Die Herstellung von Schafwolle als Textilfaser ist schon seit knapp 7000 Jahren bekannt. Für lange Zeit schätzten die Menschen die Wolle nebst Pelzen als Bekleidungsmaterial, gerade für die kalten Monate. Pelz wie Wolle haben aber ab den Jahren des Wirtschaftswunders des vergangenen Jahrhunderts stark an Bedeutung eingebüsst, insbesondere mit dem Aufkommen synthetischer Textilfasern. Die Vorzüge der Schafwolle als Bekleidungsfaser sind vielseitig.24 nachgewiesene Aminosäuren verbinden sich bei Belastung zu kettenartigen Makromolekülen, deren Stabilität die vielbeschworene Reissfestigkeit begründen. Das Absorptionsvermögen von Feuchtigkeit ist bei Wolle erstaunlich hoch und belässt den Träger selbst bei 30 % des Eigengewichts an Feuchtigkeit trocken. Wolle neutralisiert Gerüche, kann umweltschonend gereinigt werden, verursacht keinerlei Allergien und verfügt über ein gutes Wärmeisolationsvermögen.
Das Dilemma mit der Masse
Alleine in der Schweiz werden ca. eine halbe Million Schafe gehalten, die hauptsächlich für den Verzehr gehalten werden. Die anfallende Wolle wird meist als Abfallprodukt entsorgt oder verbrannt, da sich die Kosten des Schärens auf ein Vielfaches des Verkaufspreises belaufen. Die Schäfer können ihre Wolle wegen der niedrigen Wollpreise nicht verkaufen. Das führte unlängst zur Züchtung „Wollfreier“ Schafe an Landwirtschaftlichen Zentren in Deutschland. Bereits heute existiert eine Handvoll Schäfer in der Schweiz, welche die sogenannten Nolana halten. Diese Kreuzung legt sich ein viel dünnere Decke zu und stösst sie im Frühjahr von alleine auch leicht wieder ab, wodurch hohe Kosten entfallen. Hingegen wird dabei auf einen wertvollen, nachwachsenden Rohstoff verzichtet, der vielseitige Nutzungsmöglichkeiten böte.
Neue Verwendungsmöglichkeiten und Perspektiven
Für den Outdoorsport entwickeln diverse Hersteller seit einigen Jahren Bekleidung, die sich nicht nur funktional, sondern auch designorientiert an die Verbraucher richtet. Wolle findet als Isolationsfaser wieder Eingang in die von erdölbasierten Fasern dominierte Tech-Textil Branche.
Auch bewerben zahlreiche Hersteller von Bettwaren und Matratzen die hohe Qualität ihrer Wollprodukte und weisen auf den höheren Schlafkomfort hin. Gerade im Bereich Gesundheit richten sich wieder vermehrt Blicke auf die Schafwolle als Naturfaser, da sie Säuglinge, ältere Menschen und Allergiker in ihrer Gesundheit unterstützt.
Als Baustoff kommt Schafwolle mehr und mehr zum Einsatz. Sei es als gepresstes Isolationsmaterial oder als natürlicher Brandschutz. Recycelte Wolle kann auch für die Herstellung textiler Akustikpaneele zur Schallisolation verwendet werden.
Schafwolle zählt somit zu den ökologisch sinnvollen Bausubstanzen, die in Zukunft wieder stärker berücksichtigt werden sollten.
Tierschutzproblematik
Unglücklicherweise gelangt der grösste Anteil der in der Schweiz verarbeiteten Wolle aus bekannten Produktionsländern wie Australien, Türkei und Iran zu uns. Die Lebensbedingungen für die Schafe sind in diesen Produktionsstätten schlicht als katastrophal zu bezeichnen. Doch sind auch die Tiere europäischer Halter erheblichem Stress ausgesetzt, da die meisten Rassen einst zur verstärkten Bildung von Wolle gezüchtet wurden. Durch die niedrigen Preise ist die Wolle nun `überflüssig` und die Schafe werden von Farmern entsprechend geschärt – nachlässig und im Akkord – wobei schmerzhafte Verletzungen entstehen.
Ein Grossteil der Schafe werden in der Schweiz in den Bergregionen gehalten, wobei sich die Schäfer, bedingt durch die topographischen Verhältnisse, meist kleinere Herden halten. In diesem Rahmen können Tierschutzverordnungen erheblich leichter umgesetzt werden. Die Subventionspolitik für die alpine Landwirtschaft müsste verstärkt für die Wollpreise sensibilisiert werden, damit der wertvolle Rohstoff zukünftig besser genutzt werden kann.
Weitere Informationen:
swiss wool
nolana
archiv wolle
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