Laut der Kantonspolizei Basel-Stadt sind Ende Juni 2020 vier Wanderfalken tot in ihrem Nest auf einem Hochkamin an der Solothurnerstrasse in Basel aufgefunden worden. Es handelt sich dabei um zwei Erwachsene und zwei Jungtiere. Eine toxikologische Untersuchung ergab, dass die Greifvögel gezielt mit einem Nervengift getötet wurden.
Vergiftung mittels „Kamikazetauben“
Die Kantonspolizei Basel-Stadt berichtet weiter, dass die Vergiftungsmethode bekannt ist: Es seien sogenannte Kamikazetauben eingesetzt worden. Hierbei werden Ködertauben mit einem Nervengift bestrichen und den Falken ausgesetzt. Die Greifvögel schlagen die Tauben als Nahrung für sich und ihren Nachwuchs. Beim Verzehr dieser Ködertauben gelangt die hochgiftige Substanz in den Körper, was tödliche Folgen für die Wanderfalken hat. Das Nervengift, mit welchem die Ködertauben versehen werden, ist auch für Menschen gefährlich. Deshalb sollten tote Greifvögel keinesfalls berührt werden.
Dieser Vergiftungsfall ist nicht der erste in der Schweiz. Bei den vergangenen Fällen handelte es sich bei den Tätern meist um Taubenzüchter, vermeldet die Vogelschutzorganisation BirdLife Schweiz. Für besonderes Aufsehen sorgte 2011 der Fall des Wanderfalken-Weibchens, das auf dem Nistplatz am Hochkamin der Kehrichtverbrennungsanlage Josefstrasse in Zürich qualvoll an einer Vergiftung sterben musste. Die Küken und das Männchen mussten hilflos zusehen, während die Webcam alles mitfilmte. Die Täter werden allerdings nur in den wenigsten Fällen überführt. Im Kanton Zürich wurde zuletzt im April 2019 ein Taubenzüchter zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten und einer Geldbusse verurteilt. Eine ähnliche Strafe erhielt ein Straftäter 2016.
Meldestellen für Tiere in Not
- Tierrettungsdienst bei verletzten Haustieren und kleineren Wildtieren: Tel. 044 211 22 22
- Grosstier Rettungsdienst bei verletzten Grosstieren: Tel. +41 79 700 70 70
- Polizei bei Unfällen und grösseren Wildtieren: Tel. 117
- Feuerwehr bei Unfällen und grösseren Tieren: Tel. 118
- Schweizerische Tiermeldezentrale bei vermissten (Tel. 0900 357 358) oder gefundenen (Tel. 0848 357 358) Tieren
- Schweizer Tierschutz STS bei Tierquälerei: Tel. 061 365 99 99
- Kantonales Veterinäramt bei Fragen zur Tiergesundheit und zum Tierschutz
- Vogelwarte Sempach bei Fragen zu Wildvögeln: Tel. 041 462 97 00
Wanderfalken in Not
Umweltverschmutzungen und -gifte brachten die Wanderfalken in den 1950er-Jahren europaweit an den Rand des Aussterbens. Dank dem Verbot einzelner Pestizide und dem gesetzlichen Schutz konnte sich ihr Bestand in den vergangenen Jahrzehnten wieder erholen. Zwischen 2013 und 2016 wurden laut der Vogelwarte Schweiz 260 bis 320 Paare gezählt. Die Tiere gelten dennoch weiterhin als potenziell gefährdet.
Selbst in städtische Gebiete konnten die Wanderfalken zurückkehren, wo ihnen Gebäude als Nistplätze dienen. Wiederholte Vergiftungen haben aber zur erneuten Verwaisung mehrerer Städte geführt, berichtet BirdLife.
„Wir verurteilen die neuerliche Vergiftung von Wanderfalken auf das Schärfste. Wanderfalken sind in der Schweiz selten: Es gibt nur noch etwa 260 bis 320 Brutpaare. Jeder Verlust eines Brutpaares wiegt schwer, da Wanderfalken relativ langlebige Vögel sind, die pro Jahr nur wenige Jungvögel hochziehen.“
Stefan Greif, Projektleiter bei BirdLife
Zeugen gesucht
Wie die Kantonspolizei festhält, verstösst das vorsätzliche Vergiften von Greifvögeln gegen das Tierschutz-, Jagd- und Umweltschutzgesetz. Es handelt sich dabei um Offizialdelikte, welche mit hohen Strafen geahndet werden.
Personen, die im Zeitraum von März bis Juni 2020 an der Solothurnerstrasse in Basel Beobachtungen gemacht oder weitere Angaben zum Vorfall haben, werden gebeten, sich bei der Polizei unter Tel. 061 267 71 11 oder über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu melden. Für sachdienliche Hinweise, die zu einer Festnahme von Tätern führen, stellt BirdLife Schweiz eine Belohnung in der Höhe von bis zu 10’000 Franken in Aussicht.
Quellen und weitere Informationen:
Polizei Schweiz: Medienmitteilung (22.12.2020)
BirdLife: Medienmitteilung (23.12.2020)
Vogelwarte: Wanderfalken
Kommentare (0) anzeigenausblenden