Marderhund - Durch den Pelzhandel von Ostasien bis nach Europa

14 Feb 2020
Das scheue Tier ist wegen seines dichten Fells begehrt. Das scheue Tier ist wegen seines dichten Fells begehrt.

Marderhunde werden in Finnland und China meist unter schrecklichen Bedingungen zur Pelzproduktion gehalten. Auch die Schweiz importiert Fell aus unethischer Haltung.

Marderhunde: Von Ostasien bis in die Schweiz

Der Marderhund – auch Enok oder japanisch Tanuki genannt –  stammt ursprünglich aus Ostsibirien, China und Japan. In japanischen Fabeln spielt er oft eine zentrale Rolle und wird als verspielter Meister der Gestaltänderung dargestellt. Auch der Anime „Pom Poko“ des bekannten japanischen Studio Ghibli spielt mit diesem Motiv. Über Russland, wo die Tiere zwischen 1920 und 1950 ihres Pelzes wegen gezüchtet und ausgewildert wurden, breiteten sie sich gegen Westen aus. Seit 1997 werden einzelne Marderhunde auch in der Schweiz nachgewiesen.
Der Marderhund gehört zur Familie der Canide. Obwohl er aufgrund seines Aussehens im Englischen fälschlicherweise als „raccoon dog“ (= Waschbärhund) bezeichnet wird, ist er verwandt mit Hunden, Füchsen und Wölfen. Der Marderhund ist ein scheues, dämmerungs- und nachtaktives Tier. Er kann nicht klettern und jagt nicht, sondern sucht sich sein Futter ähnlich wie der Dachs. Zu seiner Nahrung gehören Insekten, Früchte, Vögel, Eier, Schnecken, Kröten und kleine Säugetiere. Als Allesfresser kann er sich optimal an das lokale Nahrungsangebot anpassen.
Anzutreffen ist er in Wäldern mit dichtem Unterholz und an Uferböschungen, zieht sich aber auch gerne in verlassene Bauten von Füchsen und Dachsen zurück. Mit seinem gedrungenen Körper und kurzen Beinchen sieht das Tier nicht sonderlich flink aus, ist aber ein guter Schwimmer.
Als einziger Canide fällt der Marderhund in eine partielle Winterruhe zwischen Dezember und Februar, die bei warmem Wetter unterbrochen werden kann. Zwischen Februar und April ist Paarungszeit, danach werden die Welpen unter Beteiligung beider Eltern aufgezogen.
Trotz seines Namens klingen seine Rufe weniger wie ein Bellen eines Hundes, sondern eher wie Miauen oder Winseln.

Obwohl nicht viele Einzeltiere in der Schweiz vorkommen, darf er das ganze Jahr über gejagt werden. Dies liegt daran, dass der Marderhund keine einheimische Spezies ist und nicht dem Artenschutz unterliegt. Da derzeit erst vereinzelte Beobachtungen gemeldet wurden, ist noch nicht viel bekannt über seine Einflüsse auf die einheimische Flora und Fauna.

Marderhund als Pelztier

Aufgrund seines üppigen, dichten Fells wird der Marderhund in einigen Ländern gezüchtet und geschlachtet. Vorwiegend stammt der kommerziell erhältliche Marderhundpelz aus Finnland und China. Dort werden die Tiere laut einer Recherche der Humane Society of the United States (HSUS) unter horrenden Bedingungen gehalten. Mit 6 bis 8 Wochen werden die Jungen von der Mutter getrennt und entweder einzeln oder als Paar in winzige, eng beieinanderliegende Käfige gesperrt. Aufgrund der unnatürlichen Nähe zu den Artgenossen, fehlenden Rückzugsmöglichkeiten und mangelnder Hygiene leben die Tiere unter dauerndem Stress. Dies führt zu mentalen und körperlichen Erkrankungen. Mit nur 8 Monaten werden die Marderhunde schliesslich erschlagen und, wenn dies nicht erfolgreich ist, bei lebendigem Leibe gehäutet. Allein in China sterben so jährlich 10 Millionen Marderhunde für die Pelzproduktion. Am häufigsten wird das Fell des Marderhundes für Kapuzen, Krägen, aber auch ganze Mäntel verwendet. Bis zu 30 Tiere braucht es, um einen Mantel zu produzieren.
Im Pelzhandel wird das Fell des Marderhundes unter zahlreichen Namen gehandelt, da sein eigentlicher Name an das beliebte Haustier, den Hund, erinnert. So wird es üblicherweise als Seefuchs, Finnraccoon, Russischer Raccoon, Chinesischer Raccoon oder Tanuki deklariert. Das Marderhundfell wird von einigen Unternehmen fälschlicherweise auch als Hasen-, Koyoten- und am bedenklichsten als Kunstfell verkauft.

Deklarationspflicht missachtet

In 2006 deckte die HSUS 17 Einzelhändler auf, die Kleidungsstücke und Accessoires mit echtem Marderhundfell als „faux fur“ verkauften. Darunter sind grosse Namen wie Amazon, Kohl’s, La Garconne, Mia Belle Baby, Neiman Marcus, Nordstrom, Ross, Ruelala, Searle und Stein Mart. Zwischen 2013 und 2014 fand die Tierrechtsorganisation heraus, dass die amerikanischen Luxuskaufhausketten Saks Fifth Avenue und Lord &Taylor ebenfalls echtes Marderhundfell als Kunstfell verkauften. Darauf leitete die Organisation ein Zivilverfahren gegen die Unternehmen wegen falscher Werbung ein. Diese willigten daraufhin ein, den Verkauf von Produkten aus Marderhundfell einzustellen.

Pelzhandel in der Schweiz

Laut Animal Rights Switzerland werden jährlich 400 Tonnen Pelz in die Schweiz importiert. (Krägen, Kapuzen und Bommel sind dabei noch nicht mitgezählt.) Der Pelz- und Fellhandel unterliegt verschiedenen Vorschriften des Tier- und Artenschutzes. So müssen Pelzprodukte, die in der Schweiz verkauft werden, bezüglich Tierart, Herkunft, und Gewinnungsart deklariert werden. Diese Information muss gut sichtbar in mindestens einer Amtssprache am Produkt angebracht sein.
Gemäss der Verordnung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sind Produkte aus Marderhundfell nicht kontrollpflichtig. Die Informationen auf den Etiketten werden somit nicht auf deren Korrektheit geprüft. Einzelhändler und Modehäuser können so die Gewinnungsart des Pelzes verschleiern. In einer Medienmitteilung vom 7. Januar 2020 entlarvte der Zürcher Tierschutz Schweizer Modehäuser. Seine Ladenrecherche im November 2019 zeigte auf, dass 87% der Pelzartikel nur teilweise deklariert waren. Dabei wurde bei 31% aller Pelzartikel die Gewinnungsart nicht klar bezeichnet. Denn gesetzlich erlaubt ist die Deklaration „Kann aus Fallenjagd, Jagd ohne Fallen oder jeder Haltungsart, insbesondere auch aus der Käfighaltung, stammen“. Bei diesen Angaben muss von der schlimmsten Käfighaltung ausgegangen werden. Die Untersuchung zeigt des Weiteren, dass 49,7% der deklarierten Produkte von Marderhunden stammen. Dieser Anteil ist fast doppelt so hoch wie noch vor zwei Jahren (25%). Rund die Hälfte der Marderhund-Produkte stammt zudem aus China, wo die Käfighaltung üblich ist.
Für die Konsumenten und Konsumentinnen von Echt- und Kunstpelz ist somit Vorsicht geboten. Die Fuchs- oder Kunstfelljacke könnte sich plötzlich als Marderhundpelz entpuppen.

 

Quellen und weitere Informationen:
BLV: Pelz- und Fellhandel in der Schweiz
Zürcher Tierschutz: Medienmitteilung zu Pelz in Schweizer Modehäusern
Animal Rights Switzerland: Pelz Fakten
Humane Society of the United States: Truth of fur labels

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