Weiter geht`s mit unserer Artikelserie zu „Sanftem Tourismus“. In den nächsten Artikeln werden wir uns mit verschiedenen Reiseformen, und wie diese nachhaltiger gestaltet werden können, beschäftigen. Für den Anfang wollen wir in der Schweiz bleiben, denn auch in unserem Land lassen sich problemlos die verschiedensten Ferien planen. Interessant ist nun die Frage, ob die Tourismusinfrastruktur bei uns nachhaltig aufgebaut ist. Werden Umwelt, Ansässige und Kultur respektiert? Würde unsere Wirtschaft notfalls auch funktionieren, wenn die Touristen auf einmal ausbleiben würden?
Nachhaltigkeit
Ein Risiko des Tourismus war seit jeher, dass er starken saisonalen Schwankungen unterliegt. Die Beschäftigten in diesem Bereich verfügen demnach nicht das ganze Jahr über ein sicheres Einkommen. In der Schweiz hat man dieses Problem an einigen Standorten entschärft, indem man die Infrastruktur auch auf Wintergäste ausrichtete. Die Saison hat zwar noch immer Einfluss, doch in geringerem Ausmass.
„Ich glaube, dass nachhaltiger Tourismus mit sehr, sehr viel kleineren Betriebsgrössen arbeiten muss und darauf zielt, Tourismus als Nebenerwerb für Leute, die noch was Anderes tun, zu installieren.“
Valentin Groebner, Historikprofessor und Autor
Alpen
Trotz der vergleichsweise kleinen Fläche hat die Schweiz völlig Unterschiedliches im Angebot. Berge, Seen, Flüsse, alte Städte – die Vielfalt ist bemerkenswert. Eine der eindrücklichen Landschaften, die die Schweiz zu bieten hat, sind die Alpen. Alpweiden, Gletscher, Wasserfälle und steile Felshänge prägen das Bild. Seit Beginn des Fremdenverkehrs lösten die Alpen eine Faszination auf die Reisenden aus. Der Alpentourismus ist stark von einer intakten Natur abhängig: Er wirbt ja nicht umsonst mit atemberaubenden Aussichten, frischer Luft und einer interessanten Tierwelt. Die Erhaltung der Natur sollte für die Tourismusbranche folglich oberste Priorität haben.
Wandern
Eine nachhaltige Reiseform ist das beliebte Schweizer Wanderabenteuer. Die Schweiz hat ein sehr gut ausgebautes Wanderwegsystem. Da zum Wandern fast nur die eigene Körperkraft benötigt wird, ist es umweltfreundlich – natürlich nur in dem Ausmass, in dem auch die Reise ins Wandergebiet klimaneutral gestaltet wurde. Für die Dörfer sind die Wandertouristen von Vorteil, weil sie ihnen ein Einkommen verschaffen. So können die Leute weiterhin an abgelegenen Orten wohnen. Sogar auf den entlegensten Pässen werden Unterkünfte für Gäste in Stand gehalten. Dies ist ein wichtiger Teil der Infrastruktur für die Berggänger und steigert die Attraktivität des Alpentourismus.
SAC-Hütten: Wanderferien mit der Familie - an der frischen Luft sein, fit bleiben und in den rustikalen Schweizer Alpen-Club Hütten übernachten. Nachhaltigeres Reisen gibt es gar nicht?! Der SAC steht nach eigenen Angaben für naturnahen Bergsport mit Rücksicht auf Natur und Umwelt ein. Leider ist das aber nicht die ganze Wahrheit. Weil sich viele SAC-Hütten an abgelegenen Örtchen befinden, muss ein Grossteil der Vorräte mit dem Helikopter eingeflogen werden. Der SAC ist sich dessen aber bewusst und versucht klimafreundlicher zu werden. Sie unterstützen die Gletscher-Initiative, informieren und sensibilisieren ihre Gäste. Die Benutzung des ÖV wird mit verschiedenen Projekten gefördert und die Hütten werden nachhaltigen Anforderungen angepasst.
Naturfreundehäuser: Die Naturfreundehäuser finden sich abseits von Stress, Strassen und Hektik. Sie sind in der ganzen Schweiz, in ganz Europa und sogar in Senegal und Kalifornien anzutreffen. Hinter den Naturfreundehäusern steckt ein Verein namens „Naturfreunde Internationale“. Das ist ein Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur. Die Geschichte der Naturfreunde reicht zurück bis zur Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts.
„Das heisst, das System von Wanderwegen und Berghütten ist eigentlich bereits ein solches nachhaltiges System, das aber natürlich klare Kapazitätsgrenzen hat.“
Valentin Groebner, Historikprofessor und Autor
Stadt-Tourismus
Nicht allein der Bergtourismus ist kennzeichnend für die Schweiz als Reiseland. So gibt es beispielsweise auch städtische Touristen-Mekkas. Interlaken und Luzern gehören zu den Hochburgen der Branche. Hier sieht es im Thema Nachhaltigkeit etwas anders aus als hoch oben in den Alpen.
Aus der Sicht einer Luzernerin sieht die Situation folgendermassen aus: Die Stadt Luzern wird überrollt von Touristencars, dadurch ist die Strassensituation unübersichtlich und gefährlich. Der Ansturm scheint von Jahr zu Jahr grösser zu werden. Ein Austausch zwischen Einheimischen und BesucherInnen ist kaum eingeplant, da die Reisenden häufig in grossen Gruppen kommen und für extrem kurze Zeit bleiben. Profiteure sind vor allem die Geschäfte und Unternehmen, nicht aber die Bevölkerung. Die Stadt stellt die Bedürfnisse der Touristen an erste Stelle, was eine Benachteiligung für die Luzerner Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Die Unmengen von Cars, die pro Tag in und aus der Stadt fahren, tragen ihren Teil zu den CO2-Emissionen bei.
Die Tourismus AG Luzern bezieht auf ihrer Webseite Stellung zu dem Thema. Laut ihren Angaben werden Nachhaltigkeitsziele sowie -massnahmen in allen Dokumenten und Vereinbarungen festgehalten.
Einige Beispiele der Nachhaltigkeitsstrategien der Tourismus AG Luzern:
- Mit kostenlosen ÖV-Tickets wird eine umweltfreundliche Mobilität gefördert,
- durch Aufgabenverteilungen und Kooperationen wird die Wirtschaft gestärkt,
- betriebsintern wird auf die Nutzung eines Elektro-Fahrzeuges umgestellt,
- das Tourismusbewusstsein der Bevölkerung wird gefördert,
- die Umwelt wird systematisch bei der Angebotsgestaltung berücksichtigt.
Inwiefern sich diese Ziele dann von Papier auch in den Alltag übersetzen, ist eine andere Frage.
Das heisst…
Im Vergleich zur internationalen Lage schneidet die Schweiz nicht schlecht ab. Im kleinen Alpenland bieten sich einige Möglichkeiten, Ferienaufenthalte auf nachhaltige Art und Weise zu gestalten. Die Situation variiert natürlich von Ort zu Ort. Überall gibt es noch Baustellen, die behoben werden müssen. Insbesondere der Wintertourismus steht hier weiterhin vor Herausforderungen. Doch die Botschaft, dass auch in den Ferien auf den Umweltschutz geachtet werden muss, scheint angekommen zu sein. So werden vermehrt Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und klimafreundliche Projekte gestartet.
Quellen und weitere Informationen
Naturfreunde Schweiz
Schweizer Alpen-Club SAC
SAC Umwelt
luzern.com: Nachhaltigkeit Tourismus AG Luzern
Krempels, Paula, Retrotour - Kultur & Natur: Ein Reiseangebot für heute im Stil des Jahres 1863
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