Ausbeuterische Agrarpolitik und Dürren
Der Syrienkrieg wurde durch den Klimawandel mitverursacht. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie von Kelley und Kollegen, die sie in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) publiziert haben. Die Forscher gingen der Frage nach, welchen Einfluss die dreijährige Dürreperiode ab 2006/2007 auf den Beginn des Konfliktes hatte. Diese verschärfte die Wasserprobleme und erschwerte die Nahrungsmittelversorgung durch die syrische Landwirtschaft. Die Folgen dieser Dürre waren das Scheitern der Landwirtschaft und ein massives Viehsterben, was dazu führte, dass über 1,5 Millionen Menschen von ländlichen Gebieten in die Städte zogen. So wuchs die städtische Bevölkerung vom Jahr 2002 bis ins Jahr 2010 massiv: Von 9,8 auf 13,8 Millionen Menschen. Nicht nur die Migration innerhalb Syriens, auch Flüchtlinge aus dem Irak trugen zu diesem Anstieg bei. Das rasante Bevölkerungswachstum war geprägt von illegalen Siedlungen, schlechter Infrastruktur, Arbeitslosigkeit und Verbrechen. Das Assad-Regime hat die Probleme vernachlässigt und so seien sie zum Keim der Unruhen geworden.
Eine rein natürliche Ursache für die Dürren und den Rückgang der Bodenfeuchte in der Region könne ausgeschlossen werden, schreiben die Forscher. Sie sehen in der fehlgeleiteten Agrarpolitik des Assad-Regimes eine der Hauptursachen der Dürreperioden: Das Regime forderte eine erhöhte Produktion, Landumverteilungen, Bewässerungsprojekte und Subventionen für dieselgetriebene Maschinen. Diese Massnahmen hätten die Wassersicherheit Syriens gefährdet, indem die begrenzten Boden- und Wasserressourcen nicht nachhaltig bewirtschaftet wurden. Die Dürreperioden in Syrien und dem ganzen Fruchtbaren Halbmond hätten die erhöhten Temperaturen im östlichen Mittelmeerraum hervorgerufen und mit ihnen ein Rückgang der für die syrische Landwirtschaft entscheidenden Winterniederschläge. Diese Effekte seien auf die ansteigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre zurück zu führen.
Wasser bedeutet Frieden
Syrien ist nicht das einzige Land in der Region, das von den Folgen des Klimawandels betroffen ist. Der Bericht ‚Arab Human Development Report‘ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zeigt auf, dass in Zukunft alle Gebiete der arabischen Welt massiv unter den Folgen des Klimawandels leiden werden. Klimaextreme wie Dürren und Extremniederschläge würden sich häufen. Bereits da gewesene Probleme - Konflikte, Armut, ungleicher Zugang zu Ressourcen, unsichere Nahrungsmittelversorgung und häufiges Auftreten von Krankheiten - würden noch verschärft.
Die Mehrheit der arabischen Länder gehört zu den wasserärmsten Ländern der Welt und in einigen dieser Regionen übersteigt die Nachfrage nach Wasser das Angebot. Flüsse führen weniger Wasser, der Grundwasserspiegel sinkt oder verrinnt gar ganz. Beispielsweise in Marokko werden häufiger Dürren und Fluten beobachtet. Zukünftig weniger Niederschläge dürften auch Ägypten, Jordanien, Libanon und Palästina vor Probleme stellen.
„Umweltprobleme könnten die Feindseligkeiten in der Region noch verschlimmern.“
Umweltprogramm der UNO (UNEP)
Die Klimaszenarien für Wasser dürfen nicht isoliert betrachtet werden, schreibt der UNEP-Bericht, denn zahlreiche Faktoren würden zusammenspielen und die Situation verschlimmern: rasantes Bevölkerungswachstum, industrielle Entwicklung, Urbanisierung und damit einhergehend ein erhöhter Bedarf an Wasser für Bewässerung.
Der UNEP-Bericht fasst die Problematik zusammen: „Mehr Konkurrenz um Ressourcen, Migration und Konflikte sind einige der zu erwartenden Folgen des Klimawandels in der arabischen Region. Wasser- und Nahrungsknappheit lösen Konflikte und Bürgerkriege aus, welche einige der Hauptgründe sind für Massenmigration und Verdrängung von Menschen. Umweltprobleme […] könnten die Feindseligkeiten in der Region noch verschlimmern. In Ländern, die unter politischer Instabilität und Spannungen leiden, ist es wahrscheinlich, dass der Klimawandel als ‚Bedrohungsverstärker‘ agiert – indem er innerhalb und zwischen Nationen, die dieselben Wasservorräte, Gebiete und politischen Grenzen teilen, die Wasserknappheit und die Spannungen verschlimmert.“
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