Seit 2005 wird jedes Jahr ein ausgewählter Boden zum «Boden des Jahres» gekürt, um auf wichtige Bodenfunktionen und Bedrohungen — allen voran die Bodenversiegelung, -verdichtung und -erosion — aufmerksam zu machen. Dieses Jahr kommt dem Pelosol — zu deutsch „Tonboden“ — diese Ehre zu.
Auf tönernen Fundamenten
Schon sein Name deutet auf den Hauptbestandteil dieses Bodentyps hin: Pelosol leitet sich vom griechischen pelos für Ton und dem lateinischen solum für Boden her. Mindestens 45% Ton muss enthalten sein, damit ein Boden als Pelosol gilt. Nebst Ton besteht der Pelosol aus Steinen, Sandkörnern und Schluff. Die Tonanteile selbst entstehen geologisch aus der Verwitterung von Tongesteinen.
In der Schweiz kommt Pelosol selten vor; abgelagert hat sich ein nennenswerter Tonboden nur in Schleitheim, Schaffhausen. Der Tonstein, aus dem sich dieser aufbaut, stammt aus verwittertem Juragestein.
Schwer, kompakt und launisch
Die Eigenschaft des Pelosols verändert sich je nach Witterung. Nach Niederschlägen saugen die Minerale viel Wasser auf und der Boden dehnt sich aus. Tonböden sind deshalb ein hervorragender Wasserspeicher. Aufgrund der in ihren feinen Poren gespeicherten Feuchtigkeit erwärmen sie sich im Frühjahr nur langsam und werden deshalb auch als «kalte Böden» bezeichnet. Dieses Wasser bleibt aber für Pflanzen nur schwer zugänglich, denn der dichte Ton erschwert es den Wurzeln, sich auszubreiten und an genügend Wasser und Luft zu kommen.
Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Im trockenen Zustand sind Tonböden hart wie Stein — im Grunde wie ein ausgetrockneter Klumpen Töpferton. Ohne Feuchtigkeit zieht sich der Tonboden zusammen und es entstehen Risse, in die lockeres humoses Bodenmaterial hineinrieselt. So können sich wichtige Nährstoffe untermischen. Pflanzenwurzeln finden in den Ritzen nun auch Platz, sich auszudehnen und an die wertvollen Nährstoffe zu gelangen.
Tückische Stundenböden
Pelosole sind zwar fruchtbar, aber ihre Bewirtschaftung gestaltet sich wegen ihrer hohen Tongehalte schwierig. Sie werden als «Stundenböden» bezeichnet, weil sie bei optimalem Zustand nur innerhalb eines kurzen Zeitraums bearbeitbar sind. Sind sie zu feucht, können Geräte, die zur Bearbeitung verwendet werden, verkleben und der Boden neigt zur Verdichtung unter dem Gewicht der schweren Maschinen. Ist der Boden hingegen zu trocken, ist er zu hart zum pflügen. Für Pflanzen ist er überdies nicht ideal, da es schnell zu Trockenstress kommt, wenn die Pflanzenwurzeln nicht an das gespeicherte Wasser gelangen können. Die Ackernutzung von reinem Pelosol ist deshalb nicht üblich. Er wird grösstenteils als Grünland oder durch die Forstwirtschaft genutzt.
Den Boden sichtbar machen
Fruchtbare Böden sind nur Zentimeter bis wenige Meter dünn — und bilden zugleich eine der wichtigsten Grundlagen für das Leben auf der Erde. Sie sind eine knappe und nicht erneuerbare Ressource. Unsere Böden erbringen lebenswichtige Funktionen für Tiere und Pflanzen. Die Bodenfruchtbarkeit für die Nahrungsmittelproduktion und die Forstwirtschaft macht lediglich einen Teil der wichtigen Funktionen von Böden aus. Neben der Produktionsfunktion erfüllen Böden noch weitere für Mensch und Umwelt wichtige Leistungen: Sie bieten Lebensräume für Bodenorganismen und Pflanzen und erhalten so die Artenvielfalt, regulieren durch Speichern und Umwandeln Wasser-, Stoff- und Energiekreisläufe, dienen als Baugrund, enthalten Rohstoffe, Wasser und geothermische Energie — und bewahren nicht zuletzt wichtige Informationen der Natur- und Kulturgeschichte unseres Planeten. Sie zu schützen und zu erhalten ist eine der grossen Zukunftsherausforderungen der Menschheit.
Quellen und weitere Informationen:
BGS: Boden des Jahres 2022
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