Der anhaltende Verlust von Arten, Lebensräumen und Ökosystemen bedroht alles Leben auf der Erde, auch uns. Menschen auf der ganzen Welt sind auf Ressourcen der biologischen Vielfalt angewiesen, um alle unsere Bedürfnisse zu befriedigen — von Nahrungsmitteln über Brennstoffe und Medikamente bis hin zu Wohnraum und Kleidung.
Vor diesem Hintergrund wird der diesjährige Tag des Artenschutzes (engl.: World Wildlife Day) am 3. März unter dem Motto „Rückgewinnung von Schlüsselarten für die Wiederherstellung von Ökosystemen“ begangen. Der Aktionstag soll die Aufmerksamkeit auf den Erhaltungszustand einiger der am stärksten gefährdeten wildlebenden Tier- und Pflanzenarten lenken und die Diskussion über Lösungen zu ihrer Erhaltung vorantreiben.
In Vorausschau auf den diesjährigen Aktionstag legen wir unseren Fokus auf die gefährdeten Arten der Schweiz.
Rote Liste in der Schweiz
In der Schweiz leben 56'000 verschiedene Arten von Pflanzen, Tieren und Pilzen. Für 20% davon wurde bisher der Gefährdungsstatus bestimmt. Der Anteil ist nicht grösser, weil die Bestandsermessung zum Teil aufwändige Feldarbeiten bedingt. Alle 10 bis 15 Jahre werden die Roten Listen aktualisiert und neu erfasst. 2021 und 2022 wurden die Listen für Vögel, Singzikaden und Säugetiere überarbeitet.
Schweizer Vögel besonders bedroht
Erst letzte Woche wurden die Roten Listen aktualisiert und teils neu erfasst, insbesondere jene für Vögel, Singzikaden und Säugetiere. Die Bilanz sieht nach wie vor schlecht aus: Mehr als ein Drittel aller Säugetierarten und 40% der Brutvögel in der Schweiz gelten als gefährdet. Damit stagnierte der Anteil der bedrohten Vogelarten über die letzten zehn Jahre. Neu in der Liste taucht die Wachtel auf, die nun als verletzlich eingestuft wird. Besonders schwer haben es Vögel in Feuchtbiotopen – wo 64% der Vogelarten auf der Roten Liste stehen – sowie im Kulturland. Hier ist mit 48% fast die Hälfte der Vogelarten bedroht, darunter auch die Feldlerche, der diesjährige «Vogel des Jahres». Erholen konnten sich dagegen etwa die Populationen der Dohlen, Weissstörche und Kiebitze.
Weil immer mehr Vogelarten als "potenziell gefährdet" eingestuft werden mussten, habe sich die Situation aber insgesamt leicht verschlechtert, hält die Vogelwarte fest. Der Anteil der Vogelarten in dieser als "Vorwarnliste" geltenden Kategorie stieg auf 20%. Für 25 Arten hat sich die Lage verschlechtert, 17 Arten sind weniger stark bedroht als noch bei der letzten Erhebung.
Damit steht die Schweiz deutlich schlechter da als ihre Nachbarn. Hierzulande sind dreimal mehr Vogelarten bedroht als im europaweiten Vergleich.
Unterbrochene Wildtierkorridore
Von den 55 einheimischen Säugetierarten (ohne Fledermäuse), die in der Roten Liste erfasst sind, gelten derzeit 20 als gefährdet. Neben dem stark gefährdeten Grauwolf steht auf der Liste auch der Luchs. Fischotter sind gar vom Aussterben bedroht. Wildkaninchen oder auch diverse Mäusearten gelten als besonders stark gefährdet. Viele dieser Arten leiden unter eintönigen Lebensräumen und einer mangelhaften Lebensraumvernetzung. Letzteres gilt insbesondere für grössere Arten wie Hirsch oder Luchs, die mobil sind und viel Raum benötigen.
Viele Wildtierarten erleben beim Überqueren von Strassen einen schmerzhaften Tod. Dies ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr für das langfristige Überleben gewisser Wildtierarten. Denn bereits der Verlust weniger Tiere kann bei seltenen Arten schwerwiegende Folgen für den Bestand haben. Oft werden Verkehrswege zum Schutz der Tiere und Fahrerinnen und Fahrer eingezäunt, aber das führt wiederum zur Unterbrechung der Wanderkorridore der Wildtiere. Es ist daher eine anspruchsvolle Aufgabe, dafür zu sorgen, dass raumbeanspruchende Wildtiere in der Kulturlandschaft leben können.
Die Singzikaden verstummen
Überdüngung, Pestizideinsätze sowie starke Nutzung verändern Lebensräume in der Kulturlandschaft, insbesondere die Wiesen. Aus bunten Wiesen werden so artenarme Einöden geschaffen. Davon betroffen sind unter anderem die einheimischen Singzikaden. Von den 10 Arten sind hierzulande 8 als gefährdet eingestuft. Noch mehr bedrohte Arten findet man nur bei den Reptilien: Von den 19 in der Schweiz vorkommenden Arten stehen 15 auf der Roten Liste.
Libellen und Biber geht es besser
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Das Risiko auszusterben ist für Libellenarten in den vergangenen zwanzig Jahren kleiner geworden. Entwarnung kann zwar noch nicht gegeben werden, denn es sind immer noch 36% der Arten gefährdet. Die Revitalisierung und Aufwertung von Gewässern und Feuchtgebieten hat sich aber positiv ausgewirkt. Vor einigen Jahren galt auch der Biber noch als vom Aussterben bedroht. Heute ist das im Wasser und an Land lebende Tier nicht mehr gefährdet. Der Bestand hat sich dank Förderprogrammen fast verzehnfacht, und der Biber kann wieder seinen Teil zur Diversität der Lebensräume beitragen.
Diese positiven Entwicklungen sind vor allem auf die Revitalisierung und Aufwertung von Gewässern und Feuchtgebieten zurückzuführen, die sich gut auf viele Bestände ausgewirkt haben. Hier zeigt sich: Wird etwas für die Biodiversität getan, kommen die Arten zurück.
Quellen und weitere Informationen:
World Wildlife Day
Bafu (22.02.2022): Rote Listen: Barometer der Artenvielfalt
Vogelwarte (22.02.2022): Keine heile Welt
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