Das englische Sprichwort „You’re so plastic“ heisst, lose übersetzt, so etwas wie „Du bist aus Plastik“ und trifft auf oberflächliche, künstliche und ‘falsche’ Menschen zu. Kunststoff oder eben Plastik besteht nämlich nach Angaben von Chemie.de aus synthetisch oder halbsynthetisch erzeugten Polymeren, welche zu Festkörpern verformt werden können. Anders ausgedrückt sind Kunststoffe reine Chemie.
Seit der Geburtsstunde des Kunststoffs 1913 ist der Vormarsch von Plastik kaum aufzuhalten. Denn Kunststoff ist leicht, formbar, stabil, praktisch, billig und in unserer heutigen Konsumgesellschaft omnipräsent.
Kunststoffproblematik
Problematisch sind Kunststoffe weil ihre Polymerstrukturen nicht auf natürliche Weise abgebaut werden können. Das Resultat sind riesige Müllberge, die oftmals im Meer landen und dort von diversen Tieren gegessen, aber nicht verdaut werden können. Zudem bergen diverse Zusatzstoffe, sogenannte Additive, gesundheitliche Risikofaktoren. Diese können an der Oberfläche des Materials austreten (Ausschwitzen). Allein in einem Becher Joghurt findet man bis zu 600 verschiedene Additive; von den gesundheitlich bedenklichen Weichmachern, über Farbpigmente bis hin zu anderen Chemikalien: Dies trotz den ‘strengen’ Auflagen für Lebensmittelverpackungen. Werner Boote greift in seinem Film Plastic Planet jegliche Plastik-Aspekte auf:
Biokunststoffe - Definition
Die Definition der Biokunststoffe ist nicht ganz einfach. Grundsätzlich gelten als Biokunststoff jene Kunststoffe, die ausschliesslich aus nachwachsenden Rohstoffen (Stärke, Öle usw.) erzeugt wurden. Dabei werden allerdings noch folgende Unterscheidungen gemacht:
- biobasierte Kunststoffe: nehmen Bezug auf die Rohstoffquelle.
- bioabbaubare Kunststoffe: nehmen Bezug auf die Funktionalität.
- biokompatible Kunststoffe: nehmen Bezug auf die Verträglichkeit der Kunststoffe mit menschlichen oder tierischen Körpern.
Biokunststoffe in der Verpackung
Der grosse Vorteil der meisten Biokunststoffe ist, dass sie unter geeigneten Bedingungen in einem Zeitraum von ca. 8-12 Wochen vollständig abgebaut werden. Bei der Herstellung können die Materialeigenschaften von Biokunststoffen aber auch so modifiziert werden, dass sie beständig sind. Rund 1,8 Mio. Tonnen Einweg-Kunststoffverpackungen (wie Folien, Beutel, Tragetaschen, Säcke oder Einwegbesteck) entstehen allein schon in Deutschland pro Jahr. Aufgrund der starken Wettbewerbsstrukturen auf dem Kunststoffmarkt können Biokunststoffe allerdings noch nicht mit dem branchenüblichen Preis-Leistungs-Verhältnis mithalten.
Hinzu kommt, dass - wie so oft in diesem Gewerbe - nicht „bio“ drin ist, wo „bio“ drauf steht. Viele auf dem Markt vorhandene, aus ‘Biokunststoff’ hergestellte, Taschen lassen sich nur schwer kompostieren und bringen daher kaum Vorteile gegenüber herkömmlichen Plastiktaschen. Zudem verbraucht die Herstellung von Bioplastik – von der Ernte über die Produktion bis zum Transport – viel Energie, weshalb die Ökobilanz für den gesamten Produktionsprozess meist nicht besser ausfällt als bei herkömmlichem Plastik. Der Anbau der betreffenden Kulturen ist in der Regel keinesfalls biologisch, sondern beruht auf Monokulturen. Das bedeutet, dass biobasierter Kunststoff zwar Erdöl spart, im Prinzip aber nicht umweltfreundlicher ist als herkömmlicher Plastik.
Biokunststoffe in der Architektur
Ende des 19.Jahrhunderts wurden aus dem Zellulose-basierten Celluloid diverse Objekte hergestellt. In den 50er Jahren gewann Plastik an Bedeutung, da es länger haltbar ist und sich besser formen lässt. Der neue Biokunststoff des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen ITKE der Universität Stuttgart ist daher eine Sensation. 2013 erstmals getestet, gelang es aus einem neuartigen Biokunststoff ein schwer entflammbares, leicht verformbares und witterungsbeständiges Fassadenelement herzustellen - und das aus 90 Prozent nachwachsenden Rohstoffen. Die genaue Zusammensetzung des neuartigen Materials darf auf Wunsch der Projektpartner nicht verraten werden. Daher können wir nicht beurteilen, ob dieser neue Kunststoff Zukunft hat, doch wir freuen uns auf neue Entwicklungen.
Weitere Informationen:
Alles Plastik - alles gut? (br.de)
Kunststoff (chemie.de)
Freie Form brennt schwer: Biokunststoff-Fassadenelemente (detail.de)
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