Verheissungsvoll erwarten den Kunden dieser Tage die zartgrünen Spargelspitzen und kräftigen weissen Sparsenstengel an den Eingängen der Lebensmittelgeschäfte. Unweit davon lagern gelb-stichige Erdbeeren dicht zusammengedrängt im Plastik. Ausgewiesen nachhaltige Detailhändler sichern eine Nachfrage, die durch das Angebot entsteht. Wer möchte denn nicht geniessen, was ohnehin bald schon auf den Tellern liegt?
`Marktfrische` Spargeln
Bis im April die Spargeln und Ende Mai die Erdbeeren aus der Nähe zu uns gelangen, springt der Detailhandel in die Bresche. Beinahe ganzjährig bieten Migros, Coop und Co. bereits Spargel aus Peru an. Das Andenland hat sich in den letzten Jahren zum weltweit zweitgrössten Erzeuger entwickelt. Mit bitteren Folgen für Anbaugebiete wie die Küstenregionen um Ica sowie deren südlich gelegene Wüstenstriche. Die ohnehin ariden Verhältnisse werden durch wasserintensiven Spargelanbau zusätzlich verstärkt. Der Grundwasserspiegel sinkt pro Jahr bis zu 1,5 Meter. Ohne Genehmigung werden Brunnen gebaut (84% illegal) um Grundwasser abzusaugen, wovon über 90% der Landwirtschaft zugeführt wird.
Neben dem immensen Wasserverschleiss ist der Spargelanbau aus weiteren Gründen ökologisch unverantwortlich. In den Monokulturen werden die Stengel mit grossen Mengen von Pestiziden und Chemie hochgezogen. Ausserdem verbraucht laut WWF ein Bund südamerikanischer Spargeln rund 5 Liter Benzin, bis dieser den über 10 000 Km langen Weg in unsere Regale hinter sich gebracht hat. Der Spargel ist kein andines Gemüse, sein Anbau verursacht beträchtliche Umweltschäden und wird unter ausbeuterischen Bedingungen betrieben. In den Anbauregionen herrscht Gewerkschafts- und Vereinigungsverbot, die Arbeiter werden oft ohne Ausbildung direkt von den Schulbänken rekrutiert. Auf den Feldern sind sie der hohen Pestizidkonzentration und häufigen Unfällen mit Pflanzengiften ausgesetzt.
`Süsse` Erdbeeren
Ein ähnliches Bild präsentiert sich im andalusischen Huelva, wo die Erdbeerfelder vor den Toren der Stadt dem Horizont entgegenstreben. Wie beim peruanischen Spargelanbau werden die spanischen Erdbeeren künstlich bewässert. Die daraus resultierende, fortschreitende Verödung Südspaniens kroch einer breiteren Öffentlichkeit bereits ins Bewusstsein. Hier wie dort findet der Raubbau natürlich nicht ohne Dünger, Fungizide und Insektizide statt, worauf chemische Rückstände das Grundwasser belasten.
Auch werden diese Erdbeeren unter sozial kritischen Bedingungen produziert. Tausende von marokkanischen Arbeitskräften werden hierfür hergeschafft, vorzugsweise verheiratete Frauen mit Kindern, die nach der Ernte mit Sicherheit wieder zurückkehren. Erdbeeren pflücken - keine Arbeit, die den zahlreichen jungen Arbeitslosen attraktiv genug erscheint, um sie ausführen zu wollen.
Als wären der Gründe nicht genug, kann der Geschmack der Erdbeeren nicht überzeugen. Verwässert und von cellophaner Konsistenz – kein Vergleich zum herrlichen Geschmack sonnengereifter Junibeeren, die so angenehm den Gaumen kitzeln. Es drängt sich die Frage auf, ob es sich wirklich lohnt, nicht einige Wochen abzuwarten und die Frische der Frühreife vorzuziehen.
Spargel und Erdbeeren haben zurzeit gemein, nach wenig zu schmecken, stark umweltbelastend und ethisch unverantwortlich zu sein. Spargelfreunde: Esst eingelegte Spargeln oder probiert mal die urschweizerische, nicht unähnliche Schwarzwurzel. An die Beerenträumer: Nährt Eure Vorfreude!
Weitere Informationen:
Naturhistorisches Museums Basel
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