Dach- und Fassadenbegrünungen werden Bauherren je länger je häufiger ans Herz gelegt. Und es gibt bereits viele gute Projekte, die diese Forderung umsetzen, um der Natur im Siedlungsraum mehr Chancen zu geben. Das ist eine gute Sache. Es ist erwiesen, dass solches Tun auch etwas bringt.
Wohlbefinden und Bausubstanz
Der Nutzen von Fassadenbegrünungen für den Menschen und das Gebäude ist schon mehrfach untersucht und bestätigt worden: Menschen fühlen sich in begrünter Umgebung besser; die Lebensqualität wird dadurch erhöht. Eine Gebäudebegrünung hat grossen Einfluss auf die Wärmeregulierung und hält das Wasser bei starken Regenfällen zurück. Weiter absorbiert sie Schall und Schadstoffe. Und dies hat auch positive Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld des Gebäudes. An heissen Sommertagen senkt sich messbar die Lufttemperatur der Umgebung. Das beweist die Forschung.
Förderung der Biodiversität
Bei Tieren ist es nicht so einfach, dies herauszufinden. Es gibt erst wenige Studien, die die Zunahme der Artenzahl und Anzahl untersucht haben. Eine davon wurde in Mailandan Vögeln durchgeführt. Dabei wurden drei begrünte Gebäude (mindestens 25 % begrünt) mit fünf nicht begrünten (ohne begrünte Balkone und Fensterbretter) verglichen. Eine weitere Bedingung war, dass sie eine Mindesthöhe von neun Etagen aufweisen mussten.
Während der Brutzeit wurden die Vögel an den ausgewählten Gebäuden beobachtet. Notiert wurde nicht nur Art und Anzahl, sondern auch das Verhalten. Das heisst, fliegt das Tier nur kurz daran vorbei oder hält es sich länger am Gebäude auf. Einbezogen wurde auch die unmittelbare Umgebung des Gebäudes. Die Auswertung der gewonnenen Daten ergaben eindeutig, dass begrünte Fassaden und vertikale Gärten auf Vögel anziehend wirken.
Beobachtet wurden insgesamt 157 Vögel von 20 Arten. An den begrünten Gebäuden wurden zwei bis fünf Mal mehr Vogelarten gesichtet, als an nicht begrünten Gebäuden. Dieses Resultat zeigt auf, dass geeignete Vegetation an Gebäuden einen grossen Einfluss auf die Vielfalt der Vögel hat. Das bedeutet weitergehend, dass die Vögel Nahrung finden und somit dort mehr Insekten, Käfer und Samen vorfinden als an den anderen Gebäuden. Weiter wurde auch die Beobachtung gemacht, dass Parks und Strassenbäume rund um das Gebäude einen grossen Einfluss auf die registrierten Arten hat.
Eine Einschränkung ergab eine andere Studie: Vögel nutzen begrünte Wände in der Regel nur bis maximal 50 Meter Höhe. Dies entspricht einem Gebäude mit 19 Stockwerken.
”Bei 50 Metern ist Schluss. Höher fliegt kaum ein Vogel, um sich an einer begrünten Fassade sein Nest zu bauen oder nach Futter zu suchen.“
Sacha Menz, Professor für Architektur und Bauprozess ETH Zürich
Trittstein der Artenvielfalt
Ein einzelnes begrüntes Haus nützt wenig, wenn es nicht Teil eines zusammenhängenden grünen Systems ist (ökologische Infrastruktur). Weitere Grünräume in der näheren Umgebung erhöhen den Nutzen für die Biodiversität markant. Die Begrünung von Gebäuden ist eine wertvolle Möglichkeit, Trittsteine für die Natur zu schaffen, wo Platz für die Begrünung knapp ist. Sie muss aber ergänzt werden durch naturnahe Flächen in der näheren Umgebung.
Quellen:
Forschung an der ETH
Studie Mailand
Ökologische Infrastruktur
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