Die spinnen, die Seidenspinner! Empfehlung

Die Kokons von Seidenspinnerraupen bestehen aus wertvollen Seidenfasern Die Kokons von Seidenspinnerraupen bestehen aus wertvollen Seidenfasern

Seidenstoffe sind bekannt als besonders angenehme und luxuriöse Textilien. Die Herstellung hat allerdings auch ihre Schattenseiten.  

Die Qualität von Seidenstoffen ist bekannt: Ob Schlafanzug, Unterwäsche, Bettzeug oder Bluse – Seide liegt angenehm auf der Haut und ist daher ein beliebtes Luxusprodukt. Obwohl die Seidenproduktion weniger als 0.2% des globalen Textilienmarkts ausmacht, ist es doch eine milliardenschwere Industrie.

Die Raupe Nimmersatt

Die Seidenherstellung ist ein spannender und gleichzeitig aufwendiger Prozess, der die stolzen Preise von Naturseide etwas relativiert.
Die Fasern werden vom sogenannten Seiden- oder Maulbeerspinner (Bombyx mori), also einem Nachtfalter, gesponnen. Die Seidenraupen ernähren sich ausschliesslich von den Blättern des Maulbeerbaums. Bis zu ihrer Verwandlung zum Falter legen die Raupen mächtig an Gewicht zu – rund das Zehntausendfache ihrer ursprünglichen Masse! Klar, dass deshalb auch viel gefuttert werden muss. 2000 Raupen fressen bis zum Zeitpunkt ihrer Verpuppung (nach 35 Tagen etwa 50 kg Maulbeerblätter. Nach mehrmaligem Häuten spinnen sie eine rund 900 m lange Faser um sich herum, um einen schützenden Kokon zu bilden.
In heissem Wasser wird diese verwertbare Faser abgehaspelt, anschliessend zu einem Faden versponnen und für die Seidenproduktion verwoben. Die 2000 Raupen produzieren drei bis vier Kilogramm Kokons, aus denen 600 g Stoff gewoben werden kann.

Mit der Geschichte verwobene Gegenwart

Die Seidenherstellung hatte ihren Ursprung vor ca. 3000 Jahren in China. Der Handel über die Seidenstrasse erschuf die erste konstante Verbindung zwischen Asien und Europa. Auch in Mitteleuropa hat die Seidenproduktion eine lange Tradition: Bereits seit dem 13. Jahrhundert wurde Seide in der Schweiz hergestellt. Die Verbilligung der Import-Seide und die Ausbreitung von Raupenkrankheiten zwangen die Schweizer Seidenproduktion aber schliesslich in die Knie.
Seit 2009 wenden sich einige Landwirtschaftsbetriebe in Zusammenarbeit mit dem Verein «Swiss Silk» erneut dem Anbau von Maulbeerbäumen und der Aufzucht der Seidenraupen zu, um einheimische Seidenprodukte zum Verkauf anbieten zu können. Es hat gewichtige Vorteile, wenn die Seide wieder von A bis Z in der Schweiz hergestellt werden kann. Die Arbeitsbedingungen sind gut, Kinderarbeit ist nicht nötig und auch keine langen Wege von der anderen Seite der Welt.
Seidenfasern sind strapazierfähig und natürlich, sodass beim Waschen kein Mikroplastik ins Wasser gelangt. Zudem ist unbehandelte Seide vollständig biologisch abbaubar. Allerdings gibt es einige ökologische und ethische Bedenken…

Umwelt und Ethik der Seidenherstellung

Die Umweltbelastung der Seidenproduktion ist leider nicht wegzureden. Die niedlichen, aber gefrässigen Seidenraupen erfordern den Anbau vieler Maulbeerbäume – oft in Monokulturen. Diese verringern die allgemeine Biodiversität, die Bäume sind anfälliger für Krankheiten und werden daher in der Regel mit Pestiziden behandelt. Die Produktionsrichtlinien von Swiss Silk lassen verlauten, dass Düngemittel und Pestizide so sparsam wie möglich eingesetzt werden sollen.
Für die Seidenproduktion selbst wird Energie benötigt, angefangen mit der Temperaturaufrechterhaltung der Aufzuchtanlagen sowie dem Färbungs- und Verarbeitungsprozess. Für die Reinigung der Seide ist ausserdem viel Wasser nötig.
Von einem ethischen Standpunkt aus ist für viele Konsumenten ausserdem nicht nachvollziehbar, dass die Seidenspinnerraupen mitsamt ihrer Kokons in heissem Wasser gekocht und demnach getötet werden, bevor ihre Verpuppung zum Nachtfalter vollendet ist.

Doch was sind die Alternativen?

Die Kokons der wilden Seide oder Tussahseide werden erst geerntet, nachdem die Motte den Kokon verlassen hat. Um freizukommen, beisst sich der Seidenspinner kurzerhand durch und beschädigt dabei den Kokon. Die Fäden der Seide können anschliessend nicht mehr als Ganzes vom Kokon abgewickelt werden und bleiben kurz, sodass Unregelmässigkeiten im Garn entstehen. Trotzdem besitzt die Wildseide eine relativ hohe Qualität, und die Seidenspinner müssen ebenfalls nicht dran glauben.
Mittlerweile gibt es auch vegane Alternativen wie die «Microsilk»; Seide, die im Labor von der kalifornischen Firma «Bolt Threads» hergestellt wird. Für die Produktion dieses synthetischen Gewebes werden keine künstlichen Chemikalien benötigt, sondern bloss Wasser, Hefe, Zucker und etwas DNA. 
Ausserdem gibt es Seide, die aus der Zellulose von Nebenprodukten aus der Zitrusindustrie hergestellt wird. Das sizilianische Unternehmen «Orange Fibre» hat das dazugehörige Verfahren patentiert. Es wurde seit seiner Gründung im Jahr 2014 mehrfach ausgezeichnet.

Seide – das kleinere Übel?

Seide darf sicher als einiges umweltfreundlicher gelten als beispielsweise die Herstellung der Baumwolle, die ein Vielfaches an Wasser und Pestiziden benötigt. Grundsätzlich werden aber Ressourcen für die Herstellung aller Textilien benötigt, ganz egal wie umweltfreundlich die Kleider produziert werden. Also gilt auch hier: Weniger ist Mehr.

Gerade im Fall der Seide ist man sichtlich bemüht, Verbesserungen herbeizuführen und innovative Alternativen zu bieten mit vermehrt veganer Produktion und vermindertem Einsatz von Pestiziden. Mal von den ethischen Implikationen abgesehen ist die Schweizer Seide eine solide und langlebige Option. Seidenprodukte von Unternehmen wie Orange Fibre sind in Zukunft aber vorzuziehen, da sie die Verwertung von Abfallprodukten ermöglichen und qualitativ hochstehende Textilien entstehen lassen, ohne dabei Lebewesen zu schädigen.

Wichtig ist hier wie so oft, dass man sich informiert und sich kritisch mit den Angeboten und dem eigenen Konsumverhalten auseinandersetzt. Daraus lassen sich dann die individuellen Lehren ziehen.

 

Quellen und weitere Informationen:
Swiss Silk
Sustainably Chic: Silk - how ethical and sustainable is it? 

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