Zurzeit leben in den gesamten Alpen zirka 42'000 'Steinböcke', in der Schweiz sind es um die 17'000. In der Fachsprache nennt man eigentlich nur die Männchen Steinböcke. Die Weibchen sind Steingeissen und ihre Jungen Steinkitze. Die Kolonie auf dem Pilatus umfasst ungefähr 100 Tiere. In geographischer Nähe befinden sich weitere drei Kolonien. Da das Steinwild aber kaum unter 1600 m. ü. M. absteigt, findet mit den anderen Kolonien kein Austausch statt. umweltnetz-schweiz hat bereits 2012 über eine Blutauffrischung mit Walliser Steinwild berichtet.
Wer nicht kommt zur rechten Zeit...“ Deutsches Sprichwort
Beim Steinwild kommt in der Paarungszeit der grösste Bock zum Zug. Bereits im Sommer wird bei relativ friedlichen Begegnungen der Platzbock bestimmt. Dieser deckt dann im Winter die meisten Geissen. Aber wehe, er ist nicht zur rechten Zeit am rechten Ort - dann übernimmt ein anderer. Laut Literatur dürfen die jungen Böcke bis maximal drei Jahre im Geissenrudel leben, dann müssen sie sich den anderen Böcken anschliessen. Weibchen sind nach 3-4 Jahren geschlechtsreif. Sie können jedes Jahr ein, selten zwei, Kitze werfen. Platzbock wird man erst mit ungefähr 10 Jahren, so lange dauert es, bis man zu den grössten gehört. Die Walliser Geissen haben sich mittlerweile also schon in den Genpool eingemischt, auf den ‘Walliser Platzbock‘ muss man aber noch ein bisschen warten.
Auf du und du
Das Steinwild am Pilatus ist äusserst zutraulich. Dies hängt mit der eigenwilligen Geologie des Gebietes zusammen; unzählige schroffe Felsen und viele kaum sichtbare Nischen bieten sich als Rückzugsorte an. Wichtig ist, dass man den Tieren diesen Freiraum lässt, also auf den Wanderwegen bleibt. Ein Steinbock, der sich verfolgt fühlt, löst schon gerne mal eine Steinlawine aus, um den Feind in die Flucht zu schlagen. Zudem ist das Steinwild dank seiner Hufe viel gewandter im ‘Freihandklettern‘ als der durchschnittliche Tagesausflügler, der sich damit in Lebensgefahr begeben könnte. Die Steinwild-Hufe haben einen ‘steinharten‘, zwei Millimeter dicken Rand, mit dem sie selbst in kleinsten Rissen Halt finden. Innen ist der Huf weich, und dank des ‘Saugnapf-Effekts‘ können sie beinahe senkrechte Wände runterlaufen – auch auf dem Spritzbeton der alten Militäranlagen.
Den Tieren Stress ersparen
Damit es dem Steinwild bei steigenden Touristenzahlen und Temperaturen nicht Angst und Bange wird, gibt es hier einige Regeln, die es zu beachten gilt.
1) Wildtiere sollte man nie füttern, ausser es ist ausdrücklich erlaubt. Das falsche Futter kann zu Verdauungsproblemen und somit zu Energieverlust führen. Steinwild braucht für den Winter grosse Energiereserven, da es im Winter kaum nahrhaftes Futter gibt. Dann knabbern sie nur am trockenen Gras, um ihre Verdauungsorgane in Schuss zu halten.
2) Bitte hetzen Sie die Tiere nie. Am besten geht man möglichst leise und bedacht an den Tieren vorbei. Oder noch besser; man bleibt einfach stehen und lässt das Tier entscheiden, wann es weiter will. Nicht schreien oder die Tiere absichtlich erschrecken.
3) Beim Sport Verbote akzeptieren und einhalten:
a. Es ist verboten, mit Gleitschirmen über die Kolonie zu fliegen. Wenn nämlich der Schatten des Schirms auf die Tiere fällt, vermuten sie einen Adler. Steinkitze gehören durchaus ins Beuteschema eines Adlers. Eine Geiss mit einem Jungen wird es also möglichst schnell in Sicherheit bringen wollen.
b. Im Winter sollte man Wildruhezonen unbedingt einhalten. Auch andere seltene Tiere wie die Auerhähne und –hühner sind in der Region Zentralschweiz beheimatet und überleben den Winter unter Umständen nicht, wenn sie mehrmals von Freeridern oder Schneeschuhläufern aufgescheucht werden.
c. Die Jagdgesetze müssen unbedingt eingehalten werden. Es darf niemand auf eigene Faust geschützte Tiere dezimieren. Falls Kontrollabschüsse stattfinden, weil ein Gebiet zu klein ist eine gesunde Kolonie zu erhalten, unternehmen die Wildhüter diese Abschüsse.
4) Grundsätzlich ist immer alles, was man mitgebracht hat, wieder nach Hause mitzunehmen. Dies gilt insbesondere für jede Art von Abfällen, die nicht biologisch abbaubar sind oder von nicht-einheimischen Pflanzen stammen.
5) Nur an offiziellen Feuerstellen Feuer entfachen. Tiere können ein begrenztes Feuer und einen Waldbrand kaum unterscheiden. Vor allem dann nicht, wenn es an einem für sie ungewohnten Ort ausbricht. Im Sommer ist unbedingt zu beachten, ob im entsprechenden Kanton ein Feuerverbot ausgerufen wurde.
Tipps zur erfolgreichen Beobachtung
Die beste Beobachtungszeit ist meist die Dämmerung. Viele Tiere sind dann am aktivsten. Beispielsweise Vögel singen gerne in der Dämmerung, da die Schichtung der Luft dann den Ton besonders weit trägt. Andere versprechen sich in dieser Übergangszeit Schutz vor ihren Fressfeinden. Manchen Tieren ist es tagsüber auch einfach zu heiss. Falls Sie bei der Suche nach dem erwünschten Tier nicht erfolgreich sind, geben Sie nicht gleich auf. Setzen Sie sich einen Moment hin und verhalten sich leise. Wenn das nicht hilft, setzen Sie vielleicht den Fokus mal anders. Konzentrieren Sie sich darauf, was auf dem Boden kreucht und fleucht. Es kann ganz spannend sein, anderen beim Arbeiten zuzuschauen... Oder spitzen Sie die Ohren und versuchen möglichst viele einzelne Geräusche zuzuordnen. Falls Sie die Chance erhöhen möchten, fündig zu werden, gehen Sie auf eine geführte Exkursion mit. Führer wissen meist viel Wissenswertes über die Tiere und die Region, aber auch die Gefahren im Gelände, und führen Sie sicher an die besten Beobachtungsplätze.
Weitere Informationen:
Exkursionen der Luzerner Stiftung für Umweltinformation
Exkursionen des Naturmuseums Luzern
Wildruhezonen
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