Laut des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) wurden 2010 ca. 125 kg Kunststoffe pro Kopf verbraucht. Ein Drittel davon geht auf das Konto der Verpackungskunststoffe.
Rund ein Siebtel des Privathaushaltkehrichts besteht aus Kunststoffen. Das sind zum Beispiel Lebensmittelverpackungen, Becher, Tragtaschen, Blumentöpfe, Zeitschriften-Folien. Es sind wertvolle Rohstoffe, die im Müll landen, statt recycliert zu werden.
Gescheiterte Initiativen von Städten
Verschiedene Pilotprojekte für die Sammlung von solchen Kunststoffen in Schweizer Städten (Bern, Thun, Zug) wurden abgebrochen oder gar nicht erst gestartet. Die Gründe sind unterschiedlich:
In Bern wurden Kunststoffsammlungen für private Haushalte 2005 eingeführt. In unbedienten Quartierentsorgungsstellen konnten neben dem üblichen Angebot wie Glas, Karton, Papier etc. auch Kunststoffe gebracht werden. Die Kunststoffsammlung zog Auswärtige an, die mehr Verkehr und Lärm in den Quartieren verursachten. Die Kapazitäten wurden überschritten. Zudem waren die Kunststoffe vermischt und oft verschmutzt. Die Sortierung wurde unmöglich, vor allem auch aus finanziellen Gründen. Abnehmer fand das Gut zuletzt keine mehr. Die gesammelten Kunststoffe wanderten unsortiert in die Kehrrichtverbrennungsanlage (KVA). Durch diese Erfahrungen wurde das Projekt 2012 abgebrochen. In Zug startete die Kunststoffsammlung vor rund 15 Jahren. Aber auch hier zog man Ende 2015 einen Schlussstrich. Grund: Der Abnehmer kündigte die Zusammenarbeit mit der ZEBA (Zweckverband der Zuger Einwohnergemeinden für die Bewirtschaftung von Abfällen).
In Thun blieb es bei einem guten Vorsatz. Die AVAG (Abfallverwertung AG) stellte sich quer und forderte die Gemeinden des Einzugsgebiets auf, keine Vereinbarungen mit privaten Recyclingfirmen einzugehen. Wie bekannt wurde, plant die AVAG ein eigenes Projekt. Allerdings ist nur vorgesehen, diverse Hohlkörper aus Kunststoffen separat zu sammeln.
Die Haltung der öffentlichen Hand
Die Vermutung liegt nahe, dass die Kehrichtverbrennungsanlagen befürchten, gut brennbares Material zu verlieren. Dies wird aber von den Betreibern in Abrede gestellt. Sie argumentieren stattdessen, es sei ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll, Kunststoffe in der ganzen Schweiz herum zu karren, wenn überhaupt ein Abnehmer gefunden werde. Die KVA's seien in kürzeren Wegen zu erreichen und erzeugten zudem mit dem Material wertvollen Strom. Indirekte Unterstützung erhalten die Betreiber sowohl vom Bundesamt für Umwelt BAFU, Swiss Recycling als auch von der Organisation Kommunale Infrastruktur.
Grundtenor: Die Gemeinden sollen zuwarten oder ganz davon absehen. Hauptgründe sind der finanzielle Aufwand und fehlende Abnehmer. Das Bundesamt für Umwelt BAFU schreibt auf seiner Webseite:
„Es existieren in der Schweiz regionale Versuche von Sammlungen gemischter Kunststoffe aus Haushalten. Die Kosten für Sammlung, Transport und Sortierung sind aber sehr hoch, ausserdem sind zurzeit für diese Art von Kunststoffabfällen kaum Abnehmer zu finden. Aus diesem Grund empfiehlt das BAFU den Gemeinden, mit einer Sammlung von gemischten Kunststoffabfällen aus Haushalten noch zu warten."
Das BAFU lässt es aber nicht mit dieser Aussage bewenden. Das Amt ist mit verschiedenen Akteuren daran, abzuklären, wann und wie das Kunststoffrecycling möglich wäre. Denn der Bundesrat will eine ressourcenschonende Wirtschafts- und Konsumweise in der Schweiz. Mit der gescheiterten Abstimmung über das revidierte Umweltgesetz USG im Parlament steckt er nun in einem Dilemma. Darin wäre die Recyclierung von Kunststoffen enthalten gewesen.
Erfolgreiche private Initiativen
Dass es trotz der Bedenken und Widerständen der öffentlichen Hand funktionieren kann, beweist das Projekt „Supersack – ein Schritt in die richtige Richtung". Die Firma Elkuch Josef AG Eschen bietet seit 2013 eine Sammelmöglichkeit in der Ostschweiz und in Liechtenstein an. Der Supersack ist an verschiedenen Orten erhältlich und kann in der Schweiz in Buchs, Grabs und Sennwald abgegeben werden. 10 Säcke à 30 Liter kosten 21 Franken. Die Verwertung übernimmt die Elkuch Josef AG selber oder angeschlossene Partnerfirmen.
Am 8. März 2016 konnte die KMU gar die Marketing-Trophy 2016 entgegen nehmen. Prämiert wurde der gute Marketing-Mix mit Einführungstagen, Messeauftritten, Werbung und Medienarbeit. Gewürdigt wurde auch der gute Absatz des Supersacks und die erfolgreiche Sammlung.
Der Supersack ist nicht das einzige Projekt in der Schweiz, das eine Haushaltkunststoff-Sammlung anbietet. Ebenfalls in der Ostschweiz, im Rheintal, gibt es den „gelben Sack". Hier darf ebenfalls fast aller Kunststoff rein, vom Shampoofläschchen, der Tragetasche bis zur Schale der Biskuitpackung. Der Kunststoffsammelsack, lanciert im Kanton Uri, hat Sammelstellen im Aargau, Zürich, Solothurn, Graubünden und Schwyz. Der Sammelsack der InnoRecycling findet Verbreitung in der Region Bern, Aargau und an einzelnen Standorten im Kanton Luzern.
Das Interesse der Konsumenten dieser privaten Initiativen zeigt, dass die Kunststoffsammlung durchaus Zukunft hat.
Weitere Informationen:
Verein Kunststoffrecycling Schweiz
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