Teilrevision Jagdgesetz: Abschuss des Artenschutzes

Teilrevision Jagdgesetz: Abschuss des Artenschutzes

Mit der Teilrevision des Jagdgesetzes kommt nicht nur der Wolf unter Beschuss. Ins Visier geraten auch Luchs und Biber.

Die Umsetzung von drei politischen Vorstössen erfordert eine Teilrevision des Jagdgesetzes. Insbesondere die Erweiterung der Liste für die Regulierung von geschützten Arten führt zu kontroversen Diskussionen.  

Zwei der drei Auslöser eher unproblematisch

Zwei Vorstösse sind verhältnismässig einfach umzusetzen und haben für wenig Wirbel gesorgt. Zum einen geht es um die Umbenennung der eidgenössischen Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete. In diesen 42 vom Bund ausgeschiedenen Gebieten geht es schon längst nicht mehr darum, einen Schonraum für Tiere vor der Jagd zu bieten. Immer mehr werden diese Räume für Freizeitaktivitäten genutzt. Diesem Umstand will man Rechnung tragen und damit auch Vorschriften dafür festlegen. Zum anderen will man mit der Teilrevision die gegenseitige Anerkennung von kantonalen Jagdprüfungen ermöglichen und eine schweizweite Regelung schaffen.  

Umsetzung des dritten Auslösers führt zu heftigen Wortgefechten

Beim dritten Vorstoss geht es um die Umsetzung der Motion Engler (Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung).  Sie fordert mehr Spielraum im Umgang mit dem Wolf, weil durch die Zunahme der Wolfspopulation mit einer Akzentuierung von Konfliktsituationen mit der direkt betroffenen Bevölkerung zu rechnen sei. Für die Regulierung von Wolfsbeständen soll eine entsprechende Anpassung unter Berücksichtigung der Berner Konventionim Jagdgesetz vorgenommen werden. 
Bei der Umsetzung dieser Motion Engler hat der Bundesrat in seiner Botschaftweitreichendere Änderungen vorgeschlagen, die nicht nur den Wolf betreffen, und schiesst damit weit über das Ziel hinaus. Die Vernehmlassung zeigt, dass weitere Begehrlichkeiten geweckt wurden und dieses Geschäft zu einem Wunschkonzert von schiesswütigen Menschen verkommt.  So sollen noch weitere Arten in die Liste der regulierbaren, geschützten Arten aufgenommen werden, die abgeschossen werden dürfen: zum Beispiel Höckerschwan, Luchs, Biber, Wildgänse und Gänsesäger. Der Begriff der ”Regulierung“ mag harmlos klingen, es geht dabei aber um das Töten von Tieren.
Berechtigte Anliegen von Umwelt- und Tierschutzorganisationen verhallen hingegen teilweise ungehört. So etwa die Forderung der Schonzeit für alle Tiere, auch für diejenigen, die nicht einheimisch sind; wie der Sikahirsch, das Mufflon und der Damhirsch.

Die Hauptstreitpunkte

Entscheidungskompetenz über jegliche Abschüsse gibt der Bund an die Kantone ab. Durch die Delegation der Hoheit über die Regulierung gefährdeter Arten an die Kantone wird somit Bundesrecht verletzt. Denn der Artenschutz ist laut Bundesverfassung eine Aufgabe des Bundes. Dazu ist auch noch anzumerken, dass der OECD im Umweltprüfbericht 2017 die Schweiz für die nachlässige Umsetzung der Biodiversitätsbestrebungen rügte.
 
Für die Rechtfertigung eines Abschusses reicht bereits ein wahrscheinlicher Schaden ohne konkrete Vorkommnisse. Schadensvermindernde Massnahmen müssen vorgängig nicht ergriffen werden.
 
Viel zu reden gibt auch die Liste für die Regulierung von geschützter Arten. Bis anhin wurde diese Liste vom Bundesrat gemeinsam mit dem Parlament geführt. Neu soll der Bundesrat allein Tierarten auf die Liste setzen können. Das heisst, die Mitsprache des Parlaments wird nicht mehr benötigt. Zudem sollen nun weitere geschützte Arten bejagt werden können.  

Standpunkte der Umwelt- und Tierschutzorganisationen

Das bislang bestehende Gesetz ist aus Sicht dieser Organisationen ausgewogen und deckt die verschiedenen Interessen von Jagd, Schutz und fallweiser Regulierung von geschützten Arten ab. Schon heute ist also die Regulierung möglich. Eine Revision drängt sich nicht auf. Die Umweltschutzverbände behalten sich deshalb vor, das Referendum zu ergreifen. Dies haben sie unlängst an einer Pressekonferenz in Bern klar kommuniziert.  

Debatte im Ständerat anfangs Juni

In den letzten zwei Wochen wurde über die Teilrevision im Ständerat hitzig debattiert. 
Die wichtigsten Beschlüsse: Die Liste der geschützten Tiere wird nicht geändert, das heisst die Berner Konvention bleibt unangetastet. Wie zu erwarten war, gab der Wolf am meisten zu reden. Der Ständerat beschloss, dass neben dem Steinbock auch der Wolf im Jagdbanngebiet jagdbar ist. Sie dürfen gar getötet werden, wenn sie keine grossen Schäden verursacht haben. Zudem sollen Luchse und Biber ”im Rahmen der Reviergrösse“ abgeschossen werden dürfen.
Ein kleiner Lichtblick ist der Antrag von Ständerat Stefan Engler (CVP). Er schlug die Aufnahme eines Artikels zu Wildtierkorridoren vor. Dieser wurde mit grosser Mehrheit angenommen.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die Verhandlungen im Nationalrat verlaufen. Die Wahrscheinlichkeit eines Referendums der Umweltorganisationen jedenfalls ist hoch.

Quellen:
Berner Konvention
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
OECD Umweltprüfbericht Schweiz 2017

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