Ratgeber: Fledermäuse lassen sich leicht entdecken

Marianne Rutishauser mit einem Braunen Langohr Plecotus auritus Marianne Rutishauser mit einem Braunen Langohr Plecotus auritus

Am Wochenende fand die European BatNight 2015 statt. Fast in der ganzen Schweiz fanden Interessierte zu speziellen Events zu den Fledermäusen zusammen. Wir haben die Fledermausspezialistin Marianne Rutishauser gefragt, wieso ihr die fliegenden Säugetiere so wichtig sind und was es Neues zu berichten gibt.

Im Interview mit Marianne Rutishauser, Biologin und Fledermausspezialistin aus Bern

Seit wann und wieso hast du eine Faszination für Fledermäuse?

Für die Natur - mit allem was kreucht und fleucht und wuchert - interessierte ich mich schon immer. Fledermäuse habe ich hingegen erst als Jugendliche entdeckt. Eben dieses Unbekannte und die Orientierung mittels Ultraschall fasziniert bei Fledermäusen ganz besonders.

Wann, wo und wie findet man Fledermäuse?

Bei uns? Am einfachsten an einem lauen Sommerabend beim Eindunkeln irgendwo draussen, etwa an einem ruhigen Gewässer, an einer Strassenlampe, einem Waldrand oder im eigenen Garten. So lassen sich Fledermäuse leicht entdecken. Schwieriger wird es bei den Tagesquartieren, einige Arten finden sich in offenen Dachstöcken, andere übertagen heimlich im Zwischendach, in schmalen Spalten an der Hausfassade oder in Baumhöhlen. Oftmals findet man nur Kotspuren oder beobachtet die Fledermäuse per Zufall.

Ein Drittel aller Säugetierarten der Schweiz sind Fledermäuse. Es gibt 30 verschiedene Fledermausarten. Welche fasziniert dich besonders? Beziehungsweise, welche freut es dich besonders, sie zu finden?

Obwohl ich mit Langohrfledermäusen meine Diplomarbeit abgeschlossen habe, fasziniert mich ihr Ausdruck mit den riesigen, fast körperlangen Ohren nach wie vor. Spannend ist auch das Sozialverhalten der Bechsteinfledermäuse: So erkennen sich Bechsteinfledermäuse einer Gruppe individuell über den Geruch. Zudem wechseln sie alle paar Tage ihr Tagesquartier - also ihre Baumhöhle - und stimmen 'demokratisch' über die Wahl des neuen Quartiers ab.

Was ist das Hauptziel von Events wie der BatNight?

Eine breite Öffentlichkeit für Fledermäuse zu sensibilisieren.

Wie engagierst du dich für die Fledermäuse?

Ich bin im Vorstand des Fledermausvereins Bern aktiv, der sich für Fledermäuse im Kanton Bern einsetzt. Als Freischaffende setze ich auch immer wieder kleinere Projekte mit Fledermäusen um; etwa, um Arten in einem Gebiet neu nachzuweisen, ich initiierte den ersten öffentlichen Bat-Detektor im Kanton Bern mit und fördere mittels Fledermauskursen für die Öffentlichkeit oder angehende Forstingenieure das Wissen über Fledermäuse.

Wer kommt an deine Exkursionen mit?

Da treffe ich die verschiedensten Leute, von Kindern bis Senioren, alles dazwischen und oft mit den verschiedensten Hintergründen. Genau dies macht es interessant.

Welche Art Teilnehmer sollte es häufiger geben? Oder wer müsste eigentlich auch mal mitkommen?

Ich wünsche mir etwas mehr Personen, die Fledermäuse als heimliche Untermieterinnen in ihrem Haus wohnen haben und mehr über diese spannenden Tiere erfahren möchten. Oder Architekten und Dachdecker, die bei Hausumbauten die Möglichkeit haben, Öffnungen für Fledermäuse zu erhalten.

Ich habe in einem amerikanischen Buch über den White-Nose-Disease – eine tödliche, hochansteckende Pilzinfektion bei Fledermäusen  gelesen. Ist der für die Europäischen Fledermäuse auch ein Thema? Beziehungsweise, was macht den Schweizer Fledermäusen vor allem zu schaffen?

Der Pilz kommt in ganz Europa ebenfalls vor. Unsere Fledermäuse sind, aufgrund ihres Verhaltens oder ihrer Immunologie, aber zum Glück resistent. Die Ursachen der Resistenz sind nicht ganz klar. Möglich ist etwa, dass der Pilz in Europa entstand und die Fledermäuse daher Zeit hatten, sich daran anzupassen (Koevolution).

Wird genug für den Schutz der Fledermaus getan?

Es wird viel getan. In vielen Kantonen gibt es eine Ansprechperson für Fledermäuse, zahlreiche Freiwillige engagieren sich und Hausbesitzer tolerieren Fledermäuse. Das ist viel wert.

Fledermäuse haben aber hohe Ansprüche an ihren Lebensraum, der aus geschützten Quartieren samt einem sicheren, geeigneten Flugkorridor zu futterreichen Jagdgebieten besteht. Daher reagieren sie sensibel auf die starken Veränderungen durch den Menschen (z. B. Gebäudesanierungen, Pestizideinsätze, Ausräumung der Landschaft, Zerschneidung der Landschaft durch Strassen, Lichtverschmutzung). Gerade bei seltenen Arten kann leider – oftmals aus finanziellen Gründen oder aufgrund von fehlendem Wissen – der Schutz nicht konsequent umgesetzt werden.

Besten Dank für das aufschlussreiche Interview. Wir wünschen weiterhin viel Spass und Erfolg mit den nächtlichen Präzisionsjägern.

Weitere Informationen:
Schweizerischer Fledermausschutz
Rote Liste der Fledermäuse

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