Viele Schweizer Nutztiere verbringen kein schönes Dasein; das wird uns klar, wenn wir einen Blick in das Leben eines Masthuhns werfen, das unter den gesetzlichen Mindestanforderungen gehalten wird: Das kurze Leben des Kükens beginnt in einem Schlüpfschrank, weit weg von der Mutterhenne. Seine Brüder werden sogleich getötet, denn für sie gibt es keine Verwendung. Wenige Stunden nach dem Schlüpfen wird das Küken in den Mastbetrieb gebracht. Zu Beginn haben das frisch geschlüpfte Küken und seine tausenden jungen Mitbewohnerinnen noch genügend Platz im riesigen Stall, was sich jedoch sehr schnell ändert. Masthühner wachsen mit enormer Geschwindigkeit – nur 35 Tage nach dem Schlüpfen wiegt das Huhn das 33-fache seines Geburtsgewichts. Jetzt bleibt ihm kaum mehr Platz als ein A4-Blatt. Nun ist auch spätestens der Zeitpunkt gekommen, zu dem es in den Schlachthof gefahren wird…
Nicht nur Masthühner verbringen ein trauriges Leben. Mastschweinen ergeht es oft ähnlich: Bis zu zehn Mastschweine müssen sich die Fläche eines Autoparkfeldes teilen. Kälber und Rinder in Mastbetrieben werden häufig krank, was zu einem hohen Einsatz an Antibiotika führt. Milchkühe liefern heute nicht mehr 4‘000 Liter, sondern 8'000 Liter Milch pro Jahr. Das Resultat dieser Leistungssteigerung sind schmerzhaft pralle Euter.
Massentierhaltung fördert Antibiotika-Resistenz
Die Massentierhaltung beeinträchtigt nicht nur das Wohl der Tiere, sie kann auch die menschliche Gesundheit gefährden. Durch den Konsum von Fleisch und Milch, das von antibiotikabehandelten Tieren stammt, kann der Mensch eine Antibiotika-Resistenz entwickeln. Insbesondere die Verwendung von Reserve-Antibiotika ist in der Tierhaltung bedenklich, da diese beim Menschen als Back-up eingesetzt werden, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr nützen.
Dass die oben geschilderten Bedingungen nicht artgerecht sind, ist naheliegend. In den letzten Jahren haben sich die Haltungsbedingungen nicht etwa verbessert. Die Zahl der landwirtschaftlich gehaltenen Tiere ist seit der Jahrtausendwende auf Grund einer Intensivierung der Hühnerzucht um fast die Hälfte gestiegen. Gleichzeitig sind die Landwirtschaftsbetriebe von ca. 70‘000 auf weniger als 55‘000 gesunken.
Tierwohl hängt auch am Konsumenten
Soweit die weiterhin unerfreulichen Fakten. Gleichzeitig darf attestiert werden, dass unseren Schweizer Bäuerinnen und Bauern das Tierwohl nicht einfach egal ist. Die Zahl der Bio-Betriebe steigt, die Tierwohl-Debatte ist in den Bauernzeitschriften angekommen, und es mehren sich die Nutztierhalter, die in ihren Haltungsbedingungen auch gern mal über den Bio-Standard hinausgehen. Vor allem bei der Haltung von grösseren Tiere wie Rindern oder Schweinen lassen sich die Zahlen der in einzelnen Betrieben gehaltenen Tiere mit der internationalen Konkurrenz nicht vergleichen. Die Schweizer Tierschutzgesetze dürfen – wieder in derselben Relation zum internationalen Durchschnitt – als fortschrittlich gelten. Es hängt also weiterhin viel davon ab, was uns die darin verankerte „Würde der Tiere“ finanziell und moralisch wert ist! Da sind nicht allein die Tierhalter gefragt: In mindestens demselben Mass hängt das würdige Leben der Tiere von den Konsumentinnen und Konsumenten der aus der Tierhaltung gewonnenen Produkte ab.
Quellen und weitere Informationen:
Quarks: Was du über das kurze Leben eines Hähnchens wissen musst
Vier Pfoten: Masthühner
JA zur Initiative gegen Massentierhaltung
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