Der Wolf galt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als ausgerottet. Zwei Bündner Jäger erlegten 1904 den letzten Schweizer Bär im Val S-charl. Der Luchs wurde 1909 am Simplonpass zuletzt gesichtet. Luchs, Wolf und Braunbär sind einheimische und heute geschützte Arten in der Schweiz. Wölfe und Bären sind selbständig in ihre einstigen Lebensräume zurückgekehrt. 2012 wird der erste Wolfs-nachwuchs in der Schweiz nachgewiesen. Bärengeburten gab es bislang in der Schweiz noch nicht. Alle Besuche ab 2005 waren Stippvisiten von Jungbären aus dem angrenzenden Ausland. 1971 begann man mit der Wiederansiedlung des Luchses am Pilatus. Der gesamtschweizerische Bestand wird heute auf 200 bis 300 Tiere geschätzt. Diese bilden jedoch noch keine langfristig überlebens-fähige Population.
Die Rückkehr der Grossraubtiere sorgt für Konflikte. Sie sind politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art. Schafbesitzer sehen sich mit Tierverlusten konfrontiert, Jäger beklagen Einbussen beim Jagdregal und Hundebesitzer befürchten unliebsame Begegnungen. Kulturlandschäden, umgewühlte Komposthaufen am Siedlungsrand und die Gefährdung von Kindern sind weitere Untaten, die den Rückkehrern zugeschrieben werden.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) erarbeitete deshalb Aktionspläne und Vollzugshilfen zum Wildtiermanagement. Konflikte werden angesprochen, nach machbaren Lösungen wird gesucht. Mit der Übernahme von Entschädigungskosten von Schäden an Nutztieren und der finanziellen Unterstützung von Massnahmen zum Herdenschutz beteiligt sich der Bund aktiv an der Ermöglichung eines Konsenses zwischen Befürwortern und Gegnern.
Bemerkenswerterweise sind Wiederansiedlungsprojekte der letzten Jahre gut akzeptiert in der Gesellschaft. Erinnert sei an die im Sommer 2015 ausgesetzten drei Bartgeierdamen auf der Melchsee Frutt. Ihnen wurde viel positive Aufmerksamkeit zuteil. Kaum jemand hat sich dagegen aufgelehnt. Dahinter stand ein geschicktes Werbemanagement. Auch der Luchs wurde ab 1971 in der Zentralschweiz wiederangesiedelt. Damals wurde die Öffentlichkeit kaum darüber informiert. Mit ein Grund, dass es dieses Tier heute noch schwer hat, in der Schweiz akzeptiert zu werden?
Grundsätzlich kann auch gefragt werden, ob Wiederansiedlungen Sinn machen. Wiederansiedlungs-projekte können langfristig nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Ursachen für das Aussterben behoben worden sind oder werden können. Die wichtigste Ursache ist der Mensch, der aus Unverstand, Angst und Geltungsbedürfnis Tiere bejagt hat.
Natur- und Umweltschutzkreise sind sich darüber einig: Der Schutz bestehender Populationen und die natürliche Wiederbesiedlung von Lebensräumen stehen im Vordergrund der Artenförderung. Die Wiederansiedlung von Arten sowie die Stärkung oder Umsiedlung von Populationen sind nur dann in Betracht zu ziehen, wenn andere Fördermassnahmen nicht zum Ziel führen. Das gewählte Gebiet für eine Wiederansiedlung muss zum ursprünglichen Verbreitungsgebiet der Art gehören. Zudem sollen die Lebensbedingungen optimal sein: das heißt genügend Nahrung, geeignete Schlafplätze, passende Möglichkeiten für die Aufzucht der Jungen usw. Derartige Feststellungen sind auch im Konzept Artenförderung Schweiz des Bundes niedergeschrieben und bieten Grundlagen für die Politik.
Das BAFU ist aufgrund ökologischer und rechtlicher Gegebenheiten davon überzeugt, dass ein Zusammenleben von Menschen und Grossraubtieren unter bestimmten Voraussetzungen auch
in der Schweiz möglich ist. Es gilt, die richtigen Massnahmen zu ergreifen.
Es gibt geeignete Lebensräume. Die Luchse beispielsweise haben in der Schweiz noch nicht flächendeckend alle geeigneten Lebensräume besiedelt, und die Bestände bilden noch keine langfristig überlebensfähige Population. Insbesondere in den südöstlichen Voralpen und Alpen sowie in den Südalpen sind grosse, noch nicht besiedelte Lebensräume vorhanden.
Sind wir bereit, uns auf diese scheuen Tiere einzulassen und uns anzupassen? Können wir akzeptieren, dass nicht einfach alles Land uns Menschen gehört, sondern auch sowohl Tieren als auch Pflanzen? Letztendlich werden wir belohnt mit einer vielfältigen, reichhaltigen Landschaft, die auch unserem Wohl dient.
Weitere Informationen:
Konzept Artenförderung Schweiz
Konzept Bär
Konzept Luchs
Konzept Wolf
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