Fische sind darauf angewiesen, dass sie sich frei in den Fliessgewässern bewegen können. Viele Arten wie der Aal oder die Bachforelle begeben sich auf lange Wanderungen, um zu ihren Paarungs- und Laichplätzen zu gelangen. Im Wasserkraftland Schweiz erweisen sich solche Wanderungen oft als sehr mühsam. Wehre und Wasserkraftwerke versperren den Weg. Allein entlang des Hochrheins zwischen Bodensee und Basel stellen 37 Wasserkraftwerke und zwei Wehre scheinbar unüberwindbare Hindernisse dar.
Damit wandernde Fische ihre Laichplätze trotzdem erreichen können, sind Fischaufstiegshilfen unerlässlich. Glücklicherweise sind fast alle grossen Wasserkraftwerke in der Schweiz damit ausgestattet – bei kleineren Kraftwerken ist dies nicht immer der Fall.
Wie funktionieren Fischaufstiegshilfen?
Fische, die während ihrer Wanderung flussaufwärts auf Hindernisse treffen, können mittels Lockströmungen in Richtung Aufstiegshilfe geleitet werden. Man unterschiedet dabei drei Typen von Aufstiegshilfen: Fischtreppen, Fischlifte und Umgehungsgewässer. Bei Fischtreppen handelt es sich um viele aneinandergereihte kleine Becken mit geringem Höhenunterschied, sodass auch schwimmschwache Fische diese überwinden können. In Fischliften werden die Fische in einer Art Reusse in regelmässigen Zeitabständen in die Höhe transportiert. Umgehungsgewässer sind die natürlichsten Aufstiegshilfen, benötigen aber viel Platz. Dazu wird um ein Hindernis - wie zum Beispiel ein Wehr - eine flache, langsam fliessende Flussschlaufe eingerichtet, die nicht nur als Wanderkorridor, sondern auch als Lebensraum dienen soll. Dieser Bereich bedeutet eine Renaturierung dieses Flussabschnittes.
Echte Herausforderungen bei der Konstruktion der Aufstiegshilfen stellt die erforderte Zugänglichkeit für alle Fische in allen Jahreszeiten dar. So haben kleine, schwimmschwache Fische völlig andere Ansprüche als grosse, starke Schwimmer.
Fische nutzen Aufstiegshilfen mit Erfolg
Dass Fischaufstiegshilfen ihren Zweck erfüllen, bestätigt beispielsweise die Umgehungsrinne beim Kraftwerk Rheinfelden. Im 900 Meter langen und 60 Meter breiten Umgehungsgewässer wurden jährlich rund 40‘000 Fische von 35 verschiedenen Arten gezählt, die erfolgreich die Aufstiegshilfe hoch gekommen sind.
Ausserdem konnte ein Forschungsteam der Eawag nachweisen, dass Aufstiegshilfen den genetischen Austausch zwischen Fischpopulationen fördern, was überlebenswichtig ist. Je höher die genetische Vielfalt der Population ist, desto besser können sich die Fische an eine sich verändernde Umwelt anpassen.
Trotz des verbesserten Genaustauschs erkannten die Wissenschaftler anhand der untersuchten Fischart Alet, dass die künstlichen Aufstiegshilfen die Barrieren nicht gänzlich beheben können. Schliesslich ist eine Fischaufstiegshilfe nicht einem frei fliessenden Flussabschnitt gleichzusetzen und erschwert die Fischwanderung dennoch. Dadurch wird der Zugang zu besseren Lebensräumen und Laichplätzen schwieriger und allenfalls kräfteraubender.
Nachholbedarf bei Abstiegshilfen und Sanierungen
Nach dem Laichen müssen die Fische irgendwie auch wieder flussabwärts kommen - und genau da lauern die grössten Gefahren. Fischaufstiegshilfen gibt es bei den meisten Hindernissen, aber Abstiegshilfen sind eher selten anzutreffen. Ohne Abstiegshilfen geraten die Fische in die tödlichen Turbinen der Kraftwerke. Grosse Fische werden dadurch zerfetzt, während kleinere Exemplare dem enormen Wasserdruck nicht standhalten können.
Auch hier wären Leitströmungen hilfreich, damit die Fische sicher an den Turbinen vorbeigeleitet werden. Um die Fischwanderungen langfristig aufrechtzuerhalten, sind Fischtreppen in beide Richtungen notwendig.
Die erfreulich hohe Anzahl an Fischaufstiegshilfen in der Schweiz hat aber auch ihre Schattenseite: Von den rund 2000 kraftwerksbedingten Wanderhindernissen sind bei knapp der Hälfte die Aufstiegs- oder Abstiegshilfen sanierungsbedürftig. Laut Gewässerschutzgesetz müssen diese bis 2030 in Stand gesetzt werden. Damit solche Arbeiten finanziert werden können, wird auf den Hochspannungsstrom seit 2012 ein Zuschlag von 0.1 Rappen/kWh erhoben.
Ideale Fischaufstiegshilfen für die Zukunft sollten möglichst grossräumig sein mit viel Lockwassermenge und müssen zudem genügend Strömungsschatten bieten. Am besten geeignet sind naturnahe Umgehungsgewässer wie zum Beispiel beim beschriebenen Kraftwerk Rheinfelden.
Weiterführende Informationen:
Übersicht über die verschiedenen Fischaufstiegshilfen
Fischtreppen fördern den genetischen Austausch
Infos zu Fischwanderungen (Aqua Viva)
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