Gezüchtete Fischzellen anstatt Tierversuche

Das neue Verfahren nutzt Kiemenzellen-Kulturen der Regenbogenforelle Das neue Verfahren nutzt Kiemenzellen-Kulturen der Regenbogenforelle

Ein von der Eawag entwickelter Toxizitätstest mittels gezüchteter Fischzellen wurde von der OECD genehmigt. Damit können Behörden und Unternehmen weltweit die Umwelttoxizität von Chemikalien ohne Tierversuche bestimmen.

 

In der Schweiz dürfen noch immer Tierversuche durchgeführt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. So wurden 2019 insgesamt 572’069 Tiere für Versuche eingesetzt. Forscherinnen am Eawag, dem Wasserforschungsinstitut der ETH, haben nun eine Alternative entwickelt.


Tausende Tiere jährlich vergiftet

Nach Nagetieren wie Mäusen und Ratten folgen Fische an zweiter Stelle im Ranking der am häufigsten als Versuchstiere eingesetzten Tierarten. So mussten laut BLV allein im Jahr 2019 über 450’000 Mäuse und Ratten sowie rund 28’000 Fische zu Forschungszwecken sterben. Viele davon müssen für sogenannte Toxizitätstests hinhalten: Versuchstiere werden Chemikalien ausgesetzt, damit deren Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt geprüft werden kann, bevor sie auf den Markt kommen. Dabei werden jedes Jahr Tausende Fische vergiftet, da an ihnen die Wirkung auf aquatische Lebewesen getestet wird.


Tests an gezüchteten Fischzellen

Diesem Massentierleid soll mittels des neuen Testverfahrens ein Ende gesetzt werden. Bei dem sogenannten Fischzelllinientest handelt es sich um die weltweit erste Alternative zu Versuchen mit lebenden Fischen. Dieser Test, der an isolierten Kiemenzellen der Regenbogenforelle ausgeführt wird, wurde kürzlich von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als neueste Leitlinie im Bereich der Umwelttoxikologie freigegeben — zwei Jahre, nachdem dieser Test von der ISO zertifiziert wurde. Damit ist der Weg frei für tierversuchsfreie Zulassungsverfahren. Behörden und Unternehmen weltweit können jetzt den Fischzelllinientest bei der Produktentwicklung einsetzen.

 


 


Laut Prof. Kristin Schirmer, Abteilungsleiterin an der Eawag, wurden Kiemenzellen gewählt, da diese durch ihre grosse Oberfläche im Fisch als erstes mit einer Chemikalie in Kontakt kommen. Schädigt die Chemikalie die Kiemenzellen, bedeutet das für den Fisch, dass lebenswichtige Funktionen — die Sauerstoffzufuhr — nicht mehr funktionieren. «Indem wir also beobachten, wie die Kiemenzellen durch eine Chemikalie geschädigt werden, können wir vorhersagen, wie sich diese Chemikalie auf einen lebenden Fisch auswirken würde», erklärt die Forscherin, die den Test zusammen mit Melanie Fischer an der Abteilung Umwelttoxikologie der Eawag entwickelte.


Die vielen Chemikalien, denen wir ständig über Produkte im Alltag, in der Landwirtschaft oder der Industrie ausgesetzt sind, müssen stets auf ihre Umwelttauglichkeit geprüft werden. Dafür müssen aber allein in der Schweiz jährlich eine halbe Million Tiere leiden. Glücklicherweise macht die Wissenschaft beständige Fortschritte in dem Bemühen, diese Zahl zu reduzieren: Schon seit vielen Jahren können beispielsweise Zellkulturen im Labor angelegt werden oder Stoffwechselvorgänge mithilfe von Computersimulationen modelliert werden. Da solche Verfahren aber noch nicht alle Risikofaktoren im gewünschten Mass ausschliessen können, muss hier noch kräftig weiter geforscht werden, und auch ihre Umsetzung muss noch aufholen.


Quellen und weitere Informationen: 
BLV: Tierversuche
Eawag (24.06.2021): Medienmitteilung
Fischer et al. (2019): Repeatability and Reproducibility of the RTgill-W1 Cell Line Assay for Predicting Fish Acute Toxicity

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