Rohstoffe werden weltweit immer knapper und immer gefragter. Aufgrund der ungleichen Verteilung der Vorkommen und des ungleichen Konsums ist der globale Handel von grosser Bedeutung. Heute macht dieser bereits ein Viertel des gesamten Finanz-Welthandelsvolumens aus. Dabei spielt die Schweiz eine wichtige Rolle. Sie ist traditionell ein zentraler Handelsplatz für Rohstoffe, dessen Bedeutung im letzten Jahrzehnt erneut massiv zugenommen hat. Inzwischen agieren über 500 Firmen in diesem Geschäft von unserem Land aus. Mittlerweile ist unser kleiner Staat mit über 30 Prozent Marktanteilen am weltweiten Handel mit Erdöl, sowie demjenigen mit Getreide und mit Ölsaten beteiligt – bei Zucker und Kaffee beträgt der Anteil sogar rund 50 Prozent. Zwischen 1998 und 2009 hat sich der gesamte Umsatz des Rohstoffbusiness in der Schweiz verfünfzehnfacht (Quelle: Erklärung von Bern EvB)! Weltweit hat sich dieser Wert währenddessen knapp verdreifacht.
Die Rohstoffe gewinnen also auf der ganzen Welt an wirtschaftlicher Bedeutung. Handels- und Bergbaukonzerne in Steueroasen wie Genf oder Zug verdienen jährlich Milliarden an der risikoreichen Finanzspekulationen am Rohstoffmarkt. Währenddessen bleiben jedoch viele der ressourcenreichsten Länder trotz Bodenschätzen bitterarm und leiden unter Korruption und Konflikten. Paradoxerweise leben zwei Drittel der ärmsten Menschen weltweit in rohstoffreichen Ländern. Zudem verursacht die Rohstoffgewinnung, bzw. die damit verbundenen toxischen Stoffe und Abfälle, immer wieder grosse Umweltkatastrophen, z.B. durch stümperhaft entsorgten hochgiftigen Abfall aus der Erdölgewinnung (vgl. Giftmüllskandal Trafigura).
In den letzten Jahren wurde die Öffentlichkeit vermehrt auf die Intransparenz, die Korruption, die risikoreichen Spekulationen, die Menschenrechtsverletzungen und anderen sozialen und ökologischen Problemfelder der diskreten Rohstoffbranche aufmerksam. Zum besseren Branchenverständnis wie auch zur Vermeidung drohender Reputationsschäden hat der Bundesrat deshalb kürzlich einen „Grundlagenbericht Rohstoffe“ veröffentlicht. Obwohl der Bericht die wichtigen Probleme erkenne und detailliert beschreibe, suche man darin vergebens nach konkreten Regulierungsmassnahmen und möglichen gesetzlichen Leitplanken, betont etwa die Nichtregierungsorganisation Erklärung von Bern (EvB) in ihrer Pressemitteilung. Es muss sichergestellt werden, dass die Schweizer Unternehmen ihre Verantwortung für die Menschenrechte wahrnehmen. Aufgrund des Berichts könne man diese Probleme jetzt angehen und einen „Dialog mit Nichtregierungsorganisationen und den Behörden“ in Gang setzen, schlägt die Genfer Vertretung der Branche GTSA (Geneva Trading and Shipping Association) vor. Gesetzliche Regulierungen lehnt die GTSA grundsätzlich ab. Auch der Bundesrat zeigt sich sehr zurückhaltend. Der Wirtschaftsstandort Schweiz soll schliesslich nicht gefährdet werden!Wenn hier nicht reguliert wird, herrscht das Gesetz des Dschungels. Nicolas Sarkozy
Es ist jedoch höchst fragwürdig, ob die Sache allein durch den Dialog und durch freiwillige Massnahmen „in ein besseres Licht gerückt werden kann“ (Zitat GTSA). Wohin diese neoliberale Einstellung führt, zeigt uns die Finanzbranche seit Jahren mehr als eindrücklich. Nicolas Sarkozy bemerkte schon 2011 über die Spekulation mit Rohstoffen: „Wenn hier nicht reguliert wird, herrscht das Gesetz des Dschungels.“ Immerhin sollen sich auch die Schweizer Unternehmen künftig an die internationalen Mindeststandards der Branche halten. Bisher war dies offenbar nicht der Fall...
Weiterführende Infos:
EDA-Infoseite: Die Schweiz und der Rohstoffhandel
Grundlagenbericht Rohstoffe: Bericht der interdepartementalen Plattform Rohstoffe an den Bundesrat, 27.03.2013
Medienmitteilung Bund, 27.03.2013
Medienmitteilung EvB, 27.03.2013
Infoseite EvB zum Thema Rohstoffhandel
Srf-gVideobeitra zum Rohstoffbericht, 27.03.2013
Buchempfehlung:
Erklärung von Bern (HG.): Rohstoff. Das gefährlichste Geschäft der Schweiz. (2012)
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