Erleichtert verkünden die Skigebiete kurz nach Neujahr Schneefälle und weisse Pisten, nachdem das Geschäft vor und während der Weihnachtszeit mancherorts gänzlich ausgefallen ist. Die Wetterprognosen unterstützen die Hoffnungen der Skiliftbetreiber und Gastronomen und versprechen eine Fortsetzung des zaghaft einsetzenden Bergwinters. Mit grossflächig kunstbeschneiten Pisten versuchten Bergbahnbetreiber bereits im Dezember Gäste in die braunen Täler zu locken. Dank massiven Investitionen, teils aus öffentlicher Hand, verfügen zahlreiche Skigebiete über entsprechende Ausrüstungen, um Schneesicherheit garantieren zu können.
Schneekanonen bedrängen Biodiversität
Galten noch Ende der 90er Jahre weitverbreitet Einschränkungen für den Gebrauch von Schneekanonen, werden heute ohne Bedenken und mit geringem Widerstand wertvolle Wasserreservoirs kristallisiert. Schwindende Skepsis und steigende Akzeptanz führen zu knapp 40 % Kunstschnee auf Schweizer Pisten, annähernd 70 % in Österreich und möglicherweise bald 100 % in Italien. Die dabei verursachten Nachteile sind vielfältiger Natur: Hoher Energie und Wasserverbrauch, negative Einflüsse auf Landschaft, Flora und Fauna und starke Abhängigkeit von Bundessubventionen.
Technischer Schnee setzt die alpine Flora und Fauna stark unter Druck. Vorzugsweise werden Pisten während der Sommermonate planiert, um eine bessere Schneehaftung vorwegzunehmen. Baumaschinen zerstören dabei den dünnschichtigen Boden und die karge Vegetation, die als Erosionsschutz dient. Zusätzlich provoziert länger liegen bleibender Kunstschnee verspätete Schneeschmelzen, die das Wachstum von Pflanzen mit ohnehin kurzer Vegetationszeit verzögern. Auf planierten Flächen findet sich jeweils eine sichtbar dezimierte Artenvielfalt.
„Beschneiung mit Kunstschnee bedeutet immer massive Eingriffe in die Landschaft. Pisten müssen planiert werden, Wasserrohre und Stromleitungen verlegt und Wasserspeicher angelegt werden. Die Schäden an der fragilen Flora und Fauna sind schwerwiegend und zum Teil irreparabel.“ –Pronatura
Trotzdem rüsten viele Gebiete mithilfe von Subventionen und Krediten ihre schneesichernden `Waffenbestände‘ auf.
Massive Investitionen in den Bergtourismus
Um ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten, versuchen Unternehmer ihre Angebote im Sommer wie im Winter immer vielfältiger und hochwertiger zu gestalten. Die Alpen als Erholungs-und Freizeitgebiete erfahren eine verstärkt intensivierte Nutzung das ganze Jahr über, da beispielsweise der Wintersport auch in niedrigeren Lagen um November oder April möglich sein soll. Exklusive Touren abseits der Lifte und Pisten sollen individuelle Naturerlebnisse garantieren – was sich als zusätzlicher Stressfaktor für die Wildtiere addiert, die in ihren Lebensräumen ohnehin schon stark bedrängt werden.
Immerhin bleibt das Investitionsvolumen im Vergleich zu Österreich verhältnismässig gering, wo sich beispielsweise das Tirol ganz und gar dem Fremdenverkehr verschrieben hat. Im Bundesland Tirol wird jeder dritte Euro direkt oder indirekt im Tourismus und in der Freizeitwirtschaft erwirtschaftet. Starke Vertretung im Wiener Nationalrat und ausgeprägte Vetternwirtschaft ermöglichen gigantische Bauprojekte – ohne Rücksicht auf Natur und Schutzgebiete (Piz Val Gronda/Ischgl).
Nachhaltigkeit stärken
Gross angelegte Tourismusprojekte wie das Andermatt Swiss Alps des ägyptischen Unternehmers Samih Sawiris im Urserental haben in der Schweiz noch immer exotischen Charakter. Skirummel und hochalpines Disneyerlebnis sind nur vereinzelt anzutreffen, hingegen werden Schutzgebiete wie das an Ischgl angrenzende Fimbatal laufend ausgebaut.
Zur aktuellen Entwicklung im Tourismus schreibt die CIPRA (Leben in den Alpen) in einer Erklärung:
„In der Diskussion um die Entwicklungen im Tourismusgeschäft dominieren noch immer die Positionen der grossen Seilbahnunternehmen, die im Wesentlichen auf den Skitourismus und die Aufrechthaltung des Status quo fixiert sind. Wer aber nur auf Schnee und Ski setzt, forciert eine kapitalintensive, hoch technisierte und zu Monostrukturen neigende Form des alpinen Tourismus, die weder klima- noch umweltverträglich ist.“
Obschon sich die hiesigen Skiorte im hart umkämpften Wintersportgeschäft abzuheben versuchen, bleibt der Naturschutz nicht gänzlich auf der Strecke. Sollen die wertvollen Naturräume der Alpen auch für vielseitige Freizeitnutzung erhalten bleiben, müssen Schutzräume eingerichtet werden. Technische Innovationen versprechen den Energieverbrauch bei der Präparierung von Pisten zu verringern, dennoch besteht das Problem mit dem immensen Wasserverbrauch weiter. Denn mit Infrastrukturellen Neuerungen allein ist es nicht getan.
Investitionen von Kantonen und Bund sollten besser in die Entwicklung eines naturnahen Tourismus fliessen, statt der Beschaffung von Schneekanonen. Als Besucher und Wintersportler können wir uns bei unseren Aufenthalten in den Alpen um Rücksicht bemühen. Bei der Wahl der Ferienangebote wie auch mit unserem Verhalten auf den Pisten.
• In der Schweiz wurde im Jahr 2014 eine Fläche von über 92 km2, rund 40% der Pisten,
künstlich beschneit. Dies entspricht einer Fläche von rund 12'600 Fussballfeldern oder
einer 2'730 km langen und 33 Meter breiten Kunstschneepiste.
• Für die Grundbeschneiung von einer Hektare Kunstschneepiste von 30 cm Höhe werden
mindestens 1'000 Kubikmeter Wasser verbraucht. Die Beschneiungsanlagen in der
Schweiz verbrauchen ca. 18 Millionen Kubikmeter Wasser. Dies entspricht dem Bedarf
von 140'000 Haushalten.
• Für die Herstellung eines Kubikmeters Kunstschnee werden, je nach Effizienz der Maschine,
1 bis 7 kWh Strom verbraucht. Der Gesamtstromverbrauch aller Schneekanonen in der
Schweiz beträgt ca. 60 Millionen kWh.
• Effizientes Kunstschneien erfordert ein Planieren der Pisten, bereits 3/4 der Kunstschneepisten
sind planiert.
• Momentan stehen über 15'000 Schneekanonen und Lanzen im Einsatz, Tendenz steigend.
Weitere Informationen:
die Zeit
Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF
srf
cipra
Kommentare (0) anzeigenausblenden