Farmlachs kommt alle teuer zu stehen

Die Aquakultur gewinnt besonders wegen der Überfischung der Meere zunehmend an Bedeutung Die Aquakultur gewinnt besonders wegen der Überfischung der Meere zunehmend an Bedeutung

Die Fischzucht war ein Lichtblick am Horizont der überfischten Meere. Doch die Lachszucht verursacht enorme versteckte Kosten, die Experten nun erstmals beziffert haben.

Die Lachs-Aquakultur boomt. Sie ist derzeit der am schnellsten wachsende Sektor in der Lebensmittelbranche weltweit. Das hat sie unter anderem guten Marketingstrategien zu verdanken, die Lachs aus Aquakultur als gesundes und umweltschonendes Nahrungsmittel verkaufen. Doch das Image trügt. Eine neue Studie des Londoner Thinktanks Just Economics deckt nun eindeutig auf: Die Kosten, die durch die unnachhaltige Produktion von Farmlachs weltweit entstehen, summierten sich allein im Zeitraum zwischen 2013 und 2019 auf mehr als 47 Milliarden US-Dollar.


Teuer für die Betriebe

Die versteckten Kosten des Aquafarming setzen sich laut dem Bericht zu rund 60% aus Kosten zusammen, die zu Lasten der Produzenten gehen. Dazu zählen hohe Verluste bei den Tieren, vor allem durch den Befall mit Krankheiten und Parasiten. Obwohl einige Todesfälle unvermeidlich sind, haben sie in den letzten Jahren dramatisch zugenommen und übertreffen die Sterblichkeitsraten in anderen Formen der Nutztierzucht bei weitem. Laut des Berichts seien die Faktoren, die die hohe Sterblichkeit auslösen, eine direkte Konsequenz der schlechten Haltungspraktiken. Besonders problematisch ist die hohe Besatzdichte, die die Übertragung von Krankheiten und den Befall durch Parasiten begünstigt. Allein in den schottischen Fischfarmen sind die Todesraten durch Seelaus-Befall zwischen 2002 und 2019 von 3% auf 13,5% angestiegen. Die Läuse ernähren sich von der Haut ihrer Wirte und schädigen dabei ihre Schuppen und Flossen, was zu offenen Wunden und Infektionen führt. Laut Experten sterben 98% der mit Seeläusen befallenen Tiere. Die Kosten für die Bekämpfung der Parasiten und Krankheiten steigen laut der Studie von Just Economics stetig an.


Teuer für die Umwelt

Weitere 40% der Kosten gehen zu Lasten der Natur und der Allgemeinheit. Die Aquakultur wird oft als CO2-ärmere Alternative zur Viehzucht an Land dargestellt. Die Autoren der vorliegenden Studie argumentieren jedoch, dass bisherige Zahlen die wahren CO2-Emissionen unterschätzten: Auch in den Futtermitteln der Fischzucht ist oft Soja enthalten, welches aus nicht nachhaltiger Produktion aus Regenwäldern stammt. Dies und der Transport von Futtermitteln und des Lachses durch Flugzeuge verursachen die höchsten Anteile an den erhobenen Emissionen.
Ein weiteres Problem für die Umwelt ist die Verschmutzung der Gewässer durch Kot, Futtermittel und Medikamente. Zum Teil ist das Wasser so stark verschmutzt, dass die Tiere in den Fischfarmen künstlich mit Sauerstoff versorgt werden müssen. Die Krankheiten, Parasiten und Wasserverschmutzung haben ausserdem schwerwiegende Folgen für das Ökosystem und die angrenzenden wilden Fischpopulationen. 


Fische fangen, um Fische zu füttern?

Zuletzt noch leisten paradoxerweise auch die Fischfarmen ihren Anteil an der Überfischung der Meere. In ihren Futtermitteln stecken Fischmehl und -öl, welches wiederum aus wildgefangenen Fischen gewonnen wird. Rund ein Fünftel der weltweiten Fangmengen, so schätzen Experten, gehen heute in die Herstellung von Fischmehl und Fischöl. Rund 70% davon wiederum landen als Futter in Fischfarmen. Da der verfütterte Fisch oft in Gewässern vor den Küsten von Entwicklungsländern gefangen wird, fehlt er hier als Nahrungsmittel, als Einkommensquelle und natürlich auch in den Ökosystemen. Verschärft werden die dieserart entstehenden Konflikte durch eine steil ansteigende Nachfrage: Allein Schottland plant, seine Farmkapazitäten bis 2030 zu verdoppeln, Norwegen will seine Produktion bis 2050 sogar verfünffachen. Schon heute ist Farmlachs der am schnellsten wachsende Sektor der Nahrungsmittelwirtschaft und erbringt jährlich einen Gewinn von fast 20 Milliarden US-Dollar. Den Markt teilen sich aber nur eine kleine Anzahl an multinationalen Betrieben, die in nur vier Zuchtgebieten (Chile, Norwegen, Kanada und Schottland) tätig sind, weitgehend untereinander auf.


Bessere Tierhaltung und bewusster Konsum

Um die Kosten und die negativen Folgen des Aquafarmings zu verringern, sei es entscheidend, Futter aus Wildfisch durch nachhaltige Alternativen — bspw. aus Algen oder Insekten — zu ersetzen. Solche Futtermittel seien schon heute verfügbar und hätten sich bewährt, raten die Studienautorinnen von Just Economics. Zum anderen müsste die Haltung der Tiere verbessert werden, indem vor allem die Besatzdichte reduziert werde. Denn die schlechte Tierhaltung sei Folge einer „falschen Sparsamkeit“, die langfristig nur zu höheren Kosten führe.

Die Autoren sehen die Verbesserung der Zuchtbedingungen zwar vorrangig als Aufgabe der Industrie, weisen aber darauf hin, dass Konsumenten bereit sein sollten, mehr Geld für nachhaltig produzierten Lachs auszugeben und ihn seltener auf den Tisch zu bringen.

 

Quellen und weitere Informationen:
Just Economics (2021): Dead loss: the high cost of poor salmon farming practices

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