Die Anfänge
Die Menschheit, so wie sie heute leibt und lebt, wäre auf einem anderen Wissensstand, würde sie nicht bereits seit Jahrtausenden Versuche an Tieren durchführen. Bereits im Jahr 500 v.Chr. gewann der italienische Arzt und Philosoph Alkmaion erste Erkenntnisse über die Verbindung von Sinnesorganen und Gehirn. Seine Vivisektionen zählen zu den frühesten Überlieferungen von Tierversuchen. Ein weiteres Beispiel liefert die Entdeckung des grossen Blutkreislaufes im Jahr 1628 durch den englischen Anatomen und Arzt William Harvey. Bis zur Aufklärung gewannen Tierversuche in Europa zunehmend an Bedeutung, Eingriffe wurden ohne Narkose durchgeführt und die Ethik dahinter kaum hinterfragt.
Ein Umdenken
Einer der ersten und einflussreichsten Zweifler war der französische Philosoph und Jurist Michel Montaigne. Im 16. Jh. kritisierte er die Selbstverständlichkeit, mit der sich der Mensch als das Zentrum der Naturordnung betrachtete. Damit zählt er zu einem wichtigen Vordenker der Tierrechtsbewegung, die Ende des 18 Jh. dank Jeremy Bentham einen massgeblichen Aufschwung erhielt. Bentham gilt als Begründer des Utilitarismus, einer zweckorientierten Ethik, die Handlungen dann als moralisch gerechtfertigt befindet, wenn sich der Gesamtnutzen maximiert. Ein Tierversuch ist demnach nur dann gerechtfertigt, wenn das gewonnene Wissen für die Menschheit das beim Versuch erfahrene Leid der Tiere an Nutzen überwiegt.
Das Hinterfragen eingefahrener Praktiken und deren Rechtmässigkeit zur Zeit der Aufklärung hat zweifelsohne dazu beigetragen, dass Tierversuche heutzutage bei einem Grossteil der Bevölkerung auf Abneigung stossen.
Das 3R-Prinzip und Altnativmethoden
Das sogenannte 3R-Prinzip, „Replace, reduce, refine “, gehört zum gegenwärtigen Credo in der Wissenschaft. Das einschneidendste R ist dabei wohl jenes aus „replace“: Jedem Tierversuch soll die Frage vorangehen, ob eine Erkenntnis nicht auch mit Alternativmethoden gewonnen werden kann. Ausserdem soll in die Entwicklung ebensolcher Methoden investiert werden. Im Folgenden werden einige solcher Techniken aufgeführt, die ohne Tiere auskommen.
1. Verwendung niederer Organismen: Auskunft darüber, ob eine Chemikalie genetische Veränderungen hervorruft, muss nicht an Tieren getestet, sondern kann auch an Bakterien erforscht werden („Ames-Test“).
2. Mathematische Modelle: Das Verhalten von Molekülen kann zunehmend am Computer simuliert und somit die Anzahl zu testender Wirkstoffe massgeblich verringert werden. Ähnlich verhält es sich mit Modellen für biochemische Prozesse, beispielsweise die Verteilung eines Wirkstoffes im Körper.
3. In-vitro Methoden: Dank Stammzellforschung können heute Zell- und Organkulturen im Labor künstlich gezüchtet und deren Reaktionen auf Wirkstoffe getestet werden.
Ist eine Alternativmethode nicht möglich, soll laut dem 3 R-Prinzip zumindest die Anzahl benötigter Tiere in einem Versuch reduziert („reduce“) und deren Haltungsbedingungen verbessert („refine“) werden.
Die Entwicklung von Alternativen ist kompliziert und steht noch in den Kinderschuhen. Aber abgesehen von einem neuen Forschungszweig, bringen uns Alternativen hin zu einem respektvolleren Umgang mit unseren Mitlebewesen. Rein dafür sollte sich die Mühe lohnen.
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