Die Herstellung von Kleidern hat grosse Auswirkungen. Immer weniger zwar auf unseren Geldbeutel: Während unsere Gesellschaft noch vor 100 Jahren etwa die Hälfte des Geldes für Lebensmittel und Kleidung ausgaben, sind es heute weniger als ein Fünftel. Allerdings verursachen die Chemikalien, die zum Anbau, Färben, Waschen oder Behandeln der Textilien verwendet werden, die Verschmutzung von Gewässern. Ausserdem wird viel Wasser für die Herstellung von Kleidern benötigt, der Einsatz von Pestiziden ist allgegenwärtig und die Bekleidungsindustrie ist für etwa 3% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
Umweltbelastende Entsorgung
In der Schweiz landen täglich etwa 100 Tonnen Altkleider pro Tag in der Textilsammlung. Viele dieser Textilien können zwar wiederverwendet werden – entweder für die Zweitnutzung im Second-Hand Bereich oder im «Downcycling», wenn nicht mehr tragbare Kleider zu Putzlappen oder Dämmstoffen verarbeitet werden. Ein guter Teil der Textilien werden letztlich aber doch endgültig entsorgt – beispielsweise in Afrika. Eine Untersuchung von Clean Up Kenya und Wildlight for the Changing Markets Foundation (CMF) hat gezeigt, dass EU-Länder jährlich 37 Millionen getragener Bekleidungsartikel nach Kenia befördern. In vielen Fällen sind diese von so schlechter Qualität, dass sie nicht mehr getragen werden können, sondern verbrannt werden, was vor Ort zusätzliche Gesundheits- und Umweltprobleme verursacht. Statt die Kleider in die Ferne zu schicken, wäre es vorteilhaft, den Stoffkreislauf lokal zumindest teilweise schliessen zu können: Hier kommt die Rohstoffrückgewinnung ins Spiel.
Komplexe Recyclingprozesse
Während Glas, Alu und Papier mittlerweile vielerorts recycelt werden, hinkt der Anteil der wiederverwerteten Kleider mit nur etwa 1% stark hinterher. Das hat einen Grund. Das Recycling der Textilien wird erschwert durch die Tatsache, dass sie nicht nur verschiedene Faserarten, sondern auch Farb-, sowie Füll- und Zusatzstoffe enthalten. Dies verkompliziert die Umwandlung in wiederverwendbare Rohstoffe. Zurzeit existieren zwei verschiedene Recyclingtechnologien: mechanisch und chemisch. Beim mechanischen Recycling werden Fasern gerissen und neu versponnen oder Granulate von zerstörtem PET eingeschmolzen und zu neuen Fäden verarbeitet. Textilien hergestellt mit mechanischen Recyclingtechnologien sind meist qualitativ minderwertiger. Die Verarbeitung im chemischen Recycling erzielt in diesem Bereich zwar vielversprechendere Resultate, allerdings ist sie aufwendig. Die Grundbestandteile der Materialien (wie Farbstoffe in Zellulosefasern der Baumwolle oder Erdölbestandteile beim Polyester) werden durch chemische Prozesse herausgelöst. Nicht lösliche Stoffe werden dabei in Pulverform abgefiltert und entfernt. Die Endprodukte sind etwa PET und Zellulose, die als «Spinnmasse» anschliessend zu neuen Fasern weiterverarbeitet werden können.
Schweizer Innovation
Auch in der Schweiz wird das unerschlossene Potenzial im Bereich Textilrecycling vermehrt wahrgenommen.
Die Firma «Sulzer» entwickelt Technologien und Produkte im Dienste der Nachhaltigkeit. In Zusammenarbeit mit «Worn Again», einem Technologieunternehmen, und H&M, wurde ein neues Recyclingverfahren entwickelt, das die Kreislaufwirtschaft im Bekleidungssektor vorantreiben soll. Expertise, Technologien und Anlagen werden dabei von Sulzer zur Verfügung gestellt und in Kombination mit der Lösungsmitteltechnologie von Worn Again verwendet. Alttextilien lassen sich so in ihre Bestandteile zerlegen und ihre Natur- oder Kunststofffasern zurückgewinnen für die Produktion von neuen Kleidern.
Die auch international tätige Firma «Säntis Textiles» produziert 100% recycelte Baumwolle mithilfe einer selbst entwickelten Maschine, die Altkleider, Textilabfälle und Stoffproduktionsreste vollständig zu neuen Fasern weiterverarbeiten kann. Die recycelten Garne und Stoffe werden anschliessend weltweit von renommierten Kunden wie Tommy Hilfiger und Calvin Klein für ihre Kollektionen verwendet.
Recyclingtechnologien wie diese bieten interessante neue Möglichkeiten. Bis eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft im Textilbereich zustande kommen kann, gibt es aber noch einige Hürden, die überwunden werden müssen. Nur wenn die Verarbeitung ökologisch verträglich abläuft, ist es sinnvoll, Kleidung überhaupt zu recyceln. Zudem soll die Wiederverwendung von Textilien im Laufe der Zeit auch eine kostengünstige Option darstellen, sodass sie im Vergleich mit Neuwaren konkurrenzfähig wird.
Quellen und weitere Informationen:
Fashion Revolution: Die harten Fakten
Swiss Textiles: Textilrecycling - worum es wirklich geht
Säntis Textiles: Recycled Cotton
Sulzer
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