Inzucht — die unbekannte Gefahr für Eisbären

Der Klimawandel zersplittert den Lebensraum von Eisbären Der Klimawandel zersplittert den Lebensraum von Eisbären

Wegen des Klimawandels werden die Lebensräume von Eisbären zunehmend fragmentiert. Daraus ergibt sich ein neues Paarungsverhalten, das den Eisbären zum Verhängnis werden könnte.

Klimawandel, Lebensraumverlust, Hungertod und Ertrinken — die Aussichten für das Überleben der Eisbären scheinen zunehmend prekär. In Vorausschau auf den diesjährigen Internationalen Eisbärentag am 27. Februar werfen wir einen Blick auf eine bisher unbekannte Auswirkung des Klimawandels auf die langfristige Gesundheit von Eisbären.


Genetische Vielfalt schrumpft

Eisbärenpopulationen haben über einen Zeitraum von 20 Jahren bis zu 10% ihrer genetischen Vielfalt eingebüsst. Dies belegt eine im September 2021 in der Fachzeitschrift Royal Society Journals veröffentlichte Studie. Der Grund: Inzucht infolge der Fragmentierung des Lebensraums. Forscher untersuchten unterschiedliche Eisbärenpopulationen, die in Svalbard, der norwegischen Inselgruppe an der Barentssee, beheimatet sind. Mit dem Schmelzen des Meereis — ausgelöst durch den menschengemachten Klimawandel — wurde der Lebensraum der Eisbären zersplittert, was zu einer raschen Zunahme der genetischen Isolation und Inzucht in den einzelnen Populationen führte, da der Kontakt mit Eisbären von ausserhalb abgeschnitten ist.


Die Gefahren der Geschwisterliebe

Für die Wissenschaftler ist diese Entwicklung ein grosser Grund zur Sorge. Denn Inzucht wirkt sich dramatisch auf die langfristige Gesundheit der Art aus und wird zu einem noch stärkeren Rückgang der Eisbär-Populationen führen, so das Fazit der Studie.

Wenn die genetische Vielfalt in einer Population zu gering wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eng verwandte Individuen paaren und Nachkommen zeugen. Das erhöht das Risiko, dass gewisse krankhafte Merkmale weitergegeben werden. So sind nicht selten Nachkommen, die ein Produkt von Inzucht sind, weniger vital und anfälliger für Krankheiten. Üblicherweise schützen sich Tiere mit angepassten Verhaltensweisen vor dieser Gefahr – die Eisbären etwa durch ihr Einzelgängertum und die Polygamie beider Geschlechter. Werden sie auf engerem Raum zusammengedrängt, sinkt die Auswahl an Geschlechtspartner und steigt gleichzeitig die Chance, dass eng Verwandte zusammenfinden.
Der Mangel an genetischer Vielfalt könnte auch längerfristig dazu führen, dass die abgeschotteten Eisbären-Populationen nicht mehr in der Lage sind, fruchtbare Nachkommen zu zeugen. Die negativen genetischen Veränderungen werden sich in Zukunft wahrscheinlich noch verschärfen, so die Wissenschaftler.


Eisbären bis 2100 ausgestorben 

Eine andere Studie, die 2020 in der Zeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde, ergab, dass Eisbären bis zum Jahr 2100 ausgestorben sein könnten, wenn das arktische Eis wie bisher weiter schmilzt. Die Raubtiere werden innerhalb weniger Jahrzehnte aussterben, wenn das Meereis verschwindet und die Bären ihren Lebensraum verlieren. 

 

Quellen und weitere Informationen:
Internationaler Eisbärentag
Maduna, S. N. et al. (2021): Sea ice reduction drives genetic differentiation among Barents Sea polar bears 
Molnar, P. K. et al. (2020): Fasting season length sets temporal limits for global polar bear persistence
How polar bears do it

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