Über allen Gipfeln ist … Werbung

Schon Werbung oder noch Naturschutz? Schon Werbung oder noch Naturschutz?

Um die höchsten und abgelegensten Berggipfel in der Schweiz ist ein Streit entbrannt.

Anlässlich ihres 150-Jahre-Jubiläums im Jahr 2020 installierte die Graubündner Kantonalbank auf 150 Bündner Berggipfeln metallene Tafeln, um ein digitales Gipfelbuch zu verbreiten. Bergliebhaberinnen des Vereins Mountain Wilderness sowie des SAC stehen dieser Kampagne kritisch gegenüber.

QR-Codes auf der Spitze

Auf den 15x60 cm grossen Plaketten der GKB sind QR-Codes abgebildet, welche zu einem digitalen Gipfelbuch führen. Über 4500 Wanderer und Gipfelstürmerinnen haben sich bereits mitsamt Selfie und einem Erlebnisbericht darin eingetragen.
Gemäss dem Verein Mountain Wilderness stehen zwei Drittel dieser Metallschilder jedoch auf völlig naturbelassenen und abgelegenen Bergspitzen, welche einen Wildnisqualitätswert von mindestens 15 aufweisen (siehe Infokasten). Darunter beispielsweise der 3305 Meter hohe Piz Badile im Bergell. Auf einige der Berggipfel führt nicht einmal ein Weg.

Wildnisqualität in der Schweiz
Eine Studie von Mountain Wilderness Schweiz und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL ermittelte 2017 erstmals die Wildnisqualität in der Schweiz. Dabei wurde nach vier Kriterien bewertet: Natürlichkeit, menschliche Einflüsse, Abgeschiedenheit und Rauheit der Topografie. Je höher der Wert, desto ursprünglicher ist die Landschaft. Ein Wert von 20 bedeutet daher, dass die Gegend komplett unberührt ist. Ab 15 sprechen Experten von einem Gebiet mit hoher Wildnisqualität. Rund 17% der Schweizer Landesfläche weisen noch einen so hohen Wert auf, der überwiegende Teil liegt in den Alpen. 

 


Der Wildnisqualitätswert gibt an, wie naturbelassen eine Landschaft ist. Je höher der Wert desto unberührter ist die Natur.              Chantal Sempach, Daten: Federal Office of Topography swisstopo, Here, WSL

 

Um die Bergwildnis nicht weiter zu degradieren und die wertvollen Lebensräume zu erhalten, verlangt Mountain Wilderness, dass diese 100 Tafeln bis Ende Jahr demontiert werden. Tim Marklowski von Mountain Wilderness begründet: «Werbung oder Imagekampagnen haben an diesen entlegenen und schützenswerten Orten einfach nichts zu suchen. Es gibt aber andere Lösungen, die mittels GPS-Standort funktionieren und ganz ohne Infrastruktur am Berg auskommen».
Die übrigen 50 Tafeln stehen ohnehin auf vom Menschen - beispielsweise durch Bergbahnen - erschlossenen Gipfeln und können daher stehen bleiben.
Dieser Aufforderung will die GKB jedoch nicht nachkommen. Daher lancierte Mountain Wilderness eine Petition und sammelt während der Wandersaison Unterschriften, um die 100 Tafeln möglichst rasch zu entfernen.

Die Bank argumentiert im Gegenzug, dass sie sich mit den Tafeln für die Sensibilisierung der Menschen gegenüber der Natur einsetze. Die Schilder wurden in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gemeinden sowie Pro Natura und WWF installiert und sollen nicht vor Ende 2023 entfernt werden. Hielt eine Gemeinde nichts von der Jubiläumsidee – wie etwa Flims –, hat die GKB auf den dortigen Gipfeln auf Schilder verzichtet. «Wir verstehen, dass man der Meinung sein kann, dass die Montage der E-Gipfelbücher schon ein zu grosser Eingriff in die Natur ist», sagt Martin Rust, Projektleiter und Nachhaltigkeits-Officer bei der GKB. Er hält aber fest, dass die Bank das Projekt «mit grösstmöglicher Sorgfalt und nötigem Respekt gegenüber der Umwelt» umgesetzt habe.

Auch der Schweizer Alpen Club (SAC) steht dem Projekt der GKB kritisch gegenüber. Vor allem die Grösse der Schilder sei störend. Ein QR-Code und eine Anleitung könnten auch auf kleinerer Fläche festgehalten werden.

«Ein Rückbau ist aus Sicht des SAC Pflicht, und die GKB sollte aufzeigen, bis wann dieser erfolgen wird», Philippe Wäger, Ressortleiter Umwelt und Raumentwicklung beim SAC

 

Quellen und weitere Informationen:
Der Bund: In den Bündner Alpen schwelt ein Krach um Selfie-Tafeln
WSL: Wildnis und Verwilderung

 

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