BirdLife Schweiz/Schweizer Vogelschutz und die Organisation Hochstamm Suisse setzen sich für die Erhaltung und Förderung der Hochstamm-Obstgärten in der Schweiz ein. Dabei sollen einerseits die Wirtschaftlichkeit des Hochstammanbaus und die Vermarktung derer Produkte rentabel gestaltet werden können, damit die Produzenten ihre Obstgärten erhalten, pflegen und erneuern. Andererseits soll diese traditionelle Anbauform gleichzeitig zur Vielfalt und Ökologie der Kulturlandschaft beitragen und der Erhaltung und Förderung der Biodiversität dienen. Dies betrifft auch den Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume, insbesondere von Vögeln und derer Lebensgrundlagen.
Die Blütezeit der Hochstämmer hat in vielen Regionen der Schweiz begonnen. Kirschen und Birnenbäume, gefolgt von Zwetschgen- und Apfelbäumen tauchen weite Landstriche in ein wahres Blütenmeer. Am Nationalen Tag der Hochstammbäume (jeweils am letzten Aprilsonntag) laden die beiden Organisationen deshalb zu traditionellen Obstgartenfesten, Blueschtwanderungen und Exkursionen ein.
Als offene Streuobstwiese, als Einzelbäume oder in Alleen, ebenso wie in geschlossenen Obstgärten prägen die Hochstämmer mit ihrer stolzen Erscheinung noch immer unsere Landschaft. Sie weisen eine grosse Zahl verschiedener Lebensräume auf und gehören damit zu deren artenreichsten Mitteleuropas. Auch die Artenvielfalt widerspiegelt die jahrhundertealte Nutzung, indem man heute in der Schweiz über 2500 Obstsorten kennt. Auch dies ist ein wichtiger Grund, diesen Genpool zu pflegen und zu erhalten.
Für das Landschaftsbild sind grosskronige Obstgehölze nicht nur eine optische Bereicherung, sondern sie sind vor allem auch ökologisch wertvoll, da sie verschiedenen Vogel- und Insektenarten, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, einen Lebensraum bieten. Hochstämmer werden extensiv bewirtschaftet und sind deshalb nicht so rationell zu handhaben wie die Niedrigstämmer. Hochstämmer sind in der Lage, auch grössere Schäden zu verkraften, womit das für viele Insekten notwendige Totholz im Baum erhalten bleibt und auch Höhlen entstehen können. Die Grösse der Pflanze mit hohen und hohlen Ästen bietet vielfältige Nistmöglichkeiten für spezielle Vogelarten wie beispielsweise Steinkauz, Wendehals, Grünspecht oder Gartenrotschwanz, aber auch für Wildbienen und Fledermäuse.
Niedrigstamm-Obstbäume sind im Gegensatz dazu nur eine geringe Bereicherung für das Landschaftsbild. Sie haben eine nur beschränkte ökologische Funktion, da sie so gut wie keine Nistmöglichkeiten bieten. Ihre rationelle und intensive Bewirtschaftung in Monokulturen setzt zudem den Einsatz von Insektiziden voraus, was einem natürlichen Ökosystem abträglich ist.
Von den ursprünglich über 15 Millionen Hochstamm-Obstbäumen sind lediglich rd. 2,5 Mio. Exemplare geblieben. Ihre betriebswirtschaftliche Abholzung wurde gar staatlich subventioniert. Erfreulicherweise nimmt die Zahl der Hochstämmer in der Schweizer Landschaft in den letzten Jahren aber wieder zu. 2014 konnten fast 76'000 Bäume mehr gezählt werden als im Vorjahr. Mittlerweile hat die Zahl der Hochstammbäume jetzt wieder den Stand von 2006 erreicht. Dies hängt auch mit der Agrarpolitik 2014/17 des Bundes zusammen, die Anreize für mehr Ökologie geschaffen hat. Nicht zuletzt ist es aber auch ein Erfolg der spezifischen Vermarktung von Hochstammobst, wie sie die Labelorganisation Hochstamm Suisse betreibt.
Immer häufiger kommen Früchte seltener und alter Sorten auf den Markt, die von Prospecie rara gefördert werden. Dadurch erweitert sich nicht nur die Palette des Tafelobstes, sondern es lassen sich aus den ungespritzten Früchten auch Obstsäfte, Obstwein, aromatische Obstbrände und Liköre sowie Essig und Öle herstellen, ebenso wie Birnel (oder Birnendicksaft), das klassische Hochstammprodukt schlechthin als natürliche Alternative zum Zucker.
Kommentare (0) anzeigenausblenden