Die bereits damals wichtigsten Nutztiere waren, wie sie es auch heute noch sind, Schafe, Ziegen, Schweine und Rinder. Mit der zunehmenden Steigerung der Tiererträge wurden auch die Stimmen für gesetzliche Regelungen im Umgang mit Nutztieren lauter. So trat das erste deutsche Tierschutzgesetz 1933 in Kraft, in der Schweiz erst 1981. Obwohl der gesetzliche Rahmen in der Schweiz erst später geschaffen wurde, sind die Standards in Bezug auf Tierhaltung und Umgang mit Tieren, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, insbesondere Deutschland, von vornherein höher. Des Weiteren wird das Gesetz immer wieder durch Verordnungen mehr oder weniger aufgrund neuer Erkenntnisse oder des Druckes aus der Bevölkerung angepasst.
Grundsätzlich regelt sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz das Bundesgesetz die rechtlichen Standards in der konventionellen Landwirtschaft. Unter „konventionell“ versteht man gemeinhin das Einhalten der Mindeststandards. Doch was die Meinung zu entsprechenden Mindestanforderungen anbelangt, gehen die Ansichten und damit auch die Strenge der Gesetze auseinander.
So dürfen beispielsweise in Deutschland Kälber bereits ab der zweiten Lebenswoche einzeln in einer Box gehalten werden, in der Schweiz dagegen, müssen sie von der zweiten Woche bis zum vierten Monat in Gruppen gehalten werden, wobei bei unvermeidbarer Einzelhaltung Sichtkontakt zu Artgenossen verpflichtend ist. Ebenso sind in der Schweiz betäubungslose Eingriffe an Tieren zur Enthornung oder Kastration seit 2009 verboten. Die deutsche Gesetzgebung lässt diesbezüglich zu wünschen übrig. Trotz einer Novellierung des Tierschutzgesetzes im vergangenen Jahr, dürfen sowohl Ferkel, als auch Rinder, Schafe und Ziegen ohne Schmerzausschaltung weiterhin kastriert bzw. enthornt werden.
Im Bereich der Hühnerhaltung wurde in Deutschland die konventionelle Legebatteriehaltung 2009 gesetzlich verboten. An deren Stelle trat die sogenannte „Kleingruppenhaltung“. In dieser Haltungsform stehen einer Henne, statt vormals 550 cm2 jetzt 900 cm2 zur Verfügung. Das entspricht etwas mehr als einem DIN A4 Blatt. In der Schweiz sind bereits seit 1992, mit einer 10 jährigen Umstellungszeit, die Legebatterien verboten. Die Boden- und die Auslaufhaltung sind die gängigen Formen. Hierbei stehen, bei einem Tierbestand von bis zu 150 Tieren, jedem Huhn ca. 1600 cm2 zur Verfügung. Weiterhin dürfen aber grössere Bestände gehalten werden. Trotz dem etwas grösseren Platzangebot ist es in der Schweiz weiterhin erlaubt, die Schnabelspitze zu „touchieren“. Hierbei wird den Hühnern der Haken am Oberschnabel entfernt. Hintergrund dieser Massnahmen ist es, Federpicken und Kannibalismus zu verhindern. Beides sind Folgen von immer noch zu hohem Tierbesatz auf zu engem Raum. Der Schnabel ist ein hochsensibles Organ welches mit Nervensträngen und Blutgefässen durchwachsen ist. Dennoch erfolgt das Kürzen ohne Betäubung. Ebenso gibt es bereits seit den 1980er Jahren Beobachtungen und Untersuchungen, welche belegen, dass derartige Eingriffe am Schnabel dauerhaft starke negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden und Verhalten der Tiere haben. So ist in der Fachliteratur zum Teil sogar von chronischen Schmerzen die Rede, welche den Phantomschmerzen beim Menschen ähnlich sein dürften. Trotz dieser Kenntnisse und verschiedener Untersuchungen werden nicht die Ursachen für Kannibalismus oder Federpicken bekämpft, wie die Reduktion der Besatzdichte und Vergrösserung der Ausweichflächen, sondern es wird an optimierten Schnabelkürzungsmethoden gefeilt, wie man diesbezüglich einem Bericht des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) entnehmen kann. Laut Deutschem Gesetz ist das Schnabelkürzen nur mit Ausnahmegenehmigung durchführbar, wobei diese bei einem Notwendigkeitsnachweis problemlos erteilt wird. Auch das Entfernen bzw. Kürzen der Zehen und Sporen von Masthähnen ist sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz weiterhin betäubungslos erlaubt.
Durch die Ethoprogrammverordnung von 2008 wird in der Schweizer mittels Direktzahlungen versucht, konventionell wirtschaftenden Landwirten Anreize zu geben, an den Tierhaltungsprogrammen „Regelmässiger Auslauf von Nutztieren im Freien“ (RAUS) oder „Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme“ (BTS) teilzunehmen. Die Inhalte dieser Programme liegen über dem Niveau des Tierschutzgesetzes.
Die Nutztierbestände von Schweinen, Rindern und Geflügel haben in den vergangenen 30 Jahren in der Schweiz tendenziell abgenommen. Da der Bedarf aber die inländische Produktionsmenge übersteigt, wird aus dem Ausland Fleisch importiert, um die steigende Nachfrage stillen zu können. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Geflügelfleisch. Jährlich werden davon ca. 50‘000 Tonnen importiert; es stammt nahezu vollständig aus Massentierhaltungen. Bedauerlicherweise darf das Fleisch aus diesen Haltungsformen in die Schweiz eingeführt werden, ohne dass dessen Produktion den Anforderungen des Schweizer Tierschutzgesetzes entsprechen muss. Aus diesem Grund kann beim Einkaufen der Blick auf das Herkunftsland ebenfalls Rückschlüsse auf die Haltungsbedingungen zulassen. Trotzdem, dass in der Schweiz Intensivtierhaltungsfabriken in der Grössenordnung wie sie beispielsweise in Deutschland genehmigt sind (ca. 40‘000 Plätze für Geflügel und Schweine), verboten sind, gibt es auch hier noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Im geschichtlichen Rückblick hat sich der Umgang des Menschen mit Nutztieren in vielerlei Hinsicht geändert. Zum Teil derart, dass es notwendig wurde, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Auch wenn man als VerbraucherIn die Ansicht vertreten könnte, der Gesetzgeber müsse wissen, welche Anforderungen und Standards sinnvoll und vertretbar wären, so lohnt es sich, kritisch hinter die Kulissen zu blicken, denn die Verantwortung liegt nicht nur bei den Behörden.
Interessante Links:
Schnabelkürzen bei Legehennen-Eintagesküken in der Schweiz: Wie häufig sind Missbildungen?
Deutsches Tierschutzgesetz
Schweizer Tierschutzverordnung
Statistik Schweiz
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