Australien: Die unerwünschte Kröte

Weibliche Aga-Kröten können mehr als 20 cm gross werden und sind bis zu 1 kg schwer. Weibliche Aga-Kröten können mehr als 20 cm gross werden und sind bis zu 1 kg schwer.

Man hielt es für eine gute Idee, die Aga-Kröten zur Bekämpfung von Schädlingen auf Zuckerrohrfeldern auszusetzen. Mittlerweile ist die daraus entstandene Krötenplage zu einem nationalen Dilemma Australiens angewachsen.

Die in Süd- und Mittelamerika heimische Aga-Kröte (Rhinella marina) hat in Australien eigentlich nichts zu suchen. Dennoch wurden 1935 nichtsahnend rund 100 dieser riesigen Kröten freigelassen, mit dem Ziel, schädliche Käfer auf den Zuckerrohrfeldern zu bekämpfen. Als Pestizidersatz sollten sie Käfer, die es auf die Zuckerrohrblätter abgesehen haben, und deren wurzelfressenden Larven beseitigen. Doch aus dem misslungenen Versuch wurde rasch ein ökologisches Desaster.

Rasante Ausbreitung

Es stellte sich heraus, dass die Aga-Kröten nicht nur zur Schädlingsbekämpfung ungeeignet sind, da die Käfer sich ausserhalb ihrer Reichweite aufhalten, sondern sich enorm ausbreiten und die heimische Artenvielfalt verdrängen.
Mittlerweile haben die invasiven Kröten beinahe die gesamte Ostküste Australiens eingenommen. 2009 überschritten sie sogar die Grenze nach Westaustralien, die mehr als 2000 Kilometer von ihrem ursprünglichen Aussetzungsstandort entfernt ist. Schätzungen zufolge leben heute bis zu 1.5 Milliarden Aga-Kröten in Australien - doch wie viele es exakt sind, weiss niemand.
Dass sie sich durchsetzen konnten, verdanken die Kröten vor allem ihrer effizienten Fortpflanzungsstrategie. Während ein durchschnittlicher australischer Frosch pro Jahr rund 1000 – 2000 Eier legt, legen Aga-Kröten im selben Zeitraum bis zu 35‘000 Eier.
Zusätzlich haben die Kröten an der Spitze der Ausbreitungswelle kontinuierlich ihren Fortbewegungsapparat angepasst, sodass sie schneller vorankommen. Ihre vergleichsweise längeren Beine ermöglichen es ihnen, jährlich bis zu 60 Kilometer zurückzulegen – im Jahr 1994 waren es erst 40 Kilometer pro Jahr.

Die heimische Artenvielfalt leidet unter dem Kröten-Vormarsch

Eine Krötenplage von solch einem Ausmass geht natürlich nicht ohne Konsequenzen für die heimischen Arten vonstatten. Die invasiven Froschlurche verdrängen Nahrungskonkurrenten wie zum Beispiel kleine Echsen oder sie machen Jagd auf die heimische Fauna. Da sie abertausende Bienen vertilgen, entstehen ernsthafte Probleme für Imker. Doch die grössten Probleme verursacht das Gift, das die Kröten über ihre Hautdrüsen absondern. Das Nervengift kann ab einer gewissen Dosis tödliche Folgen für jegliche Tiere haben, die versuchen, die Kröten zu essen – inklusive Hunde. Dies hat in gewissen Gebieten wie dem Kakadu Nationalpark bereits zu einem Rückgang der Waran- oder Schlangenpopulation geführt. Nach der Ankunft der Aga-Kröte verendeten die Tiere beim Versuch, die Kröte zu fressen. Sogar Süsswasser-Krokodile reagieren empfindlich auf das Krötengift.
So haben die Aga-Kröten im Verlauf der Invasion eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Sie haben die durchwanderten Ökosysteme massiv verändert.
Glücklicherweise haben einige Fressfeinde mittlerweile gelernt, wie sie die Kröten unbeschadet verzehren können. Der Schwarz-Milan zum Beispiel attackiert gezielt den giftdrüsenfreien Bauch der Aga-Kröte.

Direkte Bekämpfung der Aga-Kröte ist nicht möglich

Jegliche Versuche, die Krötenplage unter Kontrolle zu bekommen, sind bisher gescheitert. Neben Ausrottungsversuchen mit Fallen wurden auch heikle Methoden zur Einschränkung der Fortpflanzung vorgeschlagen. Zum einen wollte man sterile Männchen freilassen, die den fertilen Männchen die Ressourcen wegfressen sollen, sich aber nicht selbst fortpflanzen können. Zum anderen wurde darüber spekuliert, die Krötenweibchen mit einem Gen auszustatten, welches nur männliche Nachkommen produzieren würde. Dies hätte den langfristigen Fortbestand der Krötenpopulation verhindert. Beide dieser Ansätze sind wegen der nicht abschätzbaren Nebeneffekte aber äusserst bedenklich und wurden deshalb nicht umgesetzt. Auch der Einsatz von Viren zur biologischen Kontrolle des Krötenbestands scheint in diesem Fall ungeeignet, könnten diese doch einmal mehr verheerende Konsequenzen für heimische Arten haben.
Da die direkte Bekämpfung der Kröten unmöglich scheint, liegt der Fokus nun auf dem Schutz der heimischen Artenvielfalt. Räuber müssen lernen, die Aga-Kröten zu vermeiden, damit sie nicht dem Gift zu Tode fallen. Um sie dies zu lehren, werden sie mit kleinen Aga-Kröten oder Aga-Kröten-Würsten gefüttert. Die darin enthaltenen, unbedenklichen Giftmengen sollen den Tieren zeigen, dass solche Kröten ungeniessbar sind.

Die Aga-Kröte ist nur eine von vielen invasiven Arten

Leider sind die Aga-Kröten nur eines von vielen traurigen Beispielen von eingeschleppten Arten in Australien. So haben fahrlässige Siedler unter anderem Hasen, Füchse, Katzen, Hunde und Dromedare ausgesetzt. Die auf mehr als 300‘000 Individuen geschätzte Dromedar-Population im Innern Australiens muss mittlerweile von Helikoptern aus bekämpft werden.
Die in Australien heimische Flora und Fauna ist wegen ihrer Abgeschiedenheit sehr fragil und kann sich nicht gegen invasive Arten durchsetzen. Deshalb sind Kollapse von Ökosystemen oft unvermeidbar.
Solche Fälle lehren uns, dass der Mensch ein Ökosystem aufgrund dessen Komplexität nicht kontrollieren kann. Eingriffe in natürliche Systeme sollten nur mit grösster Sorgfalt geschehen, denn sie können ungeahnte Auswirkungen haben.

Ausbreitung der Aga-Kröten 
Massnahmen der Australischen Regierung

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