Alle Jahre wieder ernennt die Naturschutzorganisation Pro Natura ein Tier des Jahres. Dieses Jahr ist es ein kleines, unscheinbares – aber deshalb nicht weniger wichtiges.
Die schillernde Persönlichkeit der Ödlandschrecke
Die blauflügelige Ödlandschrecke gehört zur Ordnung der Orthoptera, der Heuschrecken. Die wärmeliebende Art bewohnt vor allem den Süden: das Wallis und das Tessin. Sie ist vereinzelt aber auch in anderen Teilen der Schweiz anzutreffen. Sie bewohnt Kiesbänke, unterbrochene Trockenwiesen oder verwaisten Gewerbe- und Bahnareale. Mit ihren beige-bis dunkelgrauen Farbstrukturen ist sie in diesem eher kargen Lebensraum sehr gut getarnt.
Sobald die Schrecke allerdings aufspringt oder fliegt, werden die Hinterflügel sichtbar und offenbaren ein kräftiges Blau, fast wie bei einem schillernden Vogel oder Schmetterling.
Jedoch überzeugt die blauflügelige Ödlandschrecke nicht nur mit überraschender Schönheit, sondern amtet auch als Botschafterin für die gegenwärtige Biodiversitätskrise. Sie stellt eine sogenannte Zeigerart dar – wo es die Schrecke noch gibt, ist die Lebensumgebung auch vorteilhaft für besonders viele andere Spezies.
Ausserdem steht die blauflügelige Ödlandschrecke sinnbildlich für den Rückgang vieler Insektenarten. Heute sind 60 Prozent der Insekten und 40 Prozent der Heuschrecken in der Schweiz bedroht. Dies ist hauptsächlich das Resultat des Einsatzes von Pestiziden, der intensiven Landwirtschaftspraktiken und der Zerstörung von Lebensräumen. Beispielsweise werden natürliche Lebensräume zerstückelt, was zur Folge hat, dass die Insekten nicht mehr problemlos zwischen ihren Siedlungsräumen wechseln können. Das führt unter anderem zur Verarmung des Genpools, was die Art in ihrer Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen schwächt.
Insekten – klein und unbedeutend?
Insekten übernehmen eine bedeutende Bestäuberrolle und dienen als Nützlinge, besonders im Biolandbau. Auch sind die Sechsbeiner unerlässlich, um organisches Material wie Kadaver und Totholz in wiederverwertbare Rohstoffe umzuwandeln. Gleichzeitig sind sie eine wichtige Futterquelle für eine Reihe von Vögeln, Fischen oder Fledermäusen. Fehlen also Insekten, kommt es zu Engpässen im gesamten Nahrungsnetz. Der Populationsschwund des letztjährigen Vogels des Jahres, der Feldlerche, lässt sich beispielsweise unter anderem darauf zurückführen.
Die Zukunft der Insekten
Während der Klimawandel die Entstehung von neuen Lebensräumen für Heuschrecken und andere Insektenarten begünstigen kann, sind dies meist nur kurzfristige Verbesserungen.
Es ist deshalb wichtig, dass der Schutz von Lebensräumen - und damit auch von Insekten wie der blauflügeligen Ödlandschrecke - gewährleistet ist, damit sie ihre wichtige Funktion im Ökosystem wahrnehmen können und dabei helfen, unsere Biodiversität zu erhalten.
Quellen und weitere Informationen:
NABU: Blauflügelige Ödlandschrecke
Pro Natura: Blauflügelige Ödlandschrecke
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