Klimaneutralität von Agrotreibstoffen in Frage gestellt

12 Aug 2011

Swiss und Lufthansa testen derzeit das CO2-freie Fliegen. Agrotreibstoffe sollen nicht nur das grüne Gewissen beruhigen, sondern auch Kosteneinsparungen bringen. Jedoch schiessen die Airlines damit meilenweit am Ziel vorbei.

Seit Mitte Juli pendelt zwischen Hamburg und Frankfurt viermal täglich ein Airbus mit 25 Prozent Biosprit im Tank. 800 Tonnen werden für den sechsmonatigen Test benötigt, dessen Resultate auch für die Swiss relevant sein werden. Denn das Thema Agrotreibstoffe hat für die Swiss grosse Bedeutung und werde in Zukunft immer wichtiger, erklärt Swiss-Geschäftsleitungsmitglied Holger Hätty. Dies hat insbesondere finanzielle Gründe, denn ab 2012 müssen alle in Europa landenden Luftverkehrsgesellschaften am CO2-Emissionshandel der EU teilnehmen. Dabei werden den Fluggesellschaften gewisse Emissionskontigente zugesprochen. Wer mehr CO2 ausstösst, muss Strafe zahlen. Dies könnte die Branche bis zu 1,5 Milliarden Euro kosten.

Während Agrotreibstoffe vor einigen Jahren von Politik und Wirtschaft als klimaneutrale und erneuerbare Energie gepriesen wurde, geraten sie nunmehr immer stärker in die Kritik. Zu wenig wurde berücksichtigt, dass es Land, Wasser und (fossile) Energie braucht, um die pflanzliche Basis der Agrotreibstoffe zu produzieren. Zudem werden für neue Anbauflächen tropische Wälder gerodet, Savannen oder Torfmoore zerstört – und somit Unmengen an CO2 freigesetzt. In verschiedenen Fällen bewegen sich die Deals von Agrarkonzernen zudem am Rande der Legalität, immer wieder kommt es zu gewaltsamen Verbreibungen. Das Hilfswerk Swissaid berichtet exemplarisch von Landvertreibungen im kolumbianischen Dorf Las Pavas. 120 Bauernfamilien wurden von ihrem Land weg gejagt, ihre Häuser und Felder wurden von Baggern zerstört, weil ein Agrarkonzern Palmölplantagen anlegen will.

Swiss und Lufthansa versprechen allerdings, dass die Produktion des Biokraftstoffes nicht in Konkurrenz zur Herstellung von Nahrungsmitteln steht, für die Gewinnung kein Regenwald gerodet wird oder Vertreibungen vorgenommen werden. Verschiedene Expertenberichte zeichnen jedoch ein deutlich anderes Bild. Fachspezialistin Tina Goethe von Swissaid bezeichnet das Lufthansaversprechen deshalb als Etikettenschwindel. Steigende Nahrungsmittelpreise seien durch den Anbau von Pflanzen für die Herstellung von Agrotreibstoffen nicht zu vermeiden. Eine von der Welternährungsorganisation FAO sowie der Weltbank kürzlich vorgelegte Studie, belegt diese Aussage.

Trotzdem halten die Airlines an der Verwendung von Biotreibstoffen fest und erklären diese weiterhin zum Klimaretter. Dass man die knapp 500 Kilometer lange Strecke zwischen Hamburg und Frankfurt am klimafreundlichsten mit dem Zug zurücklegt, geht dabei glatt vergessen.

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