebe, Frische und Exklusivität. Und auch wir Ökos haben unsere Zweifel. Wenn wir hier zugreifen, wie unbarmherzig schlägt das auf unseren ökologischen Fussabdruck?

Wird's wärmer, wenn wir Kaltes kaufen?

Rekapitulieren wir: Gewächshaus, Transport, Verarbeitung, Kühlraum. Verpackung, nochmals Transport und Tiefkühltruhe. Und weiter: Transport ins eigene Zuhause, eventuell erneut Tiefkühltruhe bzw. Eisfach, Backofen. Da kommt eine Menge Energieaufwand zustande. Etwa 590 Gramm CO2-Äquivalente sind es per 100 Gramm einer Tiefkühlpizza mit Fleischbelag, etwa 300 Gramm CO2-e bei 100 Gramm tiefgekühlten Frischbackbrötchen oder ca. 135 Gramm CO2-e auf 100 Gramm Tiefkühlerbsen.

Die CO2-Äquivalente, CO2-e, erfassen alle klimarelevanten Emissionen der verschiedenen Treibhausgase wie Methan oder Lachgas in einer Umrechnung auf deren Entsprechung in Kohlendioxid.

Erstaunlich ist nun, dass die Gefrierprodukte damit mit anderen Darreichungsformen ziemlich genau auf Linie liegen. Das heisst: Die Tiefkühlpizza ist nicht wesentlich klimaschädlicher als die ungekühlte Fertigpizza (ø 570 CO2-e) oder die selbstgemachte (ø 575 CO2-e). Das tiefgekühlte Frischbackbrötchen schneidet gar besser ab als das nur gekühlte, und betreffs der verschiedenen Konservierungsmethoden von Erbsen zeigen sich die tiefgekühlten klimaschädlicher als jene in der Dose, hingegen ein markantes Stück klimafreundlicher als jene im Glas.

Wie kommt's? Im Wesentlichen rührt es wieder einmal daher, dass Transport und Verarbeitung in grosser Masse wesentlich effizienter geschieht als im Einzelnen. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Emissionen in der Verwertungskette bei uns, den Endverbraucherinnen, anfallen. In der Gesamtschau der Produktionsschritte übertrifft das erheblich die zwischen 10 und 20% Prozent CO2-e, die die eigentliche Verarbeitung beiträgt - wovon die Tiefkühlung wiederum nur ein geringer Teil ist.

Selbst der Transport - immer verdächtig - schlägt in dieser Gesamtschau weit weniger zu Buche als etwa die Emissionen im landwirtschaftlichen Anbau. Unter einem Zehntel Transportemissionen sind es bei Pizza oder Brötchen, etwa 20% bei den ansonsten vergleichsweise aufwandsarmen Erbsen.

Aber genug jetzt von den nackten Zahlen. Schon ein Weilchen länger hält sich der Verdacht, Tiefkühlprodukte seien gesundheitlich fragwürdig.

Scharfe kleine Eiskristalle

Alles (oder doch das allermeiste) was wir als Nahrung zu uns nehmen, wurde zuvor vom Leben zum Tode befördert. Mit der Beendigung des eigenständigen Stoffwechsels kommen die Destruenten zum Zug: All jene Mikroorganismen, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts tote organische Materie in anorganische zersetzen. Wollen wir uns die organischen Nährstoffe - Vitamine, Proteine, Kohlenhydrate usw. - der Lebensmittel über einen längeren Zeitraum bewahren, gilt es, die Destruenten in ihrem Tun drastisch zu verlangsamen. Diese Minderung der Alterung, die Konservierung, kann über verschiedene Wege erfolgen: Kochen, Austrocknen, Salzen, Zuckern, Sauerstoffentzug, Desinfektion oder Kühlung.

Von all diesen Methoden der Haltbarmachung zeigt sich die Tiefkühlung als eine der schonendsten. Wird das Lebensmittel im frischen Zustand sachgemäss eingefroren, bleiben die meisten Nährstoffe und Spurenelemente bis zum Auftauen erhalten. Die sachgemässe Handhabung bezieht sich hier hauptsächlich auf die Zeitdauer, die die Kühlung in Anspruch nimmt. Der Spinat, der uns nach dem Auftauen als matschige Masse begegnet, bedurfte zu langer Zeit, um durchzufrieren: Es bildeten sich grosse Eiskristalle, die seine Zellwände durchbohrten. Diese Zerstörung der Zellstruktur bietet dann auch den Destruenten eine grössere Angriffsfläche.

Es geht also darum, die scharfkantigen Übeltäter möglichst klein zu halten. Im Allgemeinen gilt: Je schneller das Wasser gefriert, desto kleiner die Eiskristalle. Um dies zu erreichen finden sich, je nach Lebensmittel, mehrere Möglichkeiten: In der Gefrierkammer wird kalte Luft um die einzufrierenden Produkte herumgeführt, im Gefriertunnel bewegen sie sich auf einem Transportband oder freischwebend durch die Kaltluft. Liegen sie zwischen zwei Platten, durch die ein Kältemittel fliesst, spricht man vom Kontaktgefrieren. Ebenfalls können sie mittels flüssiger Gase - Stickstoff oder Kohlendioxid - schockgefrostet werden. Eine jüngere Methode, die aber noch nicht im grösseren Stil industriell genutzt wird, macht sich die Abhängigkeit des Gefrierpunkts von den Druckverhältnissen zunutze: Das zu gefrierende Produkt wird der Kälte unter hohem Aussendruck zugeführt. Fällt der Hochdruck weg, gefriert das Wasser fast augenblicklich.

Gut ist noch nicht besser

Allen vorgestellten Tiefkühlmethoden ist gemein, dass sie die Nährstoffe der Lebensmittel fast vollständig bewahren und keiner zusätzlichen Konservierungsstoffe bedürfen. Tiefkühlkost ist also - vielleicht überraschend - weder ökologisch noch gesundheitlich kritikwürdiger als so vieles andere, was im Lebensmittelhandel ausliegt. Umgekehrt trifft all das, was an unserer Lebensmittelproduktion grundsätzlich problematisch sein mag, natürlich weiterhin auch auf sie zu. Wer sich, wo immer möglich, an regionalen und saisonalen Produkten orientiert und diese dann mit Vorteil mit dem Fahrrad oder zu Fuss transportiert - oder sie gleich selbst biologisch anbaut, kann sich hier noch Punkte gutschreiben. Ganz sicher aber gelingt das im Widerstand gegen eine Versuchung, der uns Tiefkühlkost im Aktionsverkauf aussetzt: Jener einer überzogenen Vorratshaltung, die dann Food Waste produziert.

 

Quellen und weitere Informationen:
Öko Institut e.V.: Studie zur Klimaverträglichkeit von Tiefkühlkost
gesundheit.de: Tiefkühlkost. Gesund oder ungesund?
Lebensmittellexikon: Methoden der Tiefkühlung

 

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