Tödliche Gefahr
Mysteriöse Todesfälle von Feuersalamandern in einem holländischen Naturschutzgebiet gaben den Forschenden um An Martel von der Universität Ghent den Anlass, eine ausgedehnte Suche nach dem Verursacher dieser Todesfälle zu organisieren. Weltweit haben sie über 5000 Hautproben von wildlebenden Amphibien gesammelt, darunter auch über 1000 aus der Schweiz, und diese auf den Pilz analysiert. Experimente und Versuche deckten den Erreger und seine Wechselwirkungen mit den Amphibien auf. Die Resultate veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin Science. Der Pilz befällt die Haut der Tiere, löst Hautnekrosen aus, woran die Tiere schliesslich sterben. Im Gegensatz zum altbekannten Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) infiziert Batrachochytrium salamandrivorans (Bs) nur Schwanzlurche; unter diesen sind jedoch die meisten einheimischen Arten betroffen: Feuersalamander, Bergmolch, und Kammmolch; hingegen resistent ist der Fadenmolch.
„Wenn sich Batrachochytrium salamandrivorans ausbreitet und in die Schweiz kommt, dann dürften wir ein Problem kriegen.“
Benedikt Schmidt, Universität Zürich & KARCH
Eingeschleppt aus Asien
Asiatische Salamander lieferten Hinweise auf einen Bs-Befall; diese Tiere waren aber nicht krank, ganz im Gegensatz zu den europäischen Tieren. Die Forscher schliessen daraus, dass der Pilz aus Asien stamme und erst kürzlich nach Europa verschleppt worden sei. In ihrer Annahme unterstützt hat sie ein über 150 Jahre altes Museumsexemplar des asiatischen Schwertschwanzmolches.
Asiatische Salamander und Molche werden in grossen Mengen weltweit herumtransportiert, um in den Terrarien Europas und Amerikas gehalten zu werden. Die Kontrollen dieser Tiere seien mangelhaft, bemängeln die Forscher. Um herauszufinden, ob der Handel mit den asiatischen Amphibien zum gleichzeitigen Import des Bs geführt hat, analysierten die Forscher über 1700 Hautproben von Amphibien aus Tierläden in Europa und zusätzlich über 500 Hautproben von in Terrarien gehaltenen Exemplaren, davon waren einige von Bs befallen. Heikel ist insbesondere auch, dass der Pilz zwischen verschiedenen Arten übertragen werden kann, wenn sie miteinander in Kontakt kommen. Dies fanden die Forscher in einem Experiment heraus.
In der Schweiz noch unbekannt
Die neue Pilzkrankheit konnte bei Schweizer Amphibien noch nicht nachgewiesen werden, sagt Benedikt Schmidt, Mitautor der in Science publizierten Studie und Amphibienforscher an der Universität Zürich, gegenüber umweltnetz-schweiz. Der neue Pilz sei aber nicht die einzige Bedrohung für unsere einheimischen Amphibien. Neben dem altbekannten Bd und anderen Krankheitserregern sei der Lebensraumverlust weiterhin ein grosses Problem; aber: „Wenn sich Bs ausbreitet und in die Schweiz kommt, dann dürften wir ein Problem kriegen“, befürchtet er.
Tote Tiere melden
Im Moment gibt es keine wirksame Bekämpfung der Krankheit, wenn ein Tier einmal davon befallen ist. „Als Amphibienfreund kann man aber mit Desinfektion dafür sorgen, dass man nicht selber Krankheitserreger verschleppt“, rät Benedikt Schmidt. Für Terrarien eingesetzte Netze und anderes Material sollten nicht draussen in der Natur verwendet werden, weil die Gefahr besteht, gesunde Amphibienpopulationen mit Bs zu infizieren. Auch auf Handelsebene müsse etwas geschehen: Strenge Kontrollen bei der Einfuhr von Amphibien könne das Risiko verringern, dass sich der Pilz weiter ausbreite und weitere Krankheitserreger eingeschleppt werden.
Die Forscher sind auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen, um einen allfälligen Befall der Schweizer Amphibienpopulationen möglichst rasch erkennen zu können: Wer tote Amphibien findet, soll sich möglichst schnell bei der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) melden. Die gefundenen Tiere sollen mitgenommen und im Kühlschrank zwischengelagert werden.
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