Die Zeit ist wieder reif. Die Winterruhe ist vorüber und die Frösche suchen in diesen Monaten geeignete Laichgewässer auf. Bereits sind viele Teiche belebt, überall quaken die Männchen, um eine bessere Hälfte zur Paarung anzulocken.
Wahre Lebenskünstler
Frösche, Kröten und Molche sind Teil einer faszinierenden Wirbeltiergruppe: Den Amphibien oder Lurchen. Ihr Name stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „doppel-lebig“; bezeichnend für ihre Lebensart. Während die Jungtiere der Amphibien im Wasser geboren werden und dort aufwachsen, verwandeln sie sich nach und nach in Lebewesen, die sich an Land und im Wasser gleichermassen wohlfühlen. Diese wundersame Metamorphose findet bei den meisten mitteleuropäischen Froscharten in der relativ kurzen Zeitspanne von 10 Wochen statt. Dabei entwickeln sich nicht nur die Extremitäten, sondern auch die Kiemen verwandeln sich nach und nach in funktionierende Lungen. Weltweit sind rund 7000 Amphibienarten bekannt; in der Schweiz gibt es deren 20.
Die grosse Anzahl von Abertausenden, sich in Weihern tummelnden Kaulquappen sind eine wichtige Überlebensstrategie der Frösche, denn nur wenige von ihnen schaffen es schliesslich bis ins Erwachsenenalter. Die anderen dienen als ausgezeichnete Proteinquelle für eine Reihe von Fressfeinden wie Fischen, Enten, Wasserwanzen und Insektenlarven, insbesondere der Libellen und Gelbrandkäfer. Allerdings sind beinahe alle Schweizer Amphibien bedroht – ungefährdet sind nur gerade Grasfrösche, Bergmolche und Alpensalamander.
Schwer fassbarer Lurch des Jahres
Der Kleine Wasserfrosch (Pelophylax lessonae) wurde zum diesjährigen Lurch des Jahres ernannt. Er ist weitverbreitet in Mitteleuropa, aber beispielsweise auch in Russland anzutreffen. In der Schweiz fühlt er sich ausser im Wallis und Bündnerland praktisch überall heimisch.
Besonders mag der Kleine Wasserfrosch kleinere und nährstoffarme Gewässer wie Waldmoorweiher und Tümpel mit hohem Besonnungsgrad. An möglichst üppiger Vegetation heftet er seine klumpigen Laichballen an. Obschon er ab April aktiv wird, ist Paarungszeit bis weit in den Sommer hinein. Das Weibchen laicht insgesamt 500 bis 3000 Eier in mehreren Ballen ab, die jeweils aus bis zu 300 Eiern bestehen. Zur Nahrungssuche wagt sich der Kleine Wasserfrosch relativ weit über Land. Ihm schmecken Insekten, Spinnen, Asseln und auch Schnecken, die er in Flussauen, Wäldern und feuchten Wiesen aufspürt.
Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) hofft, dass mit der Kürung des Kleinen Wasserfrosches auf die Defizite in seiner Erforschung aufmerksam gemacht werden kann. Dass man noch wenig über ihn weiss, hat seine Gründe. In der Schweiz gibt es zwei einheimische Arten, den Kleinen Wasserfrosch und den Teichfrosch, wobei letzterer keine eigenständige Art bildet, sondern aus einer Kreuzung mit dem eingeschleppten Seefrosch entstanden ist. Generell ist der Teichfrosch zwar etwas grösser als der Kleine Wasserfrosch (Männchen 55-75mm vs. 50-65mm). Allerdings sind sie oft gemeinsam vorzufinden, und die beiden Frösche ähneln sich auch in ihrer Grundfärbung, was die Unterscheidung selbst für Biologen schwierig macht.
Im Frühling sind sie eher bräunlich gefärbt, was sich durch eine gutgemeinte Laune der Natur gegen Sommer zu einer grünen, seltener blaugrünen Färbung verändert. So sind sie im Gras für Feinde weniger gut zu erkennen. Der Bauch ist weisslich und Kopf und Rücken der Männchen färben sich zur Paarungszeit zitronengelb. Dunkle Flecken zieren Rücken und Flanken und werden zu Bändern an den Schenkeln. Einzig an den kräftigen gelben Verfärbungen in der Leistengegend, die der Kleine Wasserfrosch aufweist, kann er farblich vom Teichfrosch unterschieden werden. Experten können sie ausserdem an der Form und Grösse des Fersenhöckers, einem Auswuchs am Ende des Mittelfussknochens, und den voneinander abweichenden Paarungsrufen unterscheiden. Ansonsten muss meist eine Laboranalyse zur genetischen Bestimmung der Arten herbeigezogen werden.
Allerhand Widrigkeiten…
Da es also schwierig ist, den Kleinen Wasserfrosch überhaupt zu identifizieren, fehlen weitgreifende Informationen über die tatsächliche Verbreitung und Gefährdung des Lurchs. Allerdings ist bekannt, dass die Zahl der Laichgewässer wie Weiher, Sümpfe und Moorgewässer abnimmt und dies folglich die Populationsbestände beeinflusst. Ausserdem macht den Amphibien, die auf ein feuchtes Klima angewiesen sind, die Klimaerwärmung zu schaffen. Gewässer trocknen aus, es gibt vermehrt verlängerte Trockenperioden und unstetes Wetter. Tritt beispielsweise ein Kälteeinbruch ein, nachdem Frösche ihren geschützten Winterruheposten verlassen haben, können sie im schlimmsten Fall erfrieren. Da der Kleine Wasserfrosch nährstoffarme Gewässer bevorzugt, ist anzunehmen, dass er zusätzlich vom erhöhten Nährstoffeintrag durch Düngemittel betroffen ist. In der Schweiz wird er deshalb als «potenziell gefährdet» eingestuft.
…und Möglichkeiten
Die Forschung wird in Zukunft noch genauere Populationszahlen und Informationen über die Lebensweise des Kleinen Wasserfrosches liefern können. Er könnte so zu einem wichtigen Indikator für Umweltveränderungen werden.
Generell würden Frösche von einer etwas weniger ausgeräumten Landschaft profitieren, als sie zurzeit vorherrscht, denn besonders während der Winterruhe verkriechen sie sich liebend gerne in Ritzen, liegengelassenen Stein-, Ast- und Laubhaufen.
Mögliche Schutzmassnahmen für den Kleinen Wasserfrosch sind der eingeschränkte Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, das Schaffen von Überflutungsflächen in Flussauen, das Durchführen von Entschlammungsmassnahmen, um Gewässer vor dem Verlanden zu bewahren, sowie die Vernetzung zentraler Lebensräume. Dies unterstützt nicht nur das Überleben des Kleinen Wasserfrosches, sondern auch anderer Amphibien und einer Reihe von weiteren Pflanzen- und Tierarten.
Quellen und weitere Informationen:
DGHT: Der Kleine Wasserfrosch
NABU: Der Kleine Wasserfrosch
SRF: Können wir unsere Frösche noch retten?
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