In den 1990er Jahren schaffte die Lung Meng Technology Co. in Taiwan den Durchbruch: Sie entwickelten ein papierähnliches Material aus Gestein, welches heutzutage als Steinpapier oder Rockpaper bekannt ist. Es ist keine neue Erfindung der Menschheit, auf Stein zu schreiben. Im Vergleich zu Schiefer- oder Marmortafeln besitzt dieses neue Material jedoch papierartige Eigenschaften und hat sich deshalb seinen Namen verdient.
Eigenschaften
Obwohl zur Herstellung Gesteine verwendet werden, ist das Steinpapier keineswegs starr. Es ist genauso beweglich wie gewöhnliches Papier. Vorteile sind seine Wasser- und Ölresistenz und seine Reissfestigkeit. Da es robuster ist als herkömmliches Papier wird das Steinpapier heutzutage mehrheitlich für Poster, Plakate, Flyer, Speisekarten und als Verpackungsmaterial verwendet.
Im Vergleich zu Papier auf pflanzlicher Basis ist das Steinpapier zellstoff- und faserfrei, weshalb es eine glattere Oberfläche aufweist. Dadurch absorbiert es weniger Tinte, ist allerdings genauso gut beschreib- und bemalbar. Jedoch sind dem Material beim Bedrucken Grenzen gesetzt. Da es sich bei Temperaturen ab 65°C verformen kann, wird von seiner Verwendung in Laserdruckern abgeraten. Das Steinpapier kann nur zusammen mit Tintenstrahldruckern verwendet werden.
Herstellung von Steinpapier
Steinpapier besteht zu 80% aus Kalkstein. Zur Herstellung werden Kalksteinreste und -abfälle aus bestehenden Kalksteinbrüchen verwendet, welche zu einem feinen Pulver zermahlen werden. Dieses Gesteinsmehl wird anschliessend mit nicht-toxischem Polyethylen-Harz (HDPE) gebunden und zu Papier aufbereitet. HDPE ist mit Abstand der am häufigsten verwendete Kunststoff und wird in erster Linie zur Herstellung von Verpackungen verwendet. Es kann sowohl aus alten Plastikflaschen als auch aus pflanzlichen Quellen wie Mais- oder Zuckerrohrabfällen gewonnen werden.
Weshalb Steinpapier aus Kalkstein und nicht aus anderen Gesteinen hergestellt wird, liegt an den Eigenschaften des Kalksteins. Es ist von heller, papierähnlicher Farbe und muss deshalb nicht zusätzlich zur Papierproduktion gebleicht werden. Kalkstein ist zudem feinkörnig und kann mit wenig Aufwand zu feinem Pulver zermahlen werden. Letztlich ist das Sedimentgestein sehr weit verbreitet und dank seines hohen Vorkommens weltweit verfügbar.
Ökobilanz
Diversen Herstellern zufolge benötigt die Produktion von Steinpapier weniger Energie als die Herstellung von pflanzlichem Papier. Gemäss der Print Media Group, welche das Produkt Rockpaper herstellt, werden zur Produktion von Steinpapier im Vergleich zu herkömmlichem Papier ca. 5.700 Kilowattstunden Energie pro Tonne Material eingespart. Dies entspricht gemäss der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz in etwa dem jährlichen Energieverbrauch eines Schweizerischen 4-Personen-Haushalts.
Im Vergleich zu herkömmlichem Papier werden bei der Herstellung von Steinpapier keine pflanzlichen Zellstoffe benötigt. Dies hat zur Folge, dass bei der Produktion von einer Tonne Steinpapier auf die Rodung von ca. 24 Bäumen verzichtet werden kann. Zudem werden bei der Produktion von Steinpapier kein Wasser, Säuren oder Bleichmittel verwendet.
Die Freisetzung von Treibhausgasen bei der Herstellung von Steinpapier variiert je nach Hersteller. Die schwedische Firma Ecolean produziert gemäss des US-Beratungsbüros Franklin Associates bei der Herstellung von Produkten aus Steinpapier bis zu viermal weniger Treibhausgase als bei herkömmlichem Papier.
Viele Produzenten von Steinpapier folgen dem „Cradle to Cradle“-Prinzip. Dieses beruht auf dem Ansatz, dass für die Herstellung eines Produktes nur Materialien benutzt werden, die schon vorhanden sind und später wieder für neue Produkte wiederverwendet werden.
Aus all diesen Gründen wird Steinpapier als umweltfreundlichere Ergänzung zu herkömmlichem Papier angesehen.
Entsorgung
Das neuartige Material kommt jedoch nicht ohne Schwachpunkte. So stellt besonders die Wiederverwertung des Steinpapiers noch ein Problem dar.
Da das Steinpapier nebst Gesteinmehl auch Kunststoff enthält, kann es nicht mit herkömmlichem Papier ins Altpapier gegeben werden. Obwohl der Kunststoff, welcher im Steinpapier enthalten ist, rezykliert werden kann, lehnen momentan noch viele Recycling-Anlagen dieses neue Material ab. Das liegt mehrheitlich daran, dass der Kunststoffanteil relativ gering ist und viele noch nicht wissen, wie das Steinpapier zur Wiederverwertung aufbereitet werden soll.
Gemäss dem Hersteller von Stone Paper löst sich das Steinpapier nach ca. einem Jahr unter permanenter UV-Einstrahlung in Staub auf, ohne dass das Kunstharz Umweltschäden verursacht. Es kann jedoch nicht in den Kompost gegeben werden, da es nicht biologisch abbaubar ist. Letztlich könne das Papier verbrannt werden, ohne dass giftige Gase freigesetzt werden. Da das Kunstharz aus Kohlen- und Wasserstoffatomen besteht, werden bei der Verbrennung Wasser und das Treibhausgas CO2 freigesetzt.
Zuletzt hängt die Produktion von Steinpapier mit einem hohen Kunststoffbedarf zusammen. Mit der heutigen Technologie würden jährlich etwa 80 Millionen Tonnen Kunststoff benötigt, um den weltweiten Bedarf an Papier von 400 Millionen Tonnen zu decken.
Steinpapier ist deshalb derzeit mehr Ergänzung als Ersatz zu herkömmlichem Papier, wie auch die Hersteller betonen.
Quellen und weitere Informationen:
Rockpaper: Umweltbilanz
Waimakariri: Stone-Paper not as recyclable as you might think
Stone-Paper: FAQ
Popularmechanics: Stone Paper environmental impact
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