Pferdefleisch in (fast) aller Munde

21 Feb 2013

Angefangen hat der „Pferdefleischskandal“ Mitte Januar in Irland und in Grossbritannien und zieht nun immer grösser werdende Kreise. Täglich nehmen die Skandalmeldungen zu, neue Missstände werden aufgedeckt, und man findet sich in diesem Dschungel immer weniger zurecht.

 Im Januar entdeckten irische Lebensmittelinspekteure Pferdefleisch in als 100% Rindfleisch deklarierten Hamburgern. Von 27 untersuchten Produkten, enthielten 10 Proben Pferde-DNA und 23 Schweine-DNA (Vgl. BBC). Dass ebenfalls undeklariertes Schweinefleisch enthalten war, führte seltsamerweise nicht zu einem Aufschrei. Aber auch dabei handelt es sich um einen Deklarationsbetrug. Insgesamt haben sich die Fälle mittlerweile auf ganz Europa ausgeweitet.

Von diesem Etikettenschwindel sind primär Tiefkühl-Fertigprodukte betroffen, die aus Hackfleisch bestehen und grösstenteils in Discountern verkauft wurden. Diese werden von Herstellern beliefert die das Fleisch – angeblich als Pferdefleisch deklariert, was allerdings von den Herstellern bestritten wird – wiederum über Zwischenhändler, von rumänischen Lieferanten erhielten. Mittlerweile ist bekannt, dass europaweit mehr Unternehmen in diese Händlerkaskade verwickelt sind, als bisher bekannt, was eine transparente Aufklärung nicht unbedingt erleichtert.

Zu einem weiteren Aufschrei führte die Erkenntnis, dass sowohl in der Schweiz, als auch in Deutschland Pferdefleisch entdeckt wurde, das mit einem für Menschen schädlichen Schmerzmittel belastet ist. Sind die allgemeinbekannten Antibiotikagaben, die tagtäglich in der konventionellen Tierhaltung in nicht unbeträchtlichen Mengen rein prophylaktisch verabreicht werden, wirklich gesund oder gesundheitsfördernd?

Pferde- statt Rindfleisch, Medikamentenbelastung und Qualproduktion – hat die Skandalkaskade ein Ende?

Zum Etikettenschwindel und der Medikamentenbelastung gesellt sich noch die „Qualproduktion“ von Pferdefleisch, das in die Schweiz importiert wird. Laut Report des Zürcher Tierschutzbundes (TSB) landen jährlich 5‘000 Tonnen Pferdefleisch in den Theken der Detailhändler und auf den Tellern von Restaurants. Allerdings stammt dieses Fleisch nur zu einem geringen Teil aus Schweizer Produktion (2001: 400 Tonnen). Der TSB hat im vergangenen Jahr für seine Recherchen die Zucht- und Schlachtstätten in den Lieferländern USA, Kanada, Mexiko und Argentinien aufgesucht und festgestellt, dass weder die Lebens-, die Transport, noch die Schlachtbedingungen den EU-Richtlinien, geschweige denn dem Schweizer Tierschutzrecht entsprechen, obwohl diese Schlachthöfe EU-zertifiziert sind. Allerdings bezieht sich diese Zertifizierung hauptsächlich auf technische Standards und nicht unbedingt auf das Wohlergehen der Tiere. So gilt für Zucht, Transport und Schlachtung jeweils das nationale Recht, welches mehr oder weniger streng ist. Beispielsweise dürfen in der EU Tiertransporte maximal 24 Stunden dauern, in der Schweiz maximal 6; in Kanada sind jedoch 36 Stunden legitim und dies ohne Futter- und Tränkpausen.

Obwohl einige Schweizer Detailhändler vorsorglich ihre Pferdefleischprodukte aus dem Sortiment nahmen stellt sich die Grundsatzfrage, ob eine Tiefkühllasagne mit Rindfleisch ethisch vertretbarer sei, als eine mit Pferdefleisch.
Überdies ist es bedenklich, wenn Millionen Tonnen Lebensmittel, die eigentlich noch zum Verzehr geeignet sind, aus dem Verkauf genommen und vernichtet werden.
Die dahinter steckende Psychologie ist nicht nachvollziehbar, das Kategoriendenken bezüglich der Tiernutzung auch nicht. Die Erkenntnisse der jeweiligen „Skandale“ vermischen sich mehr und mehr und erschweren die Nachvollziehbarkeit. Wer weiss, vielleicht ist eine lückenlose Aufklärung weder im einen, noch im anderen Fall erwünscht.

Interessante Links:
Tierschutzbund Zürich: Bericht zum Pferdefleischskandal.
Vorarlberg.orf.at: "Entsorgung von Pferdefleisch-Produkten".
Handelsblatt: "Pferdefleisch-Skandal erreicht Nestlé".

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail redaktion@umweltnetz-schweiz.ch

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.