Zugvögel kennen keine Quarantäne

Während ihrer Wanderschaft zu ihren Nistplätzen legen Zugvögel Tag und Nacht weite Strecken zurück Während ihrer Wanderschaft zu ihren Nistplätzen legen Zugvögel Tag und Nacht weite Strecken zurück

In einer Zeit, wo Menschen zu Hause bleiben müssen, findet derzeit ein tierischer Flugverkehr statt: Die Zugvögel kehren aus ihren Überwinterungsgebieten zurück. Auf ihrer Reise begegnen ihnen aber zahlreiche Gefahren.

In Städten und auf dem Land, in Parks und Hinterhöfen, in Wäldern und Bergen, in Feuchtgebieten und an den Küsten — Vögel sind in vielerlei Lebensräumen anzutreffen. Sie verbinden all diese Lebensräume und erinnern uns an unsere eigene Verbindung zur Natur und Umwelt. Durch ihre saisonalen Wanderbewegungen erinnern uns die Zugvögel auch regelmässig an die Zyklen der Natur. So bewegen sich zwei Mal im Jahr Milliarden von Zugvögeln zwischen ihren Brutstätten und Überwinterungsgebieten. Darauf macht seit 2006 der Weltzugvogeltag aufmerksam, der jeweils am zweiten Samstag im Mai und im Oktober gefeiert wird — dieses Jahr am 8. Mai und 9. Oktober. Der Aktionstag wurde vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) ins Leben gerufen.


Die Natur ohne Menschen

Diesen und letzten Frühling wurden Personen weltweit mit einer Symphonie empfangen, sobald sie ihre Fenster öffneten. Drosseln flöteten, Rotschwänze zwitscherten und Spatzen tschilpten — und für viele erklang dieser Vogelgesang noch nie so laut und deutlich. Für zahlreiche Menschen, die aufgrund der Pandemie zu Hause bleiben mussten, war der Gesang der Vögel eine Quelle des Trostes und der Freude, die die Menschen miteinander und mit der Natur verbindet.

Auch für die Wissenschaftler war dies ein Phänomen von grossem Interesse. Waren die Vögel wirklich aktiver dank dieser anhaltenden menschlichen Ruhepause? Oder waren die ans Haus gebundenen Menschen einfach besonders aufmerksam?

Diesen Fragen und weiteren Auswirkungen der Pandemie auf Vögel und andere Wildtiere sind Wissenschaftler weltweit nachgegangen. So beispielsweise ein Forschungsteam aus Nordamerika, welches das Verhalten von Vögeln in den USA und Kanada untersucht. Ihre Beobachtungen ergaben, dass die Absenz der Menschen den Vögeln ermöglichte, neue Lebensräume zu erschliessen — u.a. an lahmgelegten Flughäfen.

Auch einige indische Forscher haben einen positiven Einfluss der Pandemie auf die Vogelwelt verzeichnet. So scheint die Ausgangssperre für Menschen dazu geführt zu haben, dass Zugvögel im vergangenen Jahr etwas länger in Schutzgebieten, in denen sie überwintern, verweilten. Zudem hat sich laut Zählungen in einzelnen Ländern die Anzahl an Vögeln deutlich erhöht. Weltweit brüteten die ansässigen Vögel ungestörter und häufiger als zuvor, während sich der Lärm und die Luftverschmutzung massiv verringerten.


Weshalb Zugvögel geschützt werden müssen

Da sie weite Strecken zurücklegen, spielen Zugvögel in vielen Regionen eine entscheidende Rolle: Sie stärken und bereichern natürliche Ökosysteme, indem sie Schädlinge vertilgen und als Transporteure von Samen und Nährstoffen Pflanzen über die ganze Welt verteilen. Tatsächlich werden die Samen von über 90 Prozent aller Baumarten von Vögeln verbreitet.

Trotz der Pandemie, welche den Wildtieren etwas Zeit zur Erholung gönnte, sind die grundlegenden Gefahren für die Zugvögel noch immer nicht behoben. Klimawandel, Lebensraumverlust, illegale Jagd und Plastikverschmutzung sind nur einige der vielfältigen Bedrohungen, denen die Vögel ausgesetzt sind. Da Zugvögel auf eine Reihe von Standorten entlang ihres Verbreitungsgebiets angewiesen sind, hat der Verlust von Überwinterungs- und Zwischenlandeplätzen dramatische Auswirkungen auf die Überlebenschancen der Vögel. Ihr charakteristisches und der Natur so wertvolles Verhalten ist es dann aber leider auch, das ihren zweckvollen Schutz verschiedentlich erschwert.

Die Zugvögel überqueren auf ihren Flugrouten zahlreiche Ländergrenzen. Daher ist eine internationale Zusammenarbeit zwischen Regierungen, NGOs und anderen Interessenvertretern erforderlich, um Wissen auszutauschen und die Schutzbemühungen zu koordinieren. Den rechtlichen Rahmen und die Koordinierungsinstrumente, die für eine solche Zusammenarbeit notwendig sind, bieten multilaterale Umweltabkommen wie die Bonner Konvention (Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals) und das Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (Agreement on the Conservation of African-Eurasian Migratory Waterbirds). Nachdem wir dem persönlichen Gewinn dieser Schutzbemühungen im vergangenen Jahr gerade Zeuge wurden, heisst es jetzt, sie weiter zu fördern und zu stärken: Für die Vögel, und für uns.


Quellen und weitere Informationen:
World Migratory Bird Day
Bar, H. (2020): COVID-19 lockdown: animal life, ecosystem and atmospheric environment
Forschungsprojekt C19-Wild

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