1972 zeigte erstmals die Studie des Club of Rome die Grenzen des Wachstums auf: Die anhaltende Steigerung der Weltbevölkerung, die Industrialisierung, die Nahrungsmittelproduktion sowie der Ressourcenverbrauch werden bald – oder haben heute bereits – ihre Wachstumsgrenzen erreicht. Oder anders gesagt: Wir nehmen mehr von unserer Erde als eigentlich vorhanden ist. Wir verbrauchen zu viele Rohstoffe, verschmutzen zu viel Wasser, essen zu viel Fleisch, fangen zu viele Fische, schlagen zu viel Holz und produzieren viel zu viele Treibhausgase. Dadurch nimmt der ökologische Fussabdruck der Menschheit unaufhaltsam zu. Binnen knapp dreissig Jahren sind wir von 1,05 Planeten auf rund 1,7 Planeten gestiegen. Es ist intuitiv verständlich, dass ein exponentielles Wirtschaftswachstum in einem System mit begrenzten Ressourcen ohne Koordination und Regulierung früher oder später zum Kollaps führen muss. Um den Auswirkungen des menschlichen Überkonsums entgegenzuwirken, wird in der Politik und der Wirtschaft gegenwärtig auf die Nachhaltigkeitsstrategie der technischen Effizienz gesetzt. Auch die Strategie der Konsistenz – der Kreislaufökonomie - wird zunehmend zum Trend. Allerdings werden diese beiden Strategien derart mit dem Begehren nach Wachstum und Beschleunigung verknüpft, dass selbst unsere effizientesten und konsistentesten Unternehmen und Technologien dazu beitragen, durch mehr Produktion und Absatz den ökologischen Fussabdruck der Menschheit in die Höhe zu treiben. Mit Effizienz und Konsistenz allein ist unserem Planeten daher nicht geholfen, solange technische Fortschritte dazu dienen, das Wirtschaftswachstum weiter zu beschleunigen. Die dritte Strategie ist gefragt: Die Suffizienz. Gegenüber dieser sind jedoch grosse Berührungsängste vorhanden. Anders als etwa bei der «Green Economy», welche eine Ausdehnung unseres Konsums verspricht, lassen sich mit Suffizienz kaum Punkte machen: Genügsamkeit, Selbstbegrenzung… Wie passt das denn in unsere Konsumgesellschaft?
Die Fakten und die ausbleibenden Reaktionen
Dem gegenüber steht die Tatsache, dass sich trotz effizienter Technologien und der Einführung von Kreislaufwirtschaften, sich der Verbrauch von Ressourcen kaum vermindert hat. Die beiden Strategien sind nicht hinreichend, um der ökologischen Verknappung entgegenzuwirken. Eine intelligente Selbstbegrenzung und ein ökologisches, soziales Bewusstsein sind notwendig. Dieser Begriff der bewussten Begrenzung des menschlichen Fussabdrucks bildet den Kern der Suffizienz. Wir leben in einer endlichen Welt und unsere Tätigkeiten sollten daher innerhalb eines endlichen ökologischen Budgets stattfinden.
Der Earth Overshoot Day – der Tag, an welchem wir die natürlichen Ressourcen aufgebracht haben, welche die Erde innerhalb eines Jahres wiederherstellen kann – tritt jedes Jahr früher ein. Prinzipiell sollte das Referenzdatum der 31. Dezember sein. Während es vor gut dreissig Jahren noch der 19. Dezember war, so war es in diesem Jahr bereits der 29. Juli.
Die drei Strategien der Nachhaltigkeit beinhalten die Effizienz, die Konsistenz und die Suffizienz. Um eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten, wäre ein Zusammenspiel aller drei von Nöten. Doch die Reduktion des Konsums ist ein unbeliebtes Mittel.
Weniger bedeutet nicht unglücklicher!
Eine Studie der Universität Bern kommt zum Schluss, dass ein suffizienter Lebensstil wesentlich zu einem guten Leben beitragen kann. Auch unter der Annahme, dass Menschen erst dann bereit sind, ihr Verhalten zu ändern, wenn sie sich davon gewisse Vorteile versprechen. So schafft ein genügsamer Lebensstil mehr Raum und Zeit, um das Leben nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Werden die materiellen Ansprüche heruntergeschraubt, muss weniger Zeit in die Erwerbsarbeit gesteckt werden. Zwar ist der Reichtum an Gütern dadurch geringer, dafür die Gewinne an Selbstbestimmung, Freiheit, sozialen Beziehungen und einem erlebnisreichen Leben umso grösser. Um die gesamte Menschheit zur Suffizienz zu bewegen, ist vor allem die Unterstützung seitens der Politik und der Wirtschaft gefragt. Ein Umdenken einer gesamten Gesellschaft beginnt jedoch beim einzelnen.
Quellen und weitere Informationen:
Verein Suffiziente Schweiz
Bund: Perspektive 2030: Suffizienz in der Praxis
Alternative Bank Schweiz: Genügend ist besser