Marienkäfer (Coccinellidae) sind bei Gärtnern sehr beliebt. Sie ernähren sich nämlich zum grössten Teil von sogenannten Pflanzenschädlingen. Sie machen vorwiegend Blattläusen den Garaus. Manche fressen aber auch Blattsauger, Raupen oder Spinnmilben. Im Notfall können sie sich kurzzeitig sogar von Pollen ernähren. Wie alle anderen Nützlinge sind auch Marienkäfer sehr anfällig auf Insektizide.
Während seines Lebens vertilgt ein Marienkäfer gut 1000 Blattläuse.“ Quelle: Agroscope Changins Wädenswil ACW
Marienkäfer überwintern als adulte, erwachsene Tiere an geschützten Orten (Steinmauern, Felsritzen und Holzstapel). Im Frühling verlassen die Käfer den Unterschlupf, und die Weibchen beginnen mit dem Eierlegen. Über einige Wochen sind es mehrere hundert gelbe ‘Tönnchen‘ die auf Pflanzen geklebt werden. Zunächst entstehen daraus Larven, die mit dem Aussehen des adulten Tieres höchstens die Farben gemein haben. Nach vier Larvenstadien bildet sich eine Puppe, die von vorne aussieht wie ein adulter Käfer und von hinten wie eine zusammengestauchte Larve. Je nach Standort und Art können pro Saison drei Generationen von Käfern entstehen.
Einheimisch vs. eingewandert
Viele fremde Arten zufällig eingeschleppt und so zur Bedrohung, wie beispielsweise der Buchsbaumzünsler und die Kirschessigfliege. Manche setzt man hingegen absichtlich aus. In der Vergangenheit war das meist kein Problem, aber geschätzte 1 % der eingeführten Arten können sich zu sogenannt ‘Invasiven‘ entwickeln. So nennt man Arten, die sich auf Kosten der lokalen Fauna und Flora in riesiger Zahl vermehren können. Meist haben sie kaum Feinde und sind zufälligerweise sehr gut an die Bedingungen angepasst. Ein solches Beispiel ist Harmonia axyridis, der Asiatische Marienkäfer. Er wurde eingeführt, um möglichst effizient Schädlinge in Gewächshäusern zu bekämpfen. Diese Aufgabe hat er mit Bravour erfüllt. Nur ist er dann in die Natur entwischt, hat sich etabliert und einen beispiellosen Ausbreitungsfeldzug angetreten.
2001 wurde er erstmals in Belgien in der freien Natur Europas entdeckt. In Tschechien war er nur drei Jahre nach seiner Einführung einer der häufigsten Marienkäfer. Seit 1964 werden in Grossbritannien Marienkäfer durch die Bevölkerung gezählt. Seit 2004 verbreitet sich Harmonia axyridis dort, ab 2005 wurde speziell darauf geachtet. Innert kurzer Zeit wurden mehr als 26‘000 Einträge zum Asiatischen Marienkäfer erfasst. Dank dieser riesigen Datenmengen wird man relativ verlässliche Aussagen zur Ausbreitung und den Gewohnheiten der Käfer sowie der möglichen Konsequenzen machen können.
Unterschiede
Der optische Hauptunterschied zwischen den in der Schweiz einheimischen Marienkäfern und dem Eindringling ist die Körpergrösse. Einheimische werden je nach Art zwischen 1 und 5.5 mm gross, der Ausländer misst bis zu 8 mm. Normalerweise besitzt der Eindringling einen hellen Halsschild mit einem schwarzen W (bzw. M) und 19 schwarze Flecken. Die schwarzen Flecken können jedoch unterschiedlich gross sein, so dass der Käfer aussieht wie schwarz mit farbigen Punkten, beziehungsweise als ob sein Halsschild schwarz mit hellen Flecken sei. Die Grundfarbe ist oft rot, kann aber alle Schattierungen von dunkelrot bis hellgelb aufweisen.
H. axyridis kommt über 50 km weit im Jahr.“ Quelle: Joop C. van Lenteren et al. 2008, BioControl
H. axyridis ist also grösser. Was verschafft ihm sonst noch einen Vorteil gegenüber den Einheimischen? Er frisst ausser Blattläusen noch andere weiche Insekten, Insekteneier und zum Teil sogar Pflanzen. Zudem verbreitet er sich sehr schnell. Man hat ausserdem herausgefunden, dass sie auch stark im Überwintern sind: Kälte macht ihnen kaum etwas aus.
Bis anhin kann man die Konsequenzen für die einheimische Fauna und Flora noch nicht abschätzen. Man kennt einige negative Beispiele. Wie oben schon angedeutet, frisst er zum Teil die Larven von anderen Nützlingen. Ob er unsere einheimische Vielfalt an Marienkäfern verdrängen wird, steht noch in den Sternen. Die Erfahrungen, die der Mensch bisher mit absichtlich und unabsichtlich eingeführten Tieren gemacht hat, sind jedoch kaum erfreulich. Man denke nur an die Ratten in Neuseeland, die Aga-Kröte, Füchse und Kaninchen in Australien, oder die Schnappschildkröten in deutschen Baggerseen. Leider gibt es noch nicht in allen Länder Gesetze über die Einführung von ‘Nützlingen‘ aus dem Ausland. Die Schweiz hat die potentiellen ökologischen, ökonomischen und gesundheitlichen Probleme nach dem Freisetzen von gebietsfremden Tieren erkannt und 2008 in der Freisetzungsverordnung gesetzlich geregelt. Die Schweiz hat sich schon vorher gegen eine Freisetzung von H. axyridis ins Freiland ausgesprochen, vor allem auch weil die USA schlechte Erfahrungen damit gemacht hatten. Da er auf der Liste der anerkannt invasiven Arten steht, darf er nun auch nicht mehr verkauft werden. Der Käfer hat es allerdings ohne Aufenthaltsbewilligung selbstständig über die Grenze geschafft und wird sein neues Territorium wohl nicht kampflos wieder aufgeben.
Weitere Informationen:
PDF Invasive gebietsfremde Arten, Pro Natura
PDF Invasive Pflanzen und Tiere, AUE Kanton Bern
Overwintering ability of European populations of Harmonia axyridis, Nick Berkvens et al., 2010, p.15
Position of Harmonia axyridis in aphidophagous guilds in the Czech Republic Olga M. C. C. Ameixa et al., 2010, p.7
Freisetzungsverordnung
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